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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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des menschlichen Körpers. Fett.
und erlaubt ihm nicht, das Sistem der Gefässe mit einer
dünnem Feuchtigkeit gehörig anzufüllen: indessen macht
er ein ungemein artiges Ansehen, wenn man damit die
Nase, das Gedärme oder den Magen aussprizzet, da
die hochrothe Farbe, die sich in das Zellgewebe ergossen,
durch die innerste dünne Membrane durchscheint. Es ist
aber was leichtes, die Körper der Knaben mit dieser
Feuchtigkeit so auszufüllen, daß sie vollfleischig werden,
und ein runzlicher, verwelkter Leichnam ein röthliches,
blühendes, rundliches Ansehen, wie ein lebendiger und
schlafender Mensch zu haben pflegt, wieder erhalte, oder,
wenn man nur den Versuch weiter fortsezzen will, den
Körper zu einer ungestalten Misgeburt auszudehnen.
Gebraucht man warm gemachtes und geschmolznes Fett,
so durch wandert es diesen Weg eben so geschwinde, daß
es also überhaupt zu den Aussprüzzungen nichts taugt,
indem dasselbe, nachdem es aus denen Gefässen heraus-
gegangen, und die Farbe zurükgelassen, sich völlig in
die fächrigen Zwischenräume der Muskeln ausbreitet.
Endlich schwizzet auch der warme Talg, wiewohl unter
einem etwas stärkern Antrieb, ebenfalls längst den
Schlagadern, als eine wahre Nachahmung von dem na-
türlichen Wege des Fettes, durch: dieses Fett breitet
sich mit ähnlichen Streifen nach der Länge neben den
Nezgefässen und den Gefässen anderer Theile im Thiere
überall aus. Diese beschriebene Durchschwizzung findet
allezeit bei unbeschädigten Gefässen statt, und wenn die-
selbe zerrissen sind, so kann man leicht erkennen, daß
sich die gesamte Einsprizzungsmaterie alsdenn neben der
berstenden Stelle zu einer unförmlichen klümpigen Masse
anhäufen, und in grosser Menge und blasserer Farbe
um den gefärbten Talg ansezzen müsse, da hingegen das
ausdünstende Fett Parallelstreife mit den Schlagadern
bildet, die überall ziemlich dik sind, und nicht so wohl
aus den äussersten Endigungen, als vielmehr aus einem

einfachen
E 2

des menſchlichen Koͤrpers. Fett.
und erlaubt ihm nicht, das Siſtem der Gefaͤſſe mit einer
duͤnnem Feuchtigkeit gehoͤrig anzufuͤllen: indeſſen macht
er ein ungemein artiges Anſehen, wenn man damit die
Naſe, das Gedaͤrme oder den Magen ausſprizzet, da
die hochrothe Farbe, die ſich in das Zellgewebe ergoſſen,
durch die innerſte duͤnne Membrane durchſcheint. Es iſt
aber was leichtes, die Koͤrper der Knaben mit dieſer
Feuchtigkeit ſo auszufuͤllen, daß ſie vollfleiſchig werden,
und ein runzlicher, verwelkter Leichnam ein roͤthliches,
bluͤhendes, rundliches Anſehen, wie ein lebendiger und
ſchlafender Menſch zu haben pflegt, wieder erhalte, oder,
wenn man nur den Verſuch weiter fortſezzen will, den
Koͤrper zu einer ungeſtalten Misgeburt auszudehnen.
Gebraucht man warm gemachtes und geſchmolznes Fett,
ſo durch wandert es dieſen Weg eben ſo geſchwinde, daß
es alſo uͤberhaupt zu den Ausſpruͤzzungen nichts taugt,
indem daſſelbe, nachdem es aus denen Gefaͤſſen heraus-
gegangen, und die Farbe zuruͤkgelaſſen, ſich voͤllig in
die faͤchrigen Zwiſchenraͤume der Muskeln ausbreitet.
Endlich ſchwizzet auch der warme Talg, wiewohl unter
einem etwas ſtaͤrkern Antrieb, ebenfalls laͤngſt den
Schlagadern, als eine wahre Nachahmung von dem na-
tuͤrlichen Wege des Fettes, durch: dieſes Fett breitet
ſich mit aͤhnlichen Streifen nach der Laͤnge neben den
Nezgefaͤſſen und den Gefaͤſſen anderer Theile im Thiere
uͤberall aus. Dieſe beſchriebene Durchſchwizzung findet
allezeit bei unbeſchaͤdigten Gefaͤſſen ſtatt, und wenn die-
ſelbe zerriſſen ſind, ſo kann man leicht erkennen, daß
ſich die geſamte Einſprizzungsmaterie alsdenn neben der
berſtenden Stelle zu einer unfoͤrmlichen kluͤmpigen Maſſe
anhaͤufen, und in groſſer Menge und blaſſerer Farbe
um den gefaͤrbten Talg anſezzen muͤſſe, da hingegen das
ausduͤnſtende Fett Parallelſtreife mit den Schlagadern
bildet, die uͤberall ziemlich dik ſind, und nicht ſo wohl
aus den aͤuſſerſten Endigungen, als vielmehr aus einem

einfachen
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[67/0123] des menſchlichen Koͤrpers. Fett. und erlaubt ihm nicht, das Siſtem der Gefaͤſſe mit einer duͤnnem Feuchtigkeit gehoͤrig anzufuͤllen: indeſſen macht er ein ungemein artiges Anſehen, wenn man damit die Naſe, das Gedaͤrme oder den Magen ausſprizzet, da die hochrothe Farbe, die ſich in das Zellgewebe ergoſſen, durch die innerſte duͤnne Membrane durchſcheint. Es iſt aber was leichtes, die Koͤrper der Knaben mit dieſer Feuchtigkeit ſo auszufuͤllen, daß ſie vollfleiſchig werden, und ein runzlicher, verwelkter Leichnam ein roͤthliches, bluͤhendes, rundliches Anſehen, wie ein lebendiger und ſchlafender Menſch zu haben pflegt, wieder erhalte, oder, wenn man nur den Verſuch weiter fortſezzen will, den Koͤrper zu einer ungeſtalten Misgeburt auszudehnen. Gebraucht man warm gemachtes und geſchmolznes Fett, ſo durch wandert es dieſen Weg eben ſo geſchwinde, daß es alſo uͤberhaupt zu den Ausſpruͤzzungen nichts taugt, indem daſſelbe, nachdem es aus denen Gefaͤſſen heraus- gegangen, und die Farbe zuruͤkgelaſſen, ſich voͤllig in die faͤchrigen Zwiſchenraͤume der Muskeln ausbreitet. Endlich ſchwizzet auch der warme Talg, wiewohl unter einem etwas ſtaͤrkern Antrieb, ebenfalls laͤngſt den Schlagadern, als eine wahre Nachahmung von dem na- tuͤrlichen Wege des Fettes, durch: dieſes Fett breitet ſich mit aͤhnlichen Streifen nach der Laͤnge neben den Nezgefaͤſſen und den Gefaͤſſen anderer Theile im Thiere uͤberall aus. Dieſe beſchriebene Durchſchwizzung findet allezeit bei unbeſchaͤdigten Gefaͤſſen ſtatt, und wenn die- ſelbe zerriſſen ſind, ſo kann man leicht erkennen, daß ſich die geſamte Einſprizzungsmaterie alsdenn neben der berſtenden Stelle zu einer unfoͤrmlichen kluͤmpigen Maſſe anhaͤufen, und in groſſer Menge und blaſſerer Farbe um den gefaͤrbten Talg anſezzen muͤſſe, da hingegen das ausduͤnſtende Fett Parallelſtreife mit den Schlagadern bildet, die uͤberall ziemlich dik ſind, und nicht ſo wohl aus den aͤuſſerſten Endigungen, als vielmehr aus einem einfachen E 2

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/123>, abgerufen am 28.04.2024.