sonderes Hospital zu errichten, und an selbiges alles mögliche zu verwenden. Wenn nun ein solches kleines Fürstentum, ein so verwüstetes Land, und so ruinirte Einwoner, Stiftungen von dieser Art, und zwar noch zu so einer Zeit und mit solchem Ei- fer unternemen: so ist kein Zweifel, daß das von Gott erleuchtete Rußland seine Vorsorge und Beeiferung für eine so nützliche und gottselige Stif- tung bei seinem so beglückten Wolstande nicht ver- doppeln sollte. Allein diese Beispiele mögen noch so wirksam seyn, bei einem jeden die Menschenliebe und das Mitleiden rege zu machen, und die Liebe des Nächsten und das Erbarmen zu erwecken: so wird doch das eigene Nachdenken einen jeden von dem Nutzen einer Stiftung am stärksten überfüh- ren können, welche nur zu dem Ende errichtet wird, um unglückliche Kinder, die unschuldiger Weise umkommen, zu erhalten, und sie mit so vie- ler Sorgfalt zu erziehen, damit sie künftig nützliche Glieder des gemeinen Wesens abgeben mögen.
Da man nun dergleichen zum allgemeinen Be- sten gereichende heilsame Absichten siehet, und da man weiß, daß solche eine Wirkung der unbegränz- ten Gnade Jhrer Kaiserl. Majestät sind: sollte man wol daran zweifeln können, daß nicht ohne Unterscheid, jedermann sowol vom geistlichen als weltlichen Stande, aus gutem Herzen und christli- cher Pflicht willig und bereit seyn sollte, diesen un-
schul-
I. Kinderhaus u. Accouchier-Hoſpital
ſonderes Hoſpital zu errichten, und an ſelbiges alles moͤgliche zu verwenden. Wenn nun ein ſolches kleines Fuͤrſtentum, ein ſo verwuͤſtetes Land, und ſo ruinirte Einwoner, Stiftungen von dieſer Art, und zwar noch zu ſo einer Zeit und mit ſolchem Ei- fer unternemen: ſo iſt kein Zweifel, daß das von Gott erleuchtete Rußland ſeine Vorſorge und Beeiferung fuͤr eine ſo nuͤtzliche und gottſelige Stif- tung bei ſeinem ſo begluͤckten Wolſtande nicht ver- doppeln ſollte. Allein dieſe Beiſpiele moͤgen noch ſo wirkſam ſeyn, bei einem jeden die Menſchenliebe und das Mitleiden rege zu machen, und die Liebe des Naͤchſten und das Erbarmen zu erwecken: ſo wird doch das eigene Nachdenken einen jeden von dem Nutzen einer Stiftung am ſtaͤrkſten uͤberfuͤh- ren koͤnnen, welche nur zu dem Ende errichtet wird, um ungluͤckliche Kinder, die unſchuldiger Weiſe umkommen, zu erhalten, und ſie mit ſo vie- ler Sorgfalt zu erziehen, damit ſie kuͤnftig nuͤtzliche Glieder des gemeinen Weſens abgeben moͤgen.
Da man nun dergleichen zum allgemeinen Be- ſten gereichende heilſame Abſichten ſiehet, und da man weiß, daß ſolche eine Wirkung der unbegraͤnz- ten Gnade Jhrer Kaiſerl. Majeſtaͤt ſind: ſollte man wol daran zweifeln koͤnnen, daß nicht ohne Unterſcheid, jedermann ſowol vom geiſtlichen als weltlichen Stande, aus gutem Herzen und chriſtli- cher Pflicht willig und bereit ſeyn ſollte, dieſen un-
ſchul-
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I. Kinderhaus u. Accouchier-Hoſpital
ſonderes Hoſpital zu errichten, und an ſelbiges alles
moͤgliche zu verwenden. Wenn nun ein ſolches
kleines Fuͤrſtentum, ein ſo verwuͤſtetes Land, und
ſo ruinirte Einwoner, Stiftungen von dieſer Art,
und zwar noch zu ſo einer Zeit und mit ſolchem Ei-
fer unternemen: ſo iſt kein Zweifel, daß das von
Gott erleuchtete Rußland ſeine Vorſorge und
Beeiferung fuͤr eine ſo nuͤtzliche und gottſelige Stif-
tung bei ſeinem ſo begluͤckten Wolſtande nicht ver-
doppeln ſollte. Allein dieſe Beiſpiele moͤgen noch
ſo wirkſam ſeyn, bei einem jeden die Menſchenliebe
und das Mitleiden rege zu machen, und die Liebe
des Naͤchſten und das Erbarmen zu erwecken: ſo
wird doch das eigene Nachdenken einen jeden von
dem Nutzen einer Stiftung am ſtaͤrkſten uͤberfuͤh-
ren koͤnnen, welche nur zu dem Ende errichtet
wird, um ungluͤckliche Kinder, die unſchuldiger
Weiſe umkommen, zu erhalten, und ſie mit ſo vie-
ler Sorgfalt zu erziehen, damit ſie kuͤnftig nuͤtzliche
Glieder des gemeinen Weſens abgeben moͤgen.
Da man nun dergleichen zum allgemeinen Be-
ſten gereichende heilſame Abſichten ſiehet, und da
man weiß, daß ſolche eine Wirkung der unbegraͤnz-
ten Gnade Jhrer Kaiſerl. Majeſtaͤt ſind: ſollte
man wol daran zweifeln koͤnnen, daß nicht ohne
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[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772/50>, abgerufen am 27.07.2024.
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