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Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898.

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ist es mit dem Schauspiel. Es gehört nun einmal dazu, daß einem das neuste Sudermannsche oder Wildenbruchsche Stück bekannt ist; und wenn auch durchaus nicht behauptet werden soll, daß man nicht manchmal seine Zeit und sein Geld besser anwenden kann, als zu dem Besuch der modernen dramatischen Erzeugnisse, so muß man es wenigstens als eine Vorbereitung zu den nächsten Gesellschafts- oder Ballunterhaltungen ansehen, wenn man ein Konzert anhört oder in ein Stück geht, dem man sonst gar kein Interesse abgewinnen kann.

Für gewöhnlich wird man aber doch wohl eine künstlerische Vorführung besuchen, weil man einen geistigen Genuß von derselben erwartet, weil man eine Abwechselung von der täglichen Beschäftigung, eine Ausspannung von des Tages Arbeit und Mühe ersehnt. Man soll daher einen Theaterabend als etwas Außergewöhnliches, ja, fast könnte man sagen, Feierliches ansehen und ihn nicht mit dem allabendlichen Gang ins Wirtshaus oder in den Klub auf gleiche Linie stellen. Man geht ins Theater oder ins Konzert nicht wie man von der Straße kommt, sondern deutet schon äußerlich durch seinen Anzug - auch wenn man auf einem Platz sitzt, auf welchem man weniger

ist es mit dem Schauspiel. Es gehört nun einmal dazu, daß einem das neuste Sudermannsche oder Wildenbruchsche Stück bekannt ist; und wenn auch durchaus nicht behauptet werden soll, daß man nicht manchmal seine Zeit und sein Geld besser anwenden kann, als zu dem Besuch der modernen dramatischen Erzeugnisse, so muß man es wenigstens als eine Vorbereitung zu den nächsten Gesellschafts- oder Ballunterhaltungen ansehen, wenn man ein Konzert anhört oder in ein Stück geht, dem man sonst gar kein Interesse abgewinnen kann.

Für gewöhnlich wird man aber doch wohl eine künstlerische Vorführung besuchen, weil man einen geistigen Genuß von derselben erwartet, weil man eine Abwechselung von der täglichen Beschäftigung, eine Ausspannung von des Tages Arbeit und Mühe ersehnt. Man soll daher einen Theaterabend als etwas Außergewöhnliches, ja, fast könnte man sagen, Feierliches ansehen und ihn nicht mit dem allabendlichen Gang ins Wirtshaus oder in den Klub auf gleiche Linie stellen. Man geht ins Theater oder ins Konzert nicht wie man von der Straße kommt, sondern deutet schon äußerlich durch seinen Anzug – auch wenn man auf einem Platz sitzt, auf welchem man weniger

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[181/0191] ist es mit dem Schauspiel. Es gehört nun einmal dazu, daß einem das neuste Sudermannsche oder Wildenbruchsche Stück bekannt ist; und wenn auch durchaus nicht behauptet werden soll, daß man nicht manchmal seine Zeit und sein Geld besser anwenden kann, als zu dem Besuch der modernen dramatischen Erzeugnisse, so muß man es wenigstens als eine Vorbereitung zu den nächsten Gesellschafts- oder Ballunterhaltungen ansehen, wenn man ein Konzert anhört oder in ein Stück geht, dem man sonst gar kein Interesse abgewinnen kann. Für gewöhnlich wird man aber doch wohl eine künstlerische Vorführung besuchen, weil man einen geistigen Genuß von derselben erwartet, weil man eine Abwechselung von der täglichen Beschäftigung, eine Ausspannung von des Tages Arbeit und Mühe ersehnt. Man soll daher einen Theaterabend als etwas Außergewöhnliches, ja, fast könnte man sagen, Feierliches ansehen und ihn nicht mit dem allabendlichen Gang ins Wirtshaus oder in den Klub auf gleiche Linie stellen. Man geht ins Theater oder ins Konzert nicht wie man von der Straße kommt, sondern deutet schon äußerlich durch seinen Anzug – auch wenn man auf einem Platz sitzt, auf welchem man weniger

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Zitationshilfe: Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hahn_verkehr_1898/191>, abgerufen am 24.11.2024.