Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 2. Hamburg, 1744.Wenn wir von den Scolien des Alcäus nach dem wenigen, was Was den Anacreon anbetrifft, so haben wir von ihm 70 Oden, Pindarus, von dem ich schon eine Scolie auf eine historische Be- Jch will mich im Winter auf die Annehmlichkeiten der Liebes- Hier sind noch einige Scolien, welche Athenäus gesammelt hat,55 O würd 53 Quintil. l. X. c. 1. 54 Athen. l. X. c. 7. 55 Idem l. XV. c. 15. D 2
Wenn wir von den Scolien des Alcaͤus nach dem wenigen, was Was den Anacreon anbetrifft, ſo haben wir von ihm 70 Oden, Pindarus, von dem ich ſchon eine Scolie auf eine hiſtoriſche Be- Jch will mich im Winter auf die Annehmlichkeiten der Liebes- Hier ſind noch einige Scolien, welche Athenaͤus geſammelt hat,55 O wuͤrd 53 Quintil. l. X. c. 1. 54 Athen. l. X. c. 7. 55 Idem l. XV. c. 15. D 2
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Wenn wir von den Scolien des Alcaͤus nach dem wenigen, was
wir eben davon geſehen haben, urtheilen wollen, ſo hatten ſie keinen
andern Jnhalt, als die Ergetzlichkeiten der Tafel. Hierauf hat ver-
mutlich Quintilian geſehen, 53 wenn er ſchrieb, daß dieſer Dichter ſich
zu Kleinigkeiten heruntergelaſſen haͤtte, da er doch geſchickter geweſen
waͤre, was Groſſes zu ſingen: In luſus & amores deſcendit, majo-
ribus tamen aptior. Man hat auch wuͤrklich von ihm noch viele an-
dere Stuͤcke, welche zeigen, daß er oft die edelſten und ernſthafteſten
Materien zu waͤhlen wußte.
Was den Anacreon anbetrifft, ſo haben wir von ihm 70 Oden,
welche man ihrer Kuͤrze und ihres Jnhalts wegen fuͤr diejenigen Scolien
anſehen muß, welche das Alterthum ihm zuſchreibet. Er beſinget dar-
inn bald die Liebe, bald den Gott des Weins, und oft beyde zugleich.
Wollen wir dieſe Stuͤcke von Seiten der Schreibart betrachten, ſo fin-
den wir in denſelben eine ſolche Suͤßigkeit, und etwas ſo feines und
zaͤrtliches, als wir vielleicht ſonſt nirgends finden. Alles iſt darinn
ſchoͤn und natuͤrlich; jeder Gedanke iſt eine Empfindung; jeder Aus-
druck koͤmmt aus dem Herzen, und gehet wieder zum Herzen. Man
findet da dieſe ungekuͤnſtelten Annehmlichkeiten, welche den Character
des Liedes ausmachen, und daſſelbe von allen andern Werken der Poeſie
unterſcheiden. Man ſiehet da diejenigen lachenden Bilder, welche alle-
mal gewiß gefallen, weil ſie mit Geſchmack und Urtheil aus der bloſſen
Natur genommen ſind. Hiezu war ohne Zweifel eine Melodie ausge-
ſuchet, die ſich zu den Worten ſchickte; und ſo mußte die joniſche Mund-
Art, die ſehr annehmlich war, und die joniſche Sing-Art, die alle an-
dern an Zaͤrtlichkeit uͤbertraf, dieſe Lieder vollkommen angenehm machen.
Will man ſie aber von Seiten der Sitten anſehen, ſo zeiget uns alles
eine ausſchweifende Wolluſt, eine Freiheit, ſo wol im Witz, als im
Herzen; und eine angenommene Ruhe und Sorgloſigkeit, welche alles
das, was wir Gluͤck, Ehre, Tugend und Wolſtand nennen, als lau-
ter eitele und nichtswuͤrdige Begriffe entfernet.
Pindarus, von dem ich ſchon eine Scolie auf eine hiſtoriſche Be-
gebenheit angefuͤhret habe, machte auch dergleichen auf die Ergetzlich-
keiten der Tafel. Denn da Athenaͤus 54 von den alten Scolien redet,
worinn oft etwas von dem Cottabus-Spiele vorkam, ſo leget er dieſe
dem Pindarus in den Mund.
Jch will mich im Winter auf die Annehmlichkeiten der Liebes-
Goͤtter der Venus betrinken, und dem Agathon den Cottabus
zubringen.
Hier ſind noch einige Scolien, welche Athenaͤus geſammelt hat, 55
ohne die Verfaſſer derſelben zu melden.
O wuͤrd
53 Quintil. l. X. c. 1.
54 Athen. l. X. c. 7.
55 Idem l. XV. c. 15.
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