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Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742.

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Ein Wuchrer, den der Geiz den Schätzen,
Den Flüchen und der Hölle weiht,
Geneusst auf Erden kein Ergetzen,
Als seines Mammons Sicherheit.
Er tobet, daß die Fenster klingen,
Wann seiner Haabsucht was entgeht:
Doch, in vergnügter Eintracht singen,
Jst ihm ein Scherz, der übel steht.
Der Thorheit unverjährte Rechte
Erstrecken sich aus iedes Haupt:
Es ist im menschlichen Geschlechte
Jhr Anhang grösser, als man glaubt.
Doch, wenn sie nicht Vergnügen brächte:
So wär ihr schon die Macht geraubt.
Jhr Heuchler, müsst es nicht vergönnen,
Daß man euch unempfindlich heisst.
Erlaubet uns, euch recht zu kennen,
So kennt man euren Liebesgeist.
Jhr krümmet seufzend eure Köpse:
Doch euer Welthaß ist verstellt.
Jhr seyd empfindliche Geschöpfe:
Jhr seyd nur Thoren vor der Welt.
Der Thorheit unverjährte Rechte
Erstrecken sich auf iedes Haupt:
Es ist im menschlichen Geschlechte
Jhr Anhang grösser, als man glaubt.
Doch, wenn sie nicht Vergnügen brächte:
So wär ihr schon die Macht geraubt.
Ein Wuchrer, den der Geiz den Schaͤtzen,
Den Fluͤchen und der Hoͤlle weiht,
Geneuſſt auf Erden kein Ergetzen,
Als ſeines Mammons Sicherheit.
Er tobet, daß die Fenſter klingen,
Wann ſeiner Haabſucht was entgeht:
Doch, in vergnuͤgter Eintracht ſingen,
Jſt ihm ein Scherz, der uͤbel ſteht.
Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte
Erſtrecken ſich auſ iedes Haupt:
Es iſt im menſchlichen Geſchlechte
Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt.
Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte:
So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt.
Jhr Heuchler, muͤſſt es nicht vergoͤnnen,
Daß man euch unempfindlich heiſſt.
Erlaubet uns, euch recht zu kennen,
So kennt man euren Liebesgeiſt.
Jhr kruͤmmet ſeufzend eure Koͤpſe:
Doch euer Welthaß iſt verſtellt.
Jhr ſeyd empfindliche Geſchoͤpfe:
Jhr ſeyd nur Thoren vor der Welt.
Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte
Erſtrecken ſich auf iedes Haupt:
Es iſt im menſchlichen Geſchlechte
Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt.
Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte:
So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt.
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[55/0077] Ein Wuchrer, den der Geiz den Schaͤtzen, Den Fluͤchen und der Hoͤlle weiht, Geneuſſt auf Erden kein Ergetzen, Als ſeines Mammons Sicherheit. Er tobet, daß die Fenſter klingen, Wann ſeiner Haabſucht was entgeht: Doch, in vergnuͤgter Eintracht ſingen, Jſt ihm ein Scherz, der uͤbel ſteht. Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte Erſtrecken ſich auſ iedes Haupt: Es iſt im menſchlichen Geſchlechte Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt. Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte: So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt. Jhr Heuchler, muͤſſt es nicht vergoͤnnen, Daß man euch unempfindlich heiſſt. Erlaubet uns, euch recht zu kennen, So kennt man euren Liebesgeiſt. Jhr kruͤmmet ſeufzend eure Koͤpſe: Doch euer Welthaß iſt verſtellt. Jhr ſeyd empfindliche Geſchoͤpfe: Jhr ſeyd nur Thoren vor der Welt. Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte Erſtrecken ſich auf iedes Haupt: Es iſt im menſchlichen Geſchlechte Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt. Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte: So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt.

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Zitationshilfe: Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung01_1742/77>, abgerufen am 02.05.2024.