Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.Schönheiten der Natur. XVIII. des Jahrhunderts und namentlich die Entdeckung der fabelhaftenTiefsee-Bewohner, die erst durch die berühmte Challenger- Expedition (1872-1876) an's Licht gezogen wurden *). Tausende von zierlichen Radiolarien und Thalamophoren, von prächtigen Medusen und Korallen, von abenteuerlichen Mollusken und Krebsen eröffneten uns da mit einem Male eine ungeahnte Fülle von verborgenen Formen, deren eigenartige Schönheit und Mannig- faltigkeit alle von der menschlichen Phantasie geschaffenen Kunst- produkte weitaus übertrifft. Allein schon in den 50 großen Bänden des Challenger-Werkes ist auf 3000 Tafeln eine Masse solcher schönen Gestalten abgebildet; aber auch in vielen anderen großen Prachtwerken, welche die mächtig wachsende zoologische und botanische Literatur der letzten Decennien enthält, sind Millionen reizender Formen dargestellt. Ich habe kürzlich den Versuch begonnen, in meinen "Kunstformen der Natur" (1899) eine Auswahl von solchen schönen und reizvollen Gestalten weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Indessen bedarf es nicht weiter Reisen und kostspieliger *) Vergl. E. Haeckel, Das Challenger-Werk, Deutsche Rundschau,
Februar 1896. -- (XXII. Jahrg., Heft 5, S. 232.) Schönheiten der Natur. XVIII. des Jahrhunderts und namentlich die Entdeckung der fabelhaftenTiefſee-Bewohner, die erſt durch die berühmte Challenger- Expedition (1872-1876) an's Licht gezogen wurden *). Tauſende von zierlichen Radiolarien und Thalamophoren, von prächtigen Meduſen und Korallen, von abenteuerlichen Mollusken und Krebſen eröffneten uns da mit einem Male eine ungeahnte Fülle von verborgenen Formen, deren eigenartige Schönheit und Mannig- faltigkeit alle von der menſchlichen Phantaſie geſchaffenen Kunſt- produkte weitaus übertrifft. Allein ſchon in den 50 großen Bänden des Challenger-Werkes iſt auf 3000 Tafeln eine Maſſe ſolcher ſchönen Geſtalten abgebildet; aber auch in vielen anderen großen Prachtwerken, welche die mächtig wachſende zoologiſche und botaniſche Literatur der letzten Decennien enthält, ſind Millionen reizender Formen dargeſtellt. Ich habe kürzlich den Verſuch begonnen, in meinen „Kunſtformen der Natur“ (1899) eine Auswahl von ſolchen ſchönen und reizvollen Geſtalten weiteren Kreiſen zugänglich zu machen. Indeſſen bedarf es nicht weiter Reiſen und koſtſpieliger *) Vergl. E. Haeckel, Das Challenger-Werk, Deutſche Rundſchau,
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Schönheiten der Natur. XVIII.
des Jahrhunderts und namentlich die Entdeckung der fabelhaften
Tiefſee-Bewohner, die erſt durch die berühmte Challenger-
Expedition (1872-1876) an's Licht gezogen wurden *). Tauſende
von zierlichen Radiolarien und Thalamophoren, von prächtigen
Meduſen und Korallen, von abenteuerlichen Mollusken und
Krebſen eröffneten uns da mit einem Male eine ungeahnte Fülle
von verborgenen Formen, deren eigenartige Schönheit und Mannig-
faltigkeit alle von der menſchlichen Phantaſie geſchaffenen Kunſt-
produkte weitaus übertrifft. Allein ſchon in den 50 großen
Bänden des Challenger-Werkes iſt auf 3000 Tafeln eine Maſſe
ſolcher ſchönen Geſtalten abgebildet; aber auch in vielen anderen
großen Prachtwerken, welche die mächtig wachſende zoologiſche
und botaniſche Literatur der letzten Decennien enthält, ſind
Millionen reizender Formen dargeſtellt. Ich habe kürzlich den
Verſuch begonnen, in meinen „Kunſtformen der Natur“ (1899)
eine Auswahl von ſolchen ſchönen und reizvollen Geſtalten weiteren
Kreiſen zugänglich zu machen.
Indeſſen bedarf es nicht weiter Reiſen und koſtſpieliger
Werke, um jedem Menſchen die Herrlichkeiten dieſer Welt zu
erſchließen. Vielmehr müſſen dafür nur ſeine Augen geöffnet
und ſein Sinn geübt werden. Ueberall bietet die umgebende
Natur eine überreiche Fülle von ſchönen und intereſſanten Ob-
jekten aller Art. In jedem Mooſe und Grashalme, in jedem
Käfer und Schmetterling finden wir bei genauer Unterſuchung
Schönheiten, an denen der Menſch gewöhnlich achtlos vorüber-
geht. Vollends wenn wir dieſelben mit einer Lupe bei ſchwacher
Vergrößerung betrachten, oder noch mehr, wenn wir die ſtärkere
Vergrößerung eines guten Mikroſkopes anwenden, entdecken wir
überall in der organiſchen Natur eine neue Welt voll un-
erſchöpflicher Reize.
*) Vergl. E. Haeckel, Das Challenger-Werk, Deutſche Rundſchau,
Februar 1896. — (XXII. Jahrg., Heft 5, S. 232.)
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