Gesetz und der monistischen Kosmogenie verdanken. Nachdem wir die unhaltbare Vorstellung vom "leeren Raum" glücklich abge- streift haben, bleibt uns als das unendliche "raumerfüllende Medium" die Materie, und zwar in ihren beiden Formen: Aether und Masse. Und ebenso betrachten wir auf der anderen Seite als das "zeiterfüllende Geschehen" die ewige Bewegung oder genetische Energie, welche sich in der ununter- brochenen Entwickelung der Substanz äußert, in dem "Per- petuum mobile" des Universum.
Universum perpetuum mobile. Da jeder bewegte Körper seine Bewegung so lange fortsetzt, als ihn nicht äußere Umstände daran hindern, kam der Mensch schon vor Jahrtausenden auf den Gedanken, Apparate zu bauen, die sich, einmal in Bewegung gesetzt, immerfort in derselben Weise weiter bewegen. Man übersah dabei, daß jede Bewegung auf äußere Hindernisse stößt und allmählich aufhört, wenn nicht ein neuer Anstoß von außen erfolgt, wenn nicht eine neue Kraft zugeführt wird, die jene Hindernisse überwindet. So würde z. B. ein schwingendes Pendel in Ewigkeit mit derselben Geschwindigkeit sich hin und her be- wegen, wenn nicht der Widerstand der Luft und die Reibung im Aufhängungspunkte die mechanische lebendige Kraft seiner Bewegung allmählich aufhöben und in Wärme verwandelten. Wir müssen ihm durch einen neuen Anstoß (oder bei der Pendel- uhr durch Aufziehen des Gewichtes) neue mechanische Kraft zu- führen. Daher ist die Konstruktion einer Maschine, welche ohne äußere Hülfe einen Arbeitsüberschuß erzeugt, durch den sie sich selbst immerfort im Gang erhält, unmöglich. Alle Versuche, ein solches Perpetuum mobile zu bauen, mußten fehlschlagen; die Erkenntniß des Substanz-Gesetzes bewies sodann auch theoretisch die Unmöglichkeit desselben.
Anders verhält es sich aber, wenn wir den Kosmos als Ganzes in's Auge fassen, das unendliche Weltall, welches in
Univerſum perpetuum mobile. XIII.
Geſetz und der moniſtiſchen Kosmogenie verdanken. Nachdem wir die unhaltbare Vorſtellung vom „leeren Raum“ glücklich abge- ſtreift haben, bleibt uns als das unendliche „raumerfüllende Medium“ die Materie, und zwar in ihren beiden Formen: Aether und Maſſe. Und ebenſo betrachten wir auf der anderen Seite als das „zeiterfüllende Geſchehen“ die ewige Bewegung oder genetiſche Energie, welche ſich in der ununter- brochenen Entwickelung der Subſtanz äußert, in dem „Per- petuum mobile“ des Univerſum.
Univerſum perpetuum mobile. Da jeder bewegte Körper ſeine Bewegung ſo lange fortſetzt, als ihn nicht äußere Umſtände daran hindern, kam der Menſch ſchon vor Jahrtauſenden auf den Gedanken, Apparate zu bauen, die ſich, einmal in Bewegung geſetzt, immerfort in derſelben Weiſe weiter bewegen. Man überſah dabei, daß jede Bewegung auf äußere Hinderniſſe ſtößt und allmählich aufhört, wenn nicht ein neuer Anſtoß von außen erfolgt, wenn nicht eine neue Kraft zugeführt wird, die jene Hinderniſſe überwindet. So würde z. B. ein ſchwingendes Pendel in Ewigkeit mit derſelben Geſchwindigkeit ſich hin und her be- wegen, wenn nicht der Widerſtand der Luft und die Reibung im Aufhängungspunkte die mechaniſche lebendige Kraft ſeiner Bewegung allmählich aufhöben und in Wärme verwandelten. Wir müſſen ihm durch einen neuen Anſtoß (oder bei der Pendel- uhr durch Aufziehen des Gewichtes) neue mechaniſche Kraft zu- führen. Daher iſt die Konſtruktion einer Maſchine, welche ohne äußere Hülfe einen Arbeitsüberſchuß erzeugt, durch den ſie ſich ſelbſt immerfort im Gang erhält, unmöglich. Alle Verſuche, ein ſolches Perpetuum mobile zu bauen, mußten fehlſchlagen; die Erkenntniß des Subſtanz-Geſetzes bewies ſodann auch theoretiſch die Unmöglichkeit desſelben.
Anders verhält es ſich aber, wenn wir den Kosmos als Ganzes in's Auge faſſen, das unendliche Weltall, welches in
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0300"n="284"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">Univerſum perpetuum mobile. XIII.</hi></fw><lb/>
Geſetz und der moniſtiſchen Kosmogenie verdanken. Nachdem wir<lb/>
die unhaltbare Vorſtellung vom „leeren Raum“ glücklich abge-<lb/>ſtreift haben, bleibt uns als das unendliche „<hirendition="#g">raumerfüllende</hi><lb/>
Medium“ die <hirendition="#g">Materie,</hi> und zwar in ihren beiden Formen:<lb/><hirendition="#g">Aether</hi> und <hirendition="#g">Maſſe</hi>. Und ebenſo betrachten wir auf der<lb/>
anderen Seite als das „<hirendition="#g">zeiterfüllende</hi> Geſchehen“ die ewige<lb/>
Bewegung oder genetiſche <hirendition="#g">Energie,</hi> welche ſich in der ununter-<lb/>
brochenen <hirendition="#g">Entwickelung</hi> der Subſtanz äußert, in dem <hirendition="#aq">„Per-<lb/>
petuum mobile“</hi> des <hirendition="#g">Univerſum</hi>.</p><lb/><p><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Univerſum perpetuum mobile.</hi></hi> Da jeder bewegte Körper<lb/>ſeine Bewegung ſo lange fortſetzt, als ihn nicht äußere Umſtände<lb/>
daran hindern, kam der Menſch ſchon vor Jahrtauſenden auf den<lb/>
Gedanken, Apparate zu bauen, die ſich, einmal in Bewegung<lb/>
geſetzt, immerfort in derſelben Weiſe weiter bewegen. Man<lb/>
überſah dabei, daß jede Bewegung auf äußere Hinderniſſe ſtößt<lb/>
und allmählich aufhört, wenn nicht ein neuer Anſtoß von außen<lb/>
erfolgt, wenn nicht eine neue Kraft zugeführt wird, die jene<lb/>
Hinderniſſe überwindet. So würde z. B. ein ſchwingendes Pendel<lb/>
in Ewigkeit mit derſelben Geſchwindigkeit ſich hin und her be-<lb/>
wegen, wenn nicht der Widerſtand der Luft und die Reibung<lb/>
im Aufhängungspunkte die mechaniſche lebendige Kraft ſeiner<lb/>
Bewegung allmählich aufhöben und in Wärme verwandelten.<lb/>
Wir müſſen ihm durch einen neuen Anſtoß (oder bei der Pendel-<lb/>
uhr durch Aufziehen des Gewichtes) neue mechaniſche Kraft zu-<lb/>
führen. Daher iſt die Konſtruktion einer Maſchine, welche ohne<lb/>
äußere Hülfe einen Arbeitsüberſchuß erzeugt, durch den ſie ſich<lb/>ſelbſt immerfort im Gang erhält, unmöglich. Alle Verſuche, ein<lb/>ſolches <hirendition="#aq">Perpetuum mobile</hi> zu bauen, mußten fehlſchlagen; die<lb/>
Erkenntniß des Subſtanz-Geſetzes bewies ſodann auch theoretiſch<lb/>
die Unmöglichkeit desſelben.</p><lb/><p>Anders verhält es ſich aber, wenn wir den <hirendition="#g">Kosmos</hi> als<lb/>
Ganzes in's Auge faſſen, das unendliche Weltall, welches in<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[284/0300]
Univerſum perpetuum mobile. XIII.
Geſetz und der moniſtiſchen Kosmogenie verdanken. Nachdem wir
die unhaltbare Vorſtellung vom „leeren Raum“ glücklich abge-
ſtreift haben, bleibt uns als das unendliche „raumerfüllende
Medium“ die Materie, und zwar in ihren beiden Formen:
Aether und Maſſe. Und ebenſo betrachten wir auf der
anderen Seite als das „zeiterfüllende Geſchehen“ die ewige
Bewegung oder genetiſche Energie, welche ſich in der ununter-
brochenen Entwickelung der Subſtanz äußert, in dem „Per-
petuum mobile“ des Univerſum.
Univerſum perpetuum mobile. Da jeder bewegte Körper
ſeine Bewegung ſo lange fortſetzt, als ihn nicht äußere Umſtände
daran hindern, kam der Menſch ſchon vor Jahrtauſenden auf den
Gedanken, Apparate zu bauen, die ſich, einmal in Bewegung
geſetzt, immerfort in derſelben Weiſe weiter bewegen. Man
überſah dabei, daß jede Bewegung auf äußere Hinderniſſe ſtößt
und allmählich aufhört, wenn nicht ein neuer Anſtoß von außen
erfolgt, wenn nicht eine neue Kraft zugeführt wird, die jene
Hinderniſſe überwindet. So würde z. B. ein ſchwingendes Pendel
in Ewigkeit mit derſelben Geſchwindigkeit ſich hin und her be-
wegen, wenn nicht der Widerſtand der Luft und die Reibung
im Aufhängungspunkte die mechaniſche lebendige Kraft ſeiner
Bewegung allmählich aufhöben und in Wärme verwandelten.
Wir müſſen ihm durch einen neuen Anſtoß (oder bei der Pendel-
uhr durch Aufziehen des Gewichtes) neue mechaniſche Kraft zu-
führen. Daher iſt die Konſtruktion einer Maſchine, welche ohne
äußere Hülfe einen Arbeitsüberſchuß erzeugt, durch den ſie ſich
ſelbſt immerfort im Gang erhält, unmöglich. Alle Verſuche, ein
ſolches Perpetuum mobile zu bauen, mußten fehlſchlagen; die
Erkenntniß des Subſtanz-Geſetzes bewies ſodann auch theoretiſch
die Unmöglichkeit desſelben.
Anders verhält es ſich aber, wenn wir den Kosmos als
Ganzes in's Auge faſſen, das unendliche Weltall, welches in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/300>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.