Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.Beweise für die Wahrheit der Descendenztheorie. des Meeres, insbesondere die wichtige Erscheinung, daß jede Orga-nismenart von einem sogenannten "Schöpfungsmittelpunkte" (richtiger "Urheimath" oder "Ausbreitungscentrum" ge- nannt) ausgeht, d. h. von einem einzelnen Ort, an welchem die- selbe einmal entstand, und von dem aus sie sich über die Erde ver- breitete. 9) Die Oecologie der Organismen, die Wissenschaft von den gesammten Beziehungen des Organismus zur umge- benden Außenwelt, zu den organischen und anorganischen Exi- stenzbedingungen; die sogenannte "Oekonomie der Natur", die Wechselbeziehungen aller Organismen, welche an einem und demselben Orte mit einander leben, ihre Anpassung an die Umgebung, ihre Um- bildung durch den Kampf um's Dasein, insbesondere die Verhältnisse des Parasitismus u. s. w. Grade diese Erscheinungen der "Natur- ökonomie", welche der Laie bei oberflächlicher Betrachtung als die weisen Einrichtungen eines planmäßig wirkenden Schöpfers anzusehen pflegt, zeigen sich bei tieferem Eingehen als die nothwendigen Folgen mecha- nischer Ursachen. 10) Die Einheit der gesammten Biologie, der tiefe innere Zusammenhang, welcher zwischen allen genannten und allen übrigen Erscheinungsreihen in der Zoologie, Protistik und Botanik besteht, und welcher sich einfach und natürlich aus einem einzigen gemeinsamen Grunde derselben erklärt. Dieser Grund kann kein an- derer sein, als die gemeinsame Abstammung aller verschiedenartigen Or- ganismen von einer einzigen, oder mehreren, absolut einfachen Stamm- formen, gleich den organlosen Moneren. Jndem die Descendenz- theorie diese gemeinsame Abstammung annimmt, wirft sie sowohl auf jene einzelnen Erscheinungsreihen, als auf die Gesammtheit derselben ein erklärendes Licht, ohne welches sie uns in ihrem inneren ursächlichen Zusammenhang ganz unverständlich bleiben. Die Gegner der Descen- denztheorie vermögen uns weder eine einzige von jenen Erscheinungs- reihen, noch ihren inneren Zusammenhang unter einander irgendwie Beweiſe fuͤr die Wahrheit der Deſcendenztheorie. des Meeres, insbeſondere die wichtige Erſcheinung, daß jede Orga-nismenart von einem ſogenannten „Schoͤpfungsmittelpunkte“ (richtiger „Urheimath“ oder „Ausbreitungscentrum“ ge- nannt) ausgeht, d. h. von einem einzelnen Ort, an welchem die- ſelbe einmal entſtand, und von dem aus ſie ſich uͤber die Erde ver- breitete. 9) Die Oecologie der Organismen, die Wiſſenſchaft von den geſammten Beziehungen des Organismus zur umge- benden Außenwelt, zu den organiſchen und anorganiſchen Exi- ſtenzbedingungen; die ſogenannte „Oekonomie der Natur“, die Wechſelbeziehungen aller Organismen, welche an einem und demſelben Orte mit einander leben, ihre Anpaſſung an die Umgebung, ihre Um- bildung durch den Kampf um’s Daſein, insbeſondere die Verhaͤltniſſe des Paraſitismus u. ſ. w. Grade dieſe Erſcheinungen der „Natur- oͤkonomie“, welche der Laie bei oberflaͤchlicher Betrachtung als die weiſen Einrichtungen eines planmaͤßig wirkenden Schoͤpfers anzuſehen pflegt, zeigen ſich bei tieferem Eingehen als die nothwendigen Folgen mecha- niſcher Urſachen. 10) Die Einheit der geſammten Biologie, der tiefe innere Zuſammenhang, welcher zwiſchen allen genannten und allen uͤbrigen Erſcheinungsreihen in der Zoologie, Protiſtik und Botanik beſteht, und welcher ſich einfach und natuͤrlich aus einem einzigen gemeinſamen Grunde derſelben erklaͤrt. Dieſer Grund kann kein an- derer ſein, als die gemeinſame Abſtammung aller verſchiedenartigen Or- ganismen von einer einzigen, oder mehreren, abſolut einfachen Stamm- formen, gleich den organloſen Moneren. Jndem die Deſcendenz- theorie dieſe gemeinſame Abſtammung annimmt, wirft ſie ſowohl auf jene einzelnen Erſcheinungsreihen, als auf die Geſammtheit derſelben ein erklaͤrendes Licht, ohne welches ſie uns in ihrem inneren urſaͤchlichen Zuſammenhang ganz unverſtaͤndlich bleiben. Die Gegner der Deſcen- denztheorie vermoͤgen uns weder eine einzige von jenen Erſcheinungs- reihen, noch ihren inneren Zuſammenhang unter einander irgendwie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <list> <item><pb facs="#f0564" n="539"/><fw place="top" type="header">Beweiſe fuͤr die Wahrheit der Deſcendenztheorie.</fw><lb/> des Meeres, insbeſondere die wichtige Erſcheinung, daß jede Orga-<lb/> nismenart von einem ſogenannten „<hi rendition="#g">Schoͤpfungsmittelpunkte</hi>“<lb/> (richtiger „<hi rendition="#g">Urheimath</hi>“ oder „<hi rendition="#g">Ausbreitungscentrum</hi>“ ge-<lb/> nannt) ausgeht, d. h. von einem einzelnen Ort, an welchem die-<lb/> ſelbe einmal entſtand, und von dem aus ſie ſich uͤber die Erde ver-<lb/> breitete.</item><lb/> <item>9) Die <hi rendition="#g">Oecologie</hi> der <hi rendition="#g">Organismen,</hi> die Wiſſenſchaft von<lb/> den geſammten <hi rendition="#g">Beziehungen des Organismus zur umge-<lb/> benden Außenwelt,</hi> zu den organiſchen und anorganiſchen Exi-<lb/> ſtenzbedingungen; die ſogenannte „<hi rendition="#g">Oekonomie der Natur</hi>“, die<lb/> Wechſelbeziehungen aller Organismen, welche an einem und demſelben<lb/> Orte mit einander leben, ihre Anpaſſung an die Umgebung, ihre Um-<lb/> bildung durch den Kampf um’s Daſein, insbeſondere die Verhaͤltniſſe<lb/> des Paraſitismus u. ſ. w. Grade dieſe Erſcheinungen der „Natur-<lb/> oͤkonomie“, welche der Laie bei oberflaͤchlicher Betrachtung als die weiſen<lb/> Einrichtungen eines planmaͤßig wirkenden Schoͤpfers anzuſehen pflegt,<lb/> zeigen ſich bei tieferem Eingehen als die nothwendigen Folgen mecha-<lb/> niſcher Urſachen.</item><lb/> <item>10) <hi rendition="#g">Die Einheit der geſammten Biologie,</hi> der tiefe<lb/> innere Zuſammenhang, welcher zwiſchen allen genannten und allen<lb/> uͤbrigen Erſcheinungsreihen in der Zoologie, Protiſtik und Botanik<lb/> beſteht, und welcher ſich einfach und natuͤrlich aus einem <hi rendition="#g">einzigen<lb/> gemeinſamen</hi> Grunde derſelben erklaͤrt. Dieſer Grund kann kein an-<lb/> derer ſein, als die gemeinſame Abſtammung aller verſchiedenartigen Or-<lb/> ganismen von einer einzigen, oder mehreren, abſolut einfachen Stamm-<lb/> formen, gleich den organloſen Moneren. Jndem die Deſcendenz-<lb/> theorie dieſe gemeinſame Abſtammung annimmt, wirft ſie ſowohl auf<lb/> jene einzelnen Erſcheinungsreihen, als auf die Geſammtheit derſelben<lb/> ein erklaͤrendes Licht, ohne welches ſie uns in ihrem inneren urſaͤchlichen<lb/> Zuſammenhang ganz unverſtaͤndlich bleiben. Die Gegner der Deſcen-<lb/> denztheorie vermoͤgen uns weder eine einzige von jenen Erſcheinungs-<lb/> reihen, noch ihren inneren Zuſammenhang unter einander irgendwie<lb/></item> </list> </div> </body> </text> </TEI> [539/0564]
Beweiſe fuͤr die Wahrheit der Deſcendenztheorie.
des Meeres, insbeſondere die wichtige Erſcheinung, daß jede Orga-
nismenart von einem ſogenannten „Schoͤpfungsmittelpunkte“
(richtiger „Urheimath“ oder „Ausbreitungscentrum“ ge-
nannt) ausgeht, d. h. von einem einzelnen Ort, an welchem die-
ſelbe einmal entſtand, und von dem aus ſie ſich uͤber die Erde ver-
breitete.
9) Die Oecologie der Organismen, die Wiſſenſchaft von
den geſammten Beziehungen des Organismus zur umge-
benden Außenwelt, zu den organiſchen und anorganiſchen Exi-
ſtenzbedingungen; die ſogenannte „Oekonomie der Natur“, die
Wechſelbeziehungen aller Organismen, welche an einem und demſelben
Orte mit einander leben, ihre Anpaſſung an die Umgebung, ihre Um-
bildung durch den Kampf um’s Daſein, insbeſondere die Verhaͤltniſſe
des Paraſitismus u. ſ. w. Grade dieſe Erſcheinungen der „Natur-
oͤkonomie“, welche der Laie bei oberflaͤchlicher Betrachtung als die weiſen
Einrichtungen eines planmaͤßig wirkenden Schoͤpfers anzuſehen pflegt,
zeigen ſich bei tieferem Eingehen als die nothwendigen Folgen mecha-
niſcher Urſachen.
10) Die Einheit der geſammten Biologie, der tiefe
innere Zuſammenhang, welcher zwiſchen allen genannten und allen
uͤbrigen Erſcheinungsreihen in der Zoologie, Protiſtik und Botanik
beſteht, und welcher ſich einfach und natuͤrlich aus einem einzigen
gemeinſamen Grunde derſelben erklaͤrt. Dieſer Grund kann kein an-
derer ſein, als die gemeinſame Abſtammung aller verſchiedenartigen Or-
ganismen von einer einzigen, oder mehreren, abſolut einfachen Stamm-
formen, gleich den organloſen Moneren. Jndem die Deſcendenz-
theorie dieſe gemeinſame Abſtammung annimmt, wirft ſie ſowohl auf
jene einzelnen Erſcheinungsreihen, als auf die Geſammtheit derſelben
ein erklaͤrendes Licht, ohne welches ſie uns in ihrem inneren urſaͤchlichen
Zuſammenhang ganz unverſtaͤndlich bleiben. Die Gegner der Deſcen-
denztheorie vermoͤgen uns weder eine einzige von jenen Erſcheinungs-
reihen, noch ihren inneren Zuſammenhang unter einander irgendwie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |