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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Uebergewicht der kaukasischen oder iranischen Menschenart.
überwiegend wohl mittelköpfig, seltener rein langköpfig oder kurzköpfig.
Von Südasien aus hat sich diese Species nach Westen hin entwickelt
und zunächst über das westliche Asien, das nördliche Afrika und ganz
Europa ausgebreitet. Schon frühzeitig muß dieselbe sich in zwei di-
vergente Zweige gespalten haben, den semitischen und indogermani-
schen. Aus dem semitischen Zweige, welcher mehr im Süden sich
ausbreitete, gingen die Araber, und weiterhin die Abessinier, Berber
und Juden hervor. Der indogermanische Zweig dagegen wan-
derte weiter nach Norden und Westen, und spaltete sich dabei wieder-
um in zwei divergente Zweige, den ario-romanischen, aus
welchem die arischen und romanischen Völker entstanden, und den
slavo-germanischen, welcher den slavischen und germanischen
Völkerschaften den Ursprung gab. Wie sich die weitere Verzweigung
des indogermanischen Zweiges, aus dem die höchst entwickelten Kul-
turvölker hervorgingen, auf Grund der vergleichenden Sprachforschung
im Einzelnen genau verfolgen läßt, hat August Schleicher in sehr
anschaulicher Form genealogisch entwickelt 6).

Durch die unaufhörlichen und riesigen Fortschritte, welche die Kul-
tur bei dieser, der kaukasischen Menschenart weit mehr als bei allen
übrigen machte, hat dieselbe die übrigen Menschenarten jetzt dergestalt
überflügelt, daß sie die meisten anderen Species im Kampfe um das
Dasein früher oder später besiegen und verdrängen wird. Schon jetzt
gehen die Amerikaner, Polynesier und Alfurus mit raschen Schritten
ihrem völligen Aussterben entgegen, ebenso die wollhaarigen Hotten-
totten und Papuaneger. Dagegen werden die drei noch übrigen Men-
schenarten, die echten Neger in Mittelafrika, die arktischen Menschen
in den Polargegenden und die mächtigen Mongolen in Mittelasien,
begünstigt durch die Natur ihrer Heimath, der sie sich besser als die
kaukasischen Menschen anpassen können, den Kampf um's Dasein mit
diesen noch auf lange Zeit hinaus glücklich bestehen.



Uebergewicht der kaukaſiſchen oder iraniſchen Menſchenart.
uͤberwiegend wohl mittelkoͤpfig, ſeltener rein langkoͤpfig oder kurzkoͤpfig.
Von Suͤdaſien aus hat ſich dieſe Species nach Weſten hin entwickelt
und zunaͤchſt uͤber das weſtliche Aſien, das noͤrdliche Afrika und ganz
Europa ausgebreitet. Schon fruͤhzeitig muß dieſelbe ſich in zwei di-
vergente Zweige geſpalten haben, den ſemitiſchen und indogermani-
ſchen. Aus dem ſemitiſchen Zweige, welcher mehr im Suͤden ſich
ausbreitete, gingen die Araber, und weiterhin die Abeſſinier, Berber
und Juden hervor. Der indogermaniſche Zweig dagegen wan-
derte weiter nach Norden und Weſten, und ſpaltete ſich dabei wieder-
um in zwei divergente Zweige, den ario-romaniſchen, aus
welchem die ariſchen und romaniſchen Voͤlker entſtanden, und den
ſlavo-germaniſchen, welcher den ſlaviſchen und germaniſchen
Voͤlkerſchaften den Urſprung gab. Wie ſich die weitere Verzweigung
des indogermaniſchen Zweiges, aus dem die hoͤchſt entwickelten Kul-
turvoͤlker hervorgingen, auf Grund der vergleichenden Sprachforſchung
im Einzelnen genau verfolgen laͤßt, hat Auguſt Schleicher in ſehr
anſchaulicher Form genealogiſch entwickelt 6).

Durch die unaufhoͤrlichen und rieſigen Fortſchritte, welche die Kul-
tur bei dieſer, der kaukaſiſchen Menſchenart weit mehr als bei allen
uͤbrigen machte, hat dieſelbe die uͤbrigen Menſchenarten jetzt dergeſtalt
uͤberfluͤgelt, daß ſie die meiſten anderen Species im Kampfe um das
Daſein fruͤher oder ſpaͤter beſiegen und verdraͤngen wird. Schon jetzt
gehen die Amerikaner, Polyneſier und Alfurus mit raſchen Schritten
ihrem voͤlligen Ausſterben entgegen, ebenſo die wollhaarigen Hotten-
totten und Papuaneger. Dagegen werden die drei noch uͤbrigen Men-
ſchenarten, die echten Neger in Mittelafrika, die arktiſchen Menſchen
in den Polargegenden und die maͤchtigen Mongolen in Mittelaſien,
beguͤnſtigt durch die Natur ihrer Heimath, der ſie ſich beſſer als die
kaukaſiſchen Menſchen anpaſſen koͤnnen, den Kampf um’s Daſein mit
dieſen noch auf lange Zeit hinaus gluͤcklich beſtehen.



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[520/0545] Uebergewicht der kaukaſiſchen oder iraniſchen Menſchenart. uͤberwiegend wohl mittelkoͤpfig, ſeltener rein langkoͤpfig oder kurzkoͤpfig. Von Suͤdaſien aus hat ſich dieſe Species nach Weſten hin entwickelt und zunaͤchſt uͤber das weſtliche Aſien, das noͤrdliche Afrika und ganz Europa ausgebreitet. Schon fruͤhzeitig muß dieſelbe ſich in zwei di- vergente Zweige geſpalten haben, den ſemitiſchen und indogermani- ſchen. Aus dem ſemitiſchen Zweige, welcher mehr im Suͤden ſich ausbreitete, gingen die Araber, und weiterhin die Abeſſinier, Berber und Juden hervor. Der indogermaniſche Zweig dagegen wan- derte weiter nach Norden und Weſten, und ſpaltete ſich dabei wieder- um in zwei divergente Zweige, den ario-romaniſchen, aus welchem die ariſchen und romaniſchen Voͤlker entſtanden, und den ſlavo-germaniſchen, welcher den ſlaviſchen und germaniſchen Voͤlkerſchaften den Urſprung gab. Wie ſich die weitere Verzweigung des indogermaniſchen Zweiges, aus dem die hoͤchſt entwickelten Kul- turvoͤlker hervorgingen, auf Grund der vergleichenden Sprachforſchung im Einzelnen genau verfolgen laͤßt, hat Auguſt Schleicher in ſehr anſchaulicher Form genealogiſch entwickelt 6). Durch die unaufhoͤrlichen und rieſigen Fortſchritte, welche die Kul- tur bei dieſer, der kaukaſiſchen Menſchenart weit mehr als bei allen uͤbrigen machte, hat dieſelbe die uͤbrigen Menſchenarten jetzt dergeſtalt uͤberfluͤgelt, daß ſie die meiſten anderen Species im Kampfe um das Daſein fruͤher oder ſpaͤter beſiegen und verdraͤngen wird. Schon jetzt gehen die Amerikaner, Polyneſier und Alfurus mit raſchen Schritten ihrem voͤlligen Ausſterben entgegen, ebenſo die wollhaarigen Hotten- totten und Papuaneger. Dagegen werden die drei noch uͤbrigen Men- ſchenarten, die echten Neger in Mittelafrika, die arktiſchen Menſchen in den Polargegenden und die maͤchtigen Mongolen in Mittelaſien, beguͤnſtigt durch die Natur ihrer Heimath, der ſie ſich beſſer als die kaukaſiſchen Menſchen anpaſſen koͤnnen, den Kampf um’s Daſein mit dieſen noch auf lange Zeit hinaus gluͤcklich beſtehen.

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/545>, abgerufen am 22.11.2024.