den fünf Unterklassen, auf welche wir jene vertheilen können, sind zwei (I und IV) gänzlich, und zwei andere (II und V) größtentheils aus- gestorben. Diese mesolithischen Gruppen sind durch ein + bezeichnet.
Jn der ersten Unterklasse, den Stammreptilien oder Stamm- schleichern(Tocosauria), fassen wir die ausgestorbenen Fachzäh- ner(Thecodontia) der Triaszeit mit denjenigen Reptilien zusammen, welche wir als die gemeinsame Stammform der ganzen Klasse be- trachten können. Zu diesen letzteren, welche wir als Urschleicher (Proreptilia) bezeichnen können, gehört möglicherweise der Protero- saurus des permischen Systems. Die vier übrigen Unterklassen sind wahrscheinlich als vier divergente Zweige aufzufassen, welche sich aus jener gemeinsamen Stammform nach verschiedenen Richtungen hin entwickelt haben. Die Thecodonten der Trias, die einzigen sicher bekannten fossilen Reste von Tocosauriern, waren Eidechsen, welche den heute noch lebenden Monitoren oder Warneidechsen (Monitor, Varanus) ziemlich ähnlich gewesen zu sein scheinen.
Die zweite Unterklasse, die Schwimmschleicher(Hydro- sauria), lebte ganz oder größtentheils im Wasser. Sie spaltet sich in die beiden Ordnungen der Seedrachen und der Krokodile. Die riesigen, bis 40 Fuß langen Seedrachen(Halisauria) lebten bloß während der Secundärzeit, und zwar finden sich die versteinerten Reste der Simosaurier bloß in der Trias, diejenigen der Plesiosaurier und Jchthyosaurier bloß im Jura und in der Kreide. Vermuthlich ent- wickelten sich also die letzteren aus den ersteren während der Antejura- zeit. Um diese Zeit entstanden wahrscheinlich auch die Krokodile (Crocodilia), von denen die Teleosaurier und Steneosaurier bloß im Jura, die jetzt allein noch lebenden Alligatoren aber in den Kreide- und Tertiärschichten versteinert gefunden werden. Die wenigen Kro- kodile der Gegenwart sind nur ein dürftiger Rest von der furchtbaren Raubthierschaar, welche die Gewässer der mesolithischen Zeit bevölkerte.
Von allen Reptiliengruppen hat sich bis auf unsere Zeit am besten die dritte Unterklasse conservirt, die Schuppenschleicher(Lepido- sauria). Es gehören dahin die beiden nächstverwandten Ordnungen
den fuͤnf Unterklaſſen, auf welche wir jene vertheilen koͤnnen, ſind zwei (I und IV) gaͤnzlich, und zwei andere (II und V) groͤßtentheils aus- geſtorben. Dieſe meſolithiſchen Gruppen ſind durch ein † bezeichnet.
Jn der erſten Unterklaſſe, den Stammreptilien oder Stamm- ſchleichern(Tocosauria), faſſen wir die ausgeſtorbenen Fachzaͤh- ner(Thecodontia) der Triaszeit mit denjenigen Reptilien zuſammen, welche wir als die gemeinſame Stammform der ganzen Klaſſe be- trachten koͤnnen. Zu dieſen letzteren, welche wir als Urſchleicher (Proreptilia) bezeichnen koͤnnen, gehoͤrt moͤglicherweiſe der Protero- ſaurus des permiſchen Syſtems. Die vier uͤbrigen Unterklaſſen ſind wahrſcheinlich als vier divergente Zweige aufzufaſſen, welche ſich aus jener gemeinſamen Stammform nach verſchiedenen Richtungen hin entwickelt haben. Die Thecodonten der Trias, die einzigen ſicher bekannten foſſilen Reſte von Tocoſauriern, waren Eidechſen, welche den heute noch lebenden Monitoren oder Warneidechſen (Monitor, Varanus) ziemlich aͤhnlich geweſen zu ſein ſcheinen.
Die zweite Unterklaſſe, die Schwimmſchleicher(Hydro- sauria), lebte ganz oder groͤßtentheils im Waſſer. Sie ſpaltet ſich in die beiden Ordnungen der Seedrachen und der Krokodile. Die rieſigen, bis 40 Fuß langen Seedrachen(Halisauria) lebten bloß waͤhrend der Secundaͤrzeit, und zwar finden ſich die verſteinerten Reſte der Simoſaurier bloß in der Trias, diejenigen der Pleſioſaurier und Jchthyoſaurier bloß im Jura und in der Kreide. Vermuthlich ent- wickelten ſich alſo die letzteren aus den erſteren waͤhrend der Antejura- zeit. Um dieſe Zeit entſtanden wahrſcheinlich auch die Krokodile (Crocodilia), von denen die Teleoſaurier und Steneoſaurier bloß im Jura, die jetzt allein noch lebenden Alligatoren aber in den Kreide- und Tertiaͤrſchichten verſteinert gefunden werden. Die wenigen Kro- kodile der Gegenwart ſind nur ein duͤrftiger Reſt von der furchtbaren Raubthierſchaar, welche die Gewaͤſſer der meſolithiſchen Zeit bevoͤlkerte.
Von allen Reptiliengruppen hat ſich bis auf unſere Zeit am beſten die dritte Unterklaſſe conſervirt, die Schuppenſchleicher(Lepido- sauria). Es gehoͤren dahin die beiden naͤchſtverwandten Ordnungen
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Stammſchleicher (Tocoſaurier). Schwimmſchleicher (Hydroſaurier).
den fuͤnf Unterklaſſen, auf welche wir jene vertheilen koͤnnen, ſind zwei
(I und IV) gaͤnzlich, und zwei andere (II und V) groͤßtentheils aus-
geſtorben. Dieſe meſolithiſchen Gruppen ſind durch ein † bezeichnet.
Jn der erſten Unterklaſſe, den Stammreptilien oder Stamm-
ſchleichern (Tocosauria), faſſen wir die ausgeſtorbenen Fachzaͤh-
ner (Thecodontia) der Triaszeit mit denjenigen Reptilien zuſammen,
welche wir als die gemeinſame Stammform der ganzen Klaſſe be-
trachten koͤnnen. Zu dieſen letzteren, welche wir als Urſchleicher
(Proreptilia) bezeichnen koͤnnen, gehoͤrt moͤglicherweiſe der Protero-
ſaurus des permiſchen Syſtems. Die vier uͤbrigen Unterklaſſen ſind
wahrſcheinlich als vier divergente Zweige aufzufaſſen, welche ſich aus
jener gemeinſamen Stammform nach verſchiedenen Richtungen hin
entwickelt haben. Die Thecodonten der Trias, die einzigen ſicher
bekannten foſſilen Reſte von Tocoſauriern, waren Eidechſen, welche
den heute noch lebenden Monitoren oder Warneidechſen (Monitor,
Varanus) ziemlich aͤhnlich geweſen zu ſein ſcheinen.
Die zweite Unterklaſſe, die Schwimmſchleicher (Hydro-
sauria), lebte ganz oder groͤßtentheils im Waſſer. Sie ſpaltet ſich in
die beiden Ordnungen der Seedrachen und der Krokodile. Die rieſigen,
bis 40 Fuß langen Seedrachen (Halisauria) lebten bloß waͤhrend
der Secundaͤrzeit, und zwar finden ſich die verſteinerten Reſte der
Simoſaurier bloß in der Trias, diejenigen der Pleſioſaurier und
Jchthyoſaurier bloß im Jura und in der Kreide. Vermuthlich ent-
wickelten ſich alſo die letzteren aus den erſteren waͤhrend der Antejura-
zeit. Um dieſe Zeit entſtanden wahrſcheinlich auch die Krokodile
(Crocodilia), von denen die Teleoſaurier und Steneoſaurier bloß im
Jura, die jetzt allein noch lebenden Alligatoren aber in den Kreide-
und Tertiaͤrſchichten verſteinert gefunden werden. Die wenigen Kro-
kodile der Gegenwart ſind nur ein duͤrftiger Reſt von der furchtbaren
Raubthierſchaar, welche die Gewaͤſſer der meſolithiſchen Zeit bevoͤlkerte.
Von allen Reptiliengruppen hat ſich bis auf unſere Zeit am beſten
die dritte Unterklaſſe conſervirt, die Schuppenſchleicher (Lepido-
sauria). Es gehoͤren dahin die beiden naͤchſtverwandten Ordnungen
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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/479>, abgerufen am 24.11.2024.
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