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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Stammbaum und Geschichte der Jnsecten.
gefürchteten Termiten, von denen sich versteinerte Reste schon in der
Steinkohle finden. Unmittelbar hat sich wahrscheinlich aus den Ur-
flüglern die Ordnung der Netzflügler (Neuroptera) entwickelt, welche
sich von ihnen wesentlich nur durch die vollkommene Verwandlung
unterscheiden. Es gehören dahin die Florfliegen (Planipennia), die
Schmetterlingsfliegen (Phryganida) und die Fächerfliegen (Strep-
siptera).
Fossile Jnsecten, welche den Uebergang von den Urflüglern
(Libellen) zu den Netzflüglern (Sialiden) machen, kommen schon in
der Steinkohle vor (Dictyophlebia).

Aus einem anderen Zweige der Urflügler hat sich durch Diffe-
renzirung der beiden Flügelpaare schon frühzeitig die Ordnung der
Gradflügler (Orthoptera) entwickelt. Diese Abtheilung besteht
aus der formenreichen Gruppe der Schaben, Heuschrecken, Gryllen
u. s. w. (Ulonata), und aus der kleinen Gruppe der bekannten Ohr-
würmer (Labidura), welche durch die Kneifzange am hinteren Kör-
perende ausgezeichnet sind. Sowohl von Schaben als von Gryl-
len und Heuschrecken kennt man Versteinerungen aus der Steinkohle.

Auch die vierte Ordnung der beißenden Jnsecten, die Käfer
(Coleoptera) kommen bereits in der Steinkohle versteinert vor. Diese
außerordentlich umfangreiche Ordnung, der bevorzugte Liebling der
Jnsectenliebhaber und Sammler, zeigt am deutlichsten von allen,
welche unendliche Formenmannichfaltigkeit sich durch Anpassung an
verschiedene Lebensverhältnisse äußerlich entwickeln kann, ohne daß
deshalb der innere Bau und die Grundform des Körpers irgendwie
wesentlich umgebildet wird. Wahrscheinlich haben sich die Käfer aus
einem Zweige der Gradflügler entwickelt, von denen sie sich wesent-
lich nur durch ihre vollkommene Verwandlung unterscheiden.

An diese vier Ordnungen der beißenden Jnsecten schließt sich nun
zunächst die eine Ordnung der leckenden Jnsecten an, die inter-
essante Gruppe der Jmmen oder Hautflügler (Hymenoptera).
Dahin gehören diejenigen Jnsecten, welche sich durch ihre entwickelten
Culturzustände, durch ihre weitgehende Arbeitstheilung, Gemeinde-
bildung und Staatenbildung zu bewundrungswürdiger Höhe der

Stammbaum und Geſchichte der Jnſecten.
gefuͤrchteten Termiten, von denen ſich verſteinerte Reſte ſchon in der
Steinkohle finden. Unmittelbar hat ſich wahrſcheinlich aus den Ur-
fluͤglern die Ordnung der Netzfluͤgler (Neuroptera) entwickelt, welche
ſich von ihnen weſentlich nur durch die vollkommene Verwandlung
unterſcheiden. Es gehoͤren dahin die Florfliegen (Planipennia), die
Schmetterlingsfliegen (Phryganida) und die Faͤcherfliegen (Strep-
siptera).
Foſſile Jnſecten, welche den Uebergang von den Urfluͤglern
(Libellen) zu den Netzfluͤglern (Sialiden) machen, kommen ſchon in
der Steinkohle vor (Dictyophlebia).

Aus einem anderen Zweige der Urfluͤgler hat ſich durch Diffe-
renzirung der beiden Fluͤgelpaare ſchon fruͤhzeitig die Ordnung der
Gradfluͤgler (Orthoptera) entwickelt. Dieſe Abtheilung beſteht
aus der formenreichen Gruppe der Schaben, Heuſchrecken, Gryllen
u. ſ. w. (Ulonata), und aus der kleinen Gruppe der bekannten Ohr-
wuͤrmer (Labidura), welche durch die Kneifzange am hinteren Koͤr-
perende ausgezeichnet ſind. Sowohl von Schaben als von Gryl-
len und Heuſchrecken kennt man Verſteinerungen aus der Steinkohle.

Auch die vierte Ordnung der beißenden Jnſecten, die Kaͤfer
(Coleoptera) kommen bereits in der Steinkohle verſteinert vor. Dieſe
außerordentlich umfangreiche Ordnung, der bevorzugte Liebling der
Jnſectenliebhaber und Sammler, zeigt am deutlichſten von allen,
welche unendliche Formenmannichfaltigkeit ſich durch Anpaſſung an
verſchiedene Lebensverhaͤltniſſe aͤußerlich entwickeln kann, ohne daß
deshalb der innere Bau und die Grundform des Koͤrpers irgendwie
weſentlich umgebildet wird. Wahrſcheinlich haben ſich die Kaͤfer aus
einem Zweige der Gradfluͤgler entwickelt, von denen ſie ſich weſent-
lich nur durch ihre vollkommene Verwandlung unterſcheiden.

An dieſe vier Ordnungen der beißenden Jnſecten ſchließt ſich nun
zunaͤchſt die eine Ordnung der leckenden Jnſecten an, die inter-
eſſante Gruppe der Jmmen oder Hautfluͤgler (Hymenoptera).
Dahin gehoͤren diejenigen Jnſecten, welche ſich durch ihre entwickelten
Culturzuſtaͤnde, durch ihre weitgehende Arbeitstheilung, Gemeinde-
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[429/0454] Stammbaum und Geſchichte der Jnſecten. gefuͤrchteten Termiten, von denen ſich verſteinerte Reſte ſchon in der Steinkohle finden. Unmittelbar hat ſich wahrſcheinlich aus den Ur- fluͤglern die Ordnung der Netzfluͤgler (Neuroptera) entwickelt, welche ſich von ihnen weſentlich nur durch die vollkommene Verwandlung unterſcheiden. Es gehoͤren dahin die Florfliegen (Planipennia), die Schmetterlingsfliegen (Phryganida) und die Faͤcherfliegen (Strep- siptera). Foſſile Jnſecten, welche den Uebergang von den Urfluͤglern (Libellen) zu den Netzfluͤglern (Sialiden) machen, kommen ſchon in der Steinkohle vor (Dictyophlebia). Aus einem anderen Zweige der Urfluͤgler hat ſich durch Diffe- renzirung der beiden Fluͤgelpaare ſchon fruͤhzeitig die Ordnung der Gradfluͤgler (Orthoptera) entwickelt. Dieſe Abtheilung beſteht aus der formenreichen Gruppe der Schaben, Heuſchrecken, Gryllen u. ſ. w. (Ulonata), und aus der kleinen Gruppe der bekannten Ohr- wuͤrmer (Labidura), welche durch die Kneifzange am hinteren Koͤr- perende ausgezeichnet ſind. Sowohl von Schaben als von Gryl- len und Heuſchrecken kennt man Verſteinerungen aus der Steinkohle. Auch die vierte Ordnung der beißenden Jnſecten, die Kaͤfer (Coleoptera) kommen bereits in der Steinkohle verſteinert vor. Dieſe außerordentlich umfangreiche Ordnung, der bevorzugte Liebling der Jnſectenliebhaber und Sammler, zeigt am deutlichſten von allen, welche unendliche Formenmannichfaltigkeit ſich durch Anpaſſung an verſchiedene Lebensverhaͤltniſſe aͤußerlich entwickeln kann, ohne daß deshalb der innere Bau und die Grundform des Koͤrpers irgendwie weſentlich umgebildet wird. Wahrſcheinlich haben ſich die Kaͤfer aus einem Zweige der Gradfluͤgler entwickelt, von denen ſie ſich weſent- lich nur durch ihre vollkommene Verwandlung unterſcheiden. An dieſe vier Ordnungen der beißenden Jnſecten ſchließt ſich nun zunaͤchſt die eine Ordnung der leckenden Jnſecten an, die inter- eſſante Gruppe der Jmmen oder Hautfluͤgler (Hymenoptera). Dahin gehoͤren diejenigen Jnſecten, welche ſich durch ihre entwickelten Culturzuſtaͤnde, durch ihre weitgehende Arbeitstheilung, Gemeinde- bildung und Staatenbildung zu bewundrungswuͤrdiger Hoͤhe der

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/454>, abgerufen am 24.11.2024.