same Zoea ist nämlich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht allein die gemeinsame Stammform für alle sechs beistehend verzeichneten Ord- nungen der Malacostraca, sondern auch zugleich für die luftahmenden Tracheenkerfe, für die Spinnen, Tausendfüße und Jnsecten.
Diese letzteren sind jedenfalls erst im Anfang der paläolithischen Zeit, nach Abschluß des archolithischen Zeitraums entstanden, weil alle diese Thiere (im Gegensatz zu den meist wasserbewohnenden Krebsen) ursprünglich Landbewohner sind. Offenbar können sich diese Luftath- mer erst entwickelt haben, als nach Verfluß der silurischen Zeit das Landleben begann. Da nun aber fossile Reste von Spinnen und Jn- secten bereits in den Steinkohlenschichten gefunden werden, so können wir ziemlich genau den Zeitpunkt ihrer Entstehung feststellen. Es muß die Entwickelung der ersten Tracheenkerfe aus kiemenathmenden Zoea- krebsen zwischen das Ende der Silurzeit und den Beginn der Stein- kohlenzeit fallen, also entweder in die antedevonische oder in die de- vonische oder in die antecarbonische Periode.
Die gemeinschaftliche Ausgangsform der drei durch Tracheen athmenden Arthropodenklassen ist uns wahrscheinlich bis auf den heu- tigen Tag nur wenig verändert in einer merkwürdigen Spinnenform erhalten. Diese uralte Tracheatenform ist die Skorpionsspinne (Solifuga), von der mehrere große, wegen ihres giftigen Bisses sehr gefürchtete Arten noch heute im wärmeren Asien leben. Der Körper besteht hier, wie wir es bei dem gemeinsamen Stammvater der Tra- cheaten voraussetzen müssen, aus drei getrennten Abschnitten, einem Kopfe, welcher mehrere beinartige Kieferpaare trägt, einer Brust, an deren drei Ringen drei Beinpaare befestigt sind, und einem anhangs- losen Hinterleib. Wahrscheinlich haben sich aus unbekannten devo- nischen Tracheaten, welche diesen Skorpionsspinnen oder Solifugen sehr nahe standen, als zwei divergente Aeste einerseits die echten Spin- nen, andrerseits die Jnsecten entwickelt. Die Tausendfüßer sind ent- weder ein eigenthümlich entwickelter Seitenzweig der Jnsecten oder ein dritter Ast jener Stammform.
Abſtammung der Tracheaten von den Kruſtenthieren.
ſame Zoëa iſt naͤmlich aller Wahrſcheinlichkeit nach nicht allein die gemeinſame Stammform fuͤr alle ſechs beiſtehend verzeichneten Ord- nungen der Malacoſtraca, ſondern auch zugleich fuͤr die luftahmenden Tracheenkerfe, fuͤr die Spinnen, Tauſendfuͤße und Jnſecten.
Dieſe letzteren ſind jedenfalls erſt im Anfang der palaͤolithiſchen Zeit, nach Abſchluß des archolithiſchen Zeitraums entſtanden, weil alle dieſe Thiere (im Gegenſatz zu den meiſt waſſerbewohnenden Krebſen) urſpruͤnglich Landbewohner ſind. Offenbar koͤnnen ſich dieſe Luftath- mer erſt entwickelt haben, als nach Verfluß der ſiluriſchen Zeit das Landleben begann. Da nun aber foſſile Reſte von Spinnen und Jn- ſecten bereits in den Steinkohlenſchichten gefunden werden, ſo koͤnnen wir ziemlich genau den Zeitpunkt ihrer Entſtehung feſtſtellen. Es muß die Entwickelung der erſten Tracheenkerfe aus kiemenathmenden Zoëa- krebſen zwiſchen das Ende der Silurzeit und den Beginn der Stein- kohlenzeit fallen, alſo entweder in die antedevoniſche oder in die de- voniſche oder in die antecarboniſche Periode.
Die gemeinſchaftliche Ausgangsform der drei durch Tracheen athmenden Arthropodenklaſſen iſt uns wahrſcheinlich bis auf den heu- tigen Tag nur wenig veraͤndert in einer merkwuͤrdigen Spinnenform erhalten. Dieſe uralte Tracheatenform iſt die Skorpionsſpinne (Solifuga), von der mehrere große, wegen ihres giftigen Biſſes ſehr gefuͤrchtete Arten noch heute im waͤrmeren Aſien leben. Der Koͤrper beſteht hier, wie wir es bei dem gemeinſamen Stammvater der Tra- cheaten vorausſetzen muͤſſen, aus drei getrennten Abſchnitten, einem Kopfe, welcher mehrere beinartige Kieferpaare traͤgt, einer Bruſt, an deren drei Ringen drei Beinpaare befeſtigt ſind, und einem anhangs- loſen Hinterleib. Wahrſcheinlich haben ſich aus unbekannten devo- niſchen Tracheaten, welche dieſen Skorpionsſpinnen oder Solifugen ſehr nahe ſtanden, als zwei divergente Aeſte einerſeits die echten Spin- nen, andrerſeits die Jnſecten entwickelt. Die Tauſendfuͤßer ſind ent- weder ein eigenthuͤmlich entwickelter Seitenzweig der Jnſecten oder ein dritter Aſt jener Stammform.
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Abſtammung der Tracheaten von den Kruſtenthieren.
ſame Zoëa iſt naͤmlich aller Wahrſcheinlichkeit nach nicht allein die
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Tracheenkerfe, fuͤr die Spinnen, Tauſendfuͤße und Jnſecten.
Dieſe letzteren ſind jedenfalls erſt im Anfang der palaͤolithiſchen
Zeit, nach Abſchluß des archolithiſchen Zeitraums entſtanden, weil alle
dieſe Thiere (im Gegenſatz zu den meiſt waſſerbewohnenden Krebſen)
urſpruͤnglich Landbewohner ſind. Offenbar koͤnnen ſich dieſe Luftath-
mer erſt entwickelt haben, als nach Verfluß der ſiluriſchen Zeit das
Landleben begann. Da nun aber foſſile Reſte von Spinnen und Jn-
ſecten bereits in den Steinkohlenſchichten gefunden werden, ſo koͤnnen
wir ziemlich genau den Zeitpunkt ihrer Entſtehung feſtſtellen. Es muß
die Entwickelung der erſten Tracheenkerfe aus kiemenathmenden Zoëa-
krebſen zwiſchen das Ende der Silurzeit und den Beginn der Stein-
kohlenzeit fallen, alſo entweder in die antedevoniſche oder in die de-
voniſche oder in die antecarboniſche Periode.
Die gemeinſchaftliche Ausgangsform der drei durch Tracheen
athmenden Arthropodenklaſſen iſt uns wahrſcheinlich bis auf den heu-
tigen Tag nur wenig veraͤndert in einer merkwuͤrdigen Spinnenform
erhalten. Dieſe uralte Tracheatenform iſt die Skorpionsſpinne
(Solifuga), von der mehrere große, wegen ihres giftigen Biſſes ſehr
gefuͤrchtete Arten noch heute im waͤrmeren Aſien leben. Der Koͤrper
beſteht hier, wie wir es bei dem gemeinſamen Stammvater der Tra-
cheaten vorausſetzen muͤſſen, aus drei getrennten Abſchnitten, einem
Kopfe, welcher mehrere beinartige Kieferpaare traͤgt, einer Bruſt, an
deren drei Ringen drei Beinpaare befeſtigt ſind, und einem anhangs-
loſen Hinterleib. Wahrſcheinlich haben ſich aus unbekannten devo-
niſchen Tracheaten, welche dieſen Skorpionsſpinnen oder Solifugen
ſehr nahe ſtanden, als zwei divergente Aeſte einerſeits die echten Spin-
nen, andrerſeits die Jnſecten entwickelt. Die Tauſendfuͤßer ſind ent-
weder ein eigenthuͤmlich entwickelter Seitenzweig der Jnſecten oder ein
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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/450>, abgerufen am 24.11.2024.
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