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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Krebse (Cariden) oder Krustenthiere (Crustaceen).
vensystems, das sogenannte Bauchmark, welches vorn mit einem den
Mund umgebenden Schlundring beginnt. Auch aus anderen Thatsa-
chen geht hervor, daß die Arthropoden sich jedenfalls aus Gliedwürmern
erst später entwickelt haben. Wahrscheinlich sind die Räderthiere und
demnächst die Ringelwürmer ihre nächsten Blutsverwandten im Wür-
merstamme (Gen. Morph. II., Taf. V., S. LXXXV -- CII).

Der Stammbaum der Arthropoden läßt sich aus der Paläon-
tologie, vergleichenden Anatomie und Ontogenie seiner vier Klassen
in seinen Grundzügen vortrefflich erkennen, obwohl auch hier, wie
überall, im Einzelnen noch sehr Vieles dunkel bleibt. Die Wur-
zel des ganzen Phylum bildet die Klasse der Kiemenkerfe oder
Krebse
(Carides), wegen ihrer harten krustenartigen Körperbe-
deckung auch Krustenthiere (Crustacea) genannt. Die Ontogenie
oder die individuelle Entwickelungsgeschichte der Krebse ist außeror-
dentlich interessant, und verräth uns, ebenso wie bei den Wirbelthieren,
deutlich die wesentlichen Grundzüge ihrer Stammesgeschichte oder
Phylogenie. Fritz Müller hat in seiner ausgezeichneten, bereits
angeführten Schrift "Für Darwin" 16) dieses merkwürdige Verhält-
niß vortrefflich erläutert. Die gemeinschaftliche Stammform aller
Krebse, welche sich bei den meisten noch heutzutage zunächst aus
dem Ei entwickelt, ist ursprünglich ein und dieselbe: der sogenannte
Nauplius. Dieser merkwürdige Urkrebs ist eine sehr einfache gegliederte
Thierform, welche sich zunächst an die Räderthiere anschließt und aus
ähnlichen Gliedwürmern wahrscheinlich ihren Ursprung genommen hat.
Aus der gemeinsamen Larvenform des Nauplius entwickeln sich als
divergente Zweige nach verschiedenen Richtungen hin die sechs Ord-
nungen der niederen Krebse, welche in der nachstehenden systema-
tischen Uebersicht des Arthropodenstammes als Gliederkrebse
(Entomostraca) zusammengefaßt sind. Auch die höhere Abtheilung
der Panzerkrebse (Malacostraca) hat aus der gemeinsamen Nau-
pliusform ihren Ursprung genommen. Jedoch hat sich hier der Nau-
plius zunächst in eine andere Larvenform, die sogenante Zoea, umge-
wandelt, welche eine außerordentliche Bedeutung besitzt. Diese selt-

Krebſe (Cariden) oder Kruſtenthiere (Cruſtaceen).
venſyſtems, das ſogenannte Bauchmark, welches vorn mit einem den
Mund umgebenden Schlundring beginnt. Auch aus anderen Thatſa-
chen geht hervor, daß die Arthropoden ſich jedenfalls aus Gliedwuͤrmern
erſt ſpaͤter entwickelt haben. Wahrſcheinlich ſind die Raͤderthiere und
demnaͤchſt die Ringelwuͤrmer ihre naͤchſten Blutsverwandten im Wuͤr-
merſtamme (Gen. Morph. II., Taf. V., S. LXXXV — CII).

Der Stammbaum der Arthropoden laͤßt ſich aus der Palaͤon-
tologie, vergleichenden Anatomie und Ontogenie ſeiner vier Klaſſen
in ſeinen Grundzuͤgen vortrefflich erkennen, obwohl auch hier, wie
uͤberall, im Einzelnen noch ſehr Vieles dunkel bleibt. Die Wur-
zel des ganzen Phylum bildet die Klaſſe der Kiemenkerfe oder
Krebſe
(Carides), wegen ihrer harten kruſtenartigen Koͤrperbe-
deckung auch Kruſtenthiere (Crustacea) genannt. Die Ontogenie
oder die individuelle Entwickelungsgeſchichte der Krebſe iſt außeror-
dentlich intereſſant, und verraͤth uns, ebenſo wie bei den Wirbelthieren,
deutlich die weſentlichen Grundzuͤge ihrer Stammesgeſchichte oder
Phylogenie. Fritz Muͤller hat in ſeiner ausgezeichneten, bereits
angefuͤhrten Schrift „Fuͤr Darwin“ 16) dieſes merkwuͤrdige Verhaͤlt-
niß vortrefflich erlaͤutert. Die gemeinſchaftliche Stammform aller
Krebſe, welche ſich bei den meiſten noch heutzutage zunaͤchſt aus
dem Ei entwickelt, iſt urſpruͤnglich ein und dieſelbe: der ſogenannte
Nauplius. Dieſer merkwuͤrdige Urkrebs iſt eine ſehr einfache gegliederte
Thierform, welche ſich zunaͤchſt an die Raͤderthiere anſchließt und aus
aͤhnlichen Gliedwuͤrmern wahrſcheinlich ihren Urſprung genommen hat.
Aus der gemeinſamen Larvenform des Nauplius entwickeln ſich als
divergente Zweige nach verſchiedenen Richtungen hin die ſechs Ord-
nungen der niederen Krebſe, welche in der nachſtehenden ſyſtema-
tiſchen Ueberſicht des Arthropodenſtammes als Gliederkrebſe
(Entomostraca) zuſammengefaßt ſind. Auch die hoͤhere Abtheilung
der Panzerkrebſe (Malacostraca) hat aus der gemeinſamen Nau-
pliusform ihren Urſprung genommen. Jedoch hat ſich hier der Nau-
plius zunaͤchſt in eine andere Larvenform, die ſogenante Zoëa, umge-
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[423/0448] Krebſe (Cariden) oder Kruſtenthiere (Cruſtaceen). venſyſtems, das ſogenannte Bauchmark, welches vorn mit einem den Mund umgebenden Schlundring beginnt. Auch aus anderen Thatſa- chen geht hervor, daß die Arthropoden ſich jedenfalls aus Gliedwuͤrmern erſt ſpaͤter entwickelt haben. Wahrſcheinlich ſind die Raͤderthiere und demnaͤchſt die Ringelwuͤrmer ihre naͤchſten Blutsverwandten im Wuͤr- merſtamme (Gen. Morph. II., Taf. V., S. LXXXV — CII). Der Stammbaum der Arthropoden laͤßt ſich aus der Palaͤon- tologie, vergleichenden Anatomie und Ontogenie ſeiner vier Klaſſen in ſeinen Grundzuͤgen vortrefflich erkennen, obwohl auch hier, wie uͤberall, im Einzelnen noch ſehr Vieles dunkel bleibt. Die Wur- zel des ganzen Phylum bildet die Klaſſe der Kiemenkerfe oder Krebſe (Carides), wegen ihrer harten kruſtenartigen Koͤrperbe- deckung auch Kruſtenthiere (Crustacea) genannt. Die Ontogenie oder die individuelle Entwickelungsgeſchichte der Krebſe iſt außeror- dentlich intereſſant, und verraͤth uns, ebenſo wie bei den Wirbelthieren, deutlich die weſentlichen Grundzuͤge ihrer Stammesgeſchichte oder Phylogenie. Fritz Muͤller hat in ſeiner ausgezeichneten, bereits angefuͤhrten Schrift „Fuͤr Darwin“ 16) dieſes merkwuͤrdige Verhaͤlt- niß vortrefflich erlaͤutert. Die gemeinſchaftliche Stammform aller Krebſe, welche ſich bei den meiſten noch heutzutage zunaͤchſt aus dem Ei entwickelt, iſt urſpruͤnglich ein und dieſelbe: der ſogenannte Nauplius. Dieſer merkwuͤrdige Urkrebs iſt eine ſehr einfache gegliederte Thierform, welche ſich zunaͤchſt an die Raͤderthiere anſchließt und aus aͤhnlichen Gliedwuͤrmern wahrſcheinlich ihren Urſprung genommen hat. Aus der gemeinſamen Larvenform des Nauplius entwickeln ſich als divergente Zweige nach verſchiedenen Richtungen hin die ſechs Ord- nungen der niederen Krebſe, welche in der nachſtehenden ſyſtema- tiſchen Ueberſicht des Arthropodenſtammes als Gliederkrebſe (Entomostraca) zuſammengefaßt ſind. Auch die hoͤhere Abtheilung der Panzerkrebſe (Malacostraca) hat aus der gemeinſamen Nau- pliusform ihren Urſprung genommen. Jedoch hat ſich hier der Nau- plius zunaͤchſt in eine andere Larvenform, die ſogenante Zoëa, umge- wandelt, welche eine außerordentliche Bedeutung beſitzt. Dieſe ſelt-

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/448>, abgerufen am 24.11.2024.