Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.Genealogische Bedeutung der sechs thierischen Typen. der Körpertheile, welches den Typus bestimmt, so constant, bei allenGliedern jedes Typus so übereinstimmend, daß man dieselben eben wegen dieser inneren Formverwandtschaft im natürlichen System in einer einzigen Hauptgruppe vereinigen muß. Daraus folgt aber un- mittelbar, daß diese Vereinigung auch im Stammbaum des Thierreichs stattfinden muß. Denn die wahre Ursache jener innigen Formver- wandtschaft kann nur die wirkliche Blutsverwandtschaft sein. Wir können also ohne Weiteres den wichtigen Satz aufstellen, daß alle Thiere welche zu einem und demselben Kreis oder Typus gehören, von einer und derselben ursprünglichen Stammform abstammen müs- sen. Mit anderen Worten, der Begriff des Kreises oder Typus, wie er in der Zoologie seit Bär und Cuvier für die wenigen ober- sten Hauptgruppen oder "Unterreiche" des Thierreichs gebräuchlich ist, fällt zusammen mit dem Begriffe des Stammes oder Phylum, wie ihn die Descendenztheorie für die Gesammtheit derjenigen Or- ganismen anwendet, welche ohne Zweifel blutsverwandt sind, und eine gemeinsame Wurzel besitzen. Die übereinstimmenden Zeugnisse der vergleichenden Anatomie, Genealogiſche Bedeutung der ſechs thieriſchen Typen. der Koͤrpertheile, welches den Typus beſtimmt, ſo conſtant, bei allenGliedern jedes Typus ſo uͤbereinſtimmend, daß man dieſelben eben wegen dieſer inneren Formverwandtſchaft im natuͤrlichen Syſtem in einer einzigen Hauptgruppe vereinigen muß. Daraus folgt aber un- mittelbar, daß dieſe Vereinigung auch im Stammbaum des Thierreichs ſtattfinden muß. Denn die wahre Urſache jener innigen Formver- wandtſchaft kann nur die wirkliche Blutsverwandtſchaft ſein. Wir koͤnnen alſo ohne Weiteres den wichtigen Satz aufſtellen, daß alle Thiere welche zu einem und demſelben Kreis oder Typus gehoͤren, von einer und derſelben urſpruͤnglichen Stammform abſtammen muͤſ- ſen. Mit anderen Worten, der Begriff des Kreiſes oder Typus, wie er in der Zoologie ſeit Baͤr und Cuvier fuͤr die wenigen ober- ſten Hauptgruppen oder „Unterreiche“ des Thierreichs gebraͤuchlich iſt, faͤllt zuſammen mit dem Begriffe des Stammes oder Phylum, wie ihn die Deſcendenztheorie fuͤr die Geſammtheit derjenigen Or- ganismen anwendet, welche ohne Zweifel blutsverwandt ſind, und eine gemeinſame Wurzel beſitzen. Die uͤbereinſtimmenden Zeugniſſe der vergleichenden Anatomie, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0413" n="388"/><fw place="top" type="header">Genealogiſche Bedeutung der ſechs thieriſchen Typen.</fw><lb/> der Koͤrpertheile, welches den Typus beſtimmt, ſo conſtant, bei allen<lb/> Gliedern jedes Typus ſo uͤbereinſtimmend, daß man dieſelben eben<lb/> wegen dieſer inneren Formverwandtſchaft im natuͤrlichen Syſtem in<lb/> einer einzigen Hauptgruppe vereinigen muß. Daraus folgt aber un-<lb/> mittelbar, daß dieſe Vereinigung auch im Stammbaum des Thierreichs<lb/> ſtattfinden muß. Denn die wahre Urſache jener innigen Formver-<lb/> wandtſchaft kann nur die wirkliche Blutsverwandtſchaft ſein. Wir<lb/> koͤnnen alſo ohne Weiteres den wichtigen Satz aufſtellen, daß alle<lb/> Thiere welche zu einem und demſelben Kreis oder Typus gehoͤren,<lb/> von einer und derſelben urſpruͤnglichen Stammform abſtammen muͤſ-<lb/> ſen. 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Genealogiſche Bedeutung der ſechs thieriſchen Typen.
der Koͤrpertheile, welches den Typus beſtimmt, ſo conſtant, bei allen
Gliedern jedes Typus ſo uͤbereinſtimmend, daß man dieſelben eben
wegen dieſer inneren Formverwandtſchaft im natuͤrlichen Syſtem in
einer einzigen Hauptgruppe vereinigen muß. Daraus folgt aber un-
mittelbar, daß dieſe Vereinigung auch im Stammbaum des Thierreichs
ſtattfinden muß. Denn die wahre Urſache jener innigen Formver-
wandtſchaft kann nur die wirkliche Blutsverwandtſchaft ſein. Wir
koͤnnen alſo ohne Weiteres den wichtigen Satz aufſtellen, daß alle
Thiere welche zu einem und demſelben Kreis oder Typus gehoͤren,
von einer und derſelben urſpruͤnglichen Stammform abſtammen muͤſ-
ſen. Mit anderen Worten, der Begriff des Kreiſes oder Typus,
wie er in der Zoologie ſeit Baͤr und Cuvier fuͤr die wenigen ober-
ſten Hauptgruppen oder „Unterreiche“ des Thierreichs gebraͤuchlich iſt,
faͤllt zuſammen mit dem Begriffe des Stammes oder Phylum,
wie ihn die Deſcendenztheorie fuͤr die Geſammtheit derjenigen Or-
ganismen anwendet, welche ohne Zweifel blutsverwandt ſind,
und eine gemeinſame Wurzel beſitzen.
Die uͤbereinſtimmenden Zeugniſſe der vergleichenden Anatomie,
Embryologie und Palaͤontologie begruͤnden dieſe Blutsverwandtſchaft
aller Angehoͤrigen eines jeden Typus ſo ſicher, daß ſchon jetzt daruͤber
kaum ein Zweifel herrſchen kann. Wenigſtens gilt dies faſt ohne Wi-
derſpruch von den fuͤnf Staͤmmen der Wirbelthiere, Gliedfuͤßer, Weich-
thiere, Sternthiere und Pflanzenthiere. Zweifelhafter iſt dies bei den
Wuͤrmern, deren Kreis auch in ſeiner heutigen Zuſammenſetzung im-
mer noch ein buntes Gemiſch von ſehr verſchiedenartigen Thieren dar-
ſtellt, welche weſentlich nur in negativen Merkmalen, in der tiefen
Stufe ihrer Organiſation und in dem indifferenten Charakter ihres
Baues uͤbereinſtimmen. Noch heute iſt ebenſo wie zu Zeiten Linné’s
die Wuͤrmerklaſſe die allgemeine Rumpelkammer der Zoologie, in
welche die Syſtematiker alle Thiere hineinwerfen, die ſie in keinem an-
deren Typus oder Phylum mit Sicherheit unterbringen koͤnnen. Dieſes
ſeltſame Verhaͤltniß hat aber ſeinen guten Grund, und zwar darin,
daß wir mit groͤßter Wahrſcheinlichkeit den Wuͤrmerſtamm (in ſei-
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