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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Die sechs thierischen Typen der neueren Zoologie.
unterscheiden. Während nämlich bei den Weichthieren, Gliederthie-
ren und Wirbelthieren der Körper aus zwei symmetrisch-gleichen Seiten-
hälften besteht, aus zwei Gegenstücken oder Antimeren, von denen
das eine das Spiegelbild des anderen darstellt, so ist dagegen bei den
sogenannten Strahlthieren der Körper aus mehr als zwei, gewöhnlich
vier, fünf oder sechs Gegenstücken zusammengesetzt, welche wie bei
einer Blume um eine gemeinsame Hauptaxe gruppirt sind. So auf-
fallend dieser Unterschied zunächst auch erscheint, so ist er doch im
Grunde nur von höchst untergeordneter Bedeutung.

Die Aufstellung dieser natürlichen Hauptgruppen, Typen oder
Kreise des Thierreichs, durch Bär und Cuvier war der größte
Fortschritt in der Klassification der Thiere seit Linne. Die drei Grup-
pen der Wirbelthiere, Gliederthiere und Weichthiere sind so naturge-
mäß, daß sie noch heutzutage fast allgemein beibehalten werden. Da-
gegen mußte die unnatürliche Vereinigung der Strahlthiere bei ge-
nauerer Erkenntniß alsbald aufgelöst werden, und dieser wichtige Fort-
schritt wurde 1848 durch Leuckart gethan. Er wies zuerst nach,
daß darunter zwei grundverschiedene Typen vermischt seien, nämlich
einerseits die Sternthiere (Echinoderma): die Seesterne, Seelilien,
Seeigel und Seewalzen; andrerseits die Pflanzenthiere (Coe-
lenterata):
die Schwämme, Korallen, Schirmquallen und Kammqual-
len. Gleichzeitig wurden durch Siebold die Jnfusionsthierchen oder
Jnfusorien mit den Wurzelfüßern oder Rhizopoden in einer besonderen
Hauptabtheilung des Thierreichs als Urthiere (Protozoa) ver-
einigt. Dadurch stieg die Zahl der thierischen Typen oder Kreise auf
sechs. Endlich wurde dieselbe noch dadurch um einen siebenten Typus
vermehrt, daß die meisten neueren Zoologen die Hauptabtheilung der
Gliederthiere oder Articulaten in zwei Gruppen trennten, einerseits
die mit gegliederten Beinen versehenen Gliedfüßer (Arthropoda),
welche den Jnsecten im Sinne Linne's entsprechen, nämlich die
eigentlichen (sechsbeinigen) Jnsecten, die Tausendfüße, Spinnen und
Krebse; andrerseits die fußlosen oder mit ungegliederten Füßen verse-
henen Würmer (Vermes). Diese letzteren umfassen nur die eigent-

Die ſechs thieriſchen Typen der neueren Zoologie.
unterſcheiden. Waͤhrend naͤmlich bei den Weichthieren, Gliederthie-
ren und Wirbelthieren der Koͤrper aus zwei ſymmetriſch-gleichen Seiten-
haͤlften beſteht, aus zwei Gegenſtuͤcken oder Antimeren, von denen
das eine das Spiegelbild des anderen darſtellt, ſo iſt dagegen bei den
ſogenannten Strahlthieren der Koͤrper aus mehr als zwei, gewoͤhnlich
vier, fuͤnf oder ſechs Gegenſtuͤcken zuſammengeſetzt, welche wie bei
einer Blume um eine gemeinſame Hauptaxe gruppirt ſind. So auf-
fallend dieſer Unterſchied zunaͤchſt auch erſcheint, ſo iſt er doch im
Grunde nur von hoͤchſt untergeordneter Bedeutung.

Die Aufſtellung dieſer natuͤrlichen Hauptgruppen, Typen oder
Kreiſe des Thierreichs, durch Baͤr und Cuvier war der groͤßte
Fortſchritt in der Klaſſification der Thiere ſeit Linné. Die drei Grup-
pen der Wirbelthiere, Gliederthiere und Weichthiere ſind ſo naturge-
maͤß, daß ſie noch heutzutage faſt allgemein beibehalten werden. Da-
gegen mußte die unnatuͤrliche Vereinigung der Strahlthiere bei ge-
nauerer Erkenntniß alsbald aufgeloͤſt werden, und dieſer wichtige Fort-
ſchritt wurde 1848 durch Leuckart gethan. Er wies zuerſt nach,
daß darunter zwei grundverſchiedene Typen vermiſcht ſeien, naͤmlich
einerſeits die Sternthiere (Echinoderma): die Seeſterne, Seelilien,
Seeigel und Seewalzen; andrerſeits die Pflanzenthiere (Coe-
lenterata):
die Schwaͤmme, Korallen, Schirmquallen und Kammqual-
len. Gleichzeitig wurden durch Siebold die Jnfuſionsthierchen oder
Jnfuſorien mit den Wurzelfuͤßern oder Rhizopoden in einer beſonderen
Hauptabtheilung des Thierreichs als Urthiere (Protozoa) ver-
einigt. Dadurch ſtieg die Zahl der thieriſchen Typen oder Kreiſe auf
ſechs. Endlich wurde dieſelbe noch dadurch um einen ſiebenten Typus
vermehrt, daß die meiſten neueren Zoologen die Hauptabtheilung der
Gliederthiere oder Articulaten in zwei Gruppen trennten, einerſeits
die mit gegliederten Beinen verſehenen Gliedfuͤßer (Arthropoda),
welche den Jnſecten im Sinne Linné’s entſprechen, naͤmlich die
eigentlichen (ſechsbeinigen) Jnſecten, die Tauſendfuͤße, Spinnen und
Krebſe; andrerſeits die fußloſen oder mit ungegliederten Fuͤßen verſe-
henen Wuͤrmer (Vermes). Dieſe letzteren umfaſſen nur die eigent-

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[386/0411] Die ſechs thieriſchen Typen der neueren Zoologie. unterſcheiden. Waͤhrend naͤmlich bei den Weichthieren, Gliederthie- ren und Wirbelthieren der Koͤrper aus zwei ſymmetriſch-gleichen Seiten- haͤlften beſteht, aus zwei Gegenſtuͤcken oder Antimeren, von denen das eine das Spiegelbild des anderen darſtellt, ſo iſt dagegen bei den ſogenannten Strahlthieren der Koͤrper aus mehr als zwei, gewoͤhnlich vier, fuͤnf oder ſechs Gegenſtuͤcken zuſammengeſetzt, welche wie bei einer Blume um eine gemeinſame Hauptaxe gruppirt ſind. So auf- fallend dieſer Unterſchied zunaͤchſt auch erſcheint, ſo iſt er doch im Grunde nur von hoͤchſt untergeordneter Bedeutung. Die Aufſtellung dieſer natuͤrlichen Hauptgruppen, Typen oder Kreiſe des Thierreichs, durch Baͤr und Cuvier war der groͤßte Fortſchritt in der Klaſſification der Thiere ſeit Linné. Die drei Grup- pen der Wirbelthiere, Gliederthiere und Weichthiere ſind ſo naturge- maͤß, daß ſie noch heutzutage faſt allgemein beibehalten werden. Da- gegen mußte die unnatuͤrliche Vereinigung der Strahlthiere bei ge- nauerer Erkenntniß alsbald aufgeloͤſt werden, und dieſer wichtige Fort- ſchritt wurde 1848 durch Leuckart gethan. Er wies zuerſt nach, daß darunter zwei grundverſchiedene Typen vermiſcht ſeien, naͤmlich einerſeits die Sternthiere (Echinoderma): die Seeſterne, Seelilien, Seeigel und Seewalzen; andrerſeits die Pflanzenthiere (Coe- lenterata): die Schwaͤmme, Korallen, Schirmquallen und Kammqual- len. Gleichzeitig wurden durch Siebold die Jnfuſionsthierchen oder Jnfuſorien mit den Wurzelfuͤßern oder Rhizopoden in einer beſonderen Hauptabtheilung des Thierreichs als Urthiere (Protozoa) ver- einigt. Dadurch ſtieg die Zahl der thieriſchen Typen oder Kreiſe auf ſechs. Endlich wurde dieſelbe noch dadurch um einen ſiebenten Typus vermehrt, daß die meiſten neueren Zoologen die Hauptabtheilung der Gliederthiere oder Articulaten in zwei Gruppen trennten, einerſeits die mit gegliederten Beinen verſehenen Gliedfuͤßer (Arthropoda), welche den Jnſecten im Sinne Linné’s entſprechen, naͤmlich die eigentlichen (ſechsbeinigen) Jnſecten, die Tauſendfuͤße, Spinnen und Krebſe; andrerſeits die fußloſen oder mit ungegliederten Fuͤßen verſe- henen Wuͤrmer (Vermes). Dieſe letzteren umfaſſen nur die eigent-

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/411>, abgerufen am 22.11.2024.