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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Schuppenfarne oder Leipdophyten.
sten Wasserfarne sind von zarter Beschaffenheit und deshalb wenig zur
Versteinerung geeignet. Daher mag es wohl rühren, daß ihre fossilen
Reste so selten sind, und daß die ältesten derselben, die wir kennen, im
Jura gefunden wurden. Wahrscheinlich ist aber die Klasse viel älter
und hat sich bereits während der paläolithischen Zeit aus anderen
Farnen durch Anpassung an das Wasserleben entwickelt.

Die vierte und letzte Farnklasse bilden die Schuppenfarne
(Lepidophyta oder Selagines). Sie entwickeln sich höher als alle
übrigen Farne und bilden bereits den Uebergang zu den Blumen-
pflanzen, die sich aus ihnen zunächst hervorgebildet haben. Nächst
den Wedelfarnen waren sie am meisten an der Zusammensetzung der
paläolithischen Farnwälder betheiligt. Auch diese Klasse enthält,
gleichwie die Klasse der Schaftfarne, drei nahe verwandte, aber doch
mehrfach verschiedene Ordnungen, von denen nur noch eine am Le-
ben, die beiden anderen aber bereits gegen Ende der Steinkohlenzeit
ausgestorben sind. Die heute noch lebenden Schuppenfarne gehören
zur Ordnung der Bärlappe (Lycopodiaceae). Es sind meistens
kleine und zierliche, mosähnliche Pflänzchen, deren zarter, in vielen
Windungen schlangenartig auf dem Boden kriechender und vielver-
ästelter Stengel dicht von schuppenähnlichen und sich deckenden Blätt-
chen eingehüllt ist. Die zierlichen Lycopodium-Ranken unserer
Wälder, welche die Gebirgsreisenden um ihre Hüte winden, werden
Jhnen Allen bekannt sein, ebenso die noch zartere Selaginella, welche
als sogenanntes "Rankenmos" den Boden unserer Gewächshäuser
als dichter Teppich ziert. Die größten Bärlappe der Gegenwart le-
ben auf den Sundainseln und erheben sich dort zu Stämmen von
einem halben Fuß Dicke und 25 Fuß Höhe. Aber in der Primärzeit
und Secundärzeit waren noch größere Bäume dieser Art weit ver-
breitet, von denen die ältesten wahrscheinlich zu den Stammeltern der
Nadelhölzer gehören (Lycopodites). Die mächtigste Entwickelung er-
reichte jedoch die Klasse der Schuppenfarne während der Primärzeit
nicht in den Bärlappbäumen, sondern in den beiden Ordnungen der
Schuppenbäume (Lepidodendreae) und der Siegelbäume

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Schuppenfarne oder Leipdophyten.
ſten Waſſerfarne ſind von zarter Beſchaffenheit und deshalb wenig zur
Verſteinerung geeignet. Daher mag es wohl ruͤhren, daß ihre foſſilen
Reſte ſo ſelten ſind, und daß die aͤlteſten derſelben, die wir kennen, im
Jura gefunden wurden. Wahrſcheinlich iſt aber die Klaſſe viel aͤlter
und hat ſich bereits waͤhrend der palaͤolithiſchen Zeit aus anderen
Farnen durch Anpaſſung an das Waſſerleben entwickelt.

Die vierte und letzte Farnklaſſe bilden die Schuppenfarne
(Lepidophyta oder Selagines). Sie entwickeln ſich hoͤher als alle
uͤbrigen Farne und bilden bereits den Uebergang zu den Blumen-
pflanzen, die ſich aus ihnen zunaͤchſt hervorgebildet haben. Naͤchſt
den Wedelfarnen waren ſie am meiſten an der Zuſammenſetzung der
palaͤolithiſchen Farnwaͤlder betheiligt. Auch dieſe Klaſſe enthaͤlt,
gleichwie die Klaſſe der Schaftfarne, drei nahe verwandte, aber doch
mehrfach verſchiedene Ordnungen, von denen nur noch eine am Le-
ben, die beiden anderen aber bereits gegen Ende der Steinkohlenzeit
ausgeſtorben ſind. Die heute noch lebenden Schuppenfarne gehoͤren
zur Ordnung der Baͤrlappe (Lycopodiaceae). Es ſind meiſtens
kleine und zierliche, mosaͤhnliche Pflaͤnzchen, deren zarter, in vielen
Windungen ſchlangenartig auf dem Boden kriechender und vielver-
aͤſtelter Stengel dicht von ſchuppenaͤhnlichen und ſich deckenden Blaͤtt-
chen eingehuͤllt iſt. Die zierlichen Lycopodium-Ranken unſerer
Waͤlder, welche die Gebirgsreiſenden um ihre Huͤte winden, werden
Jhnen Allen bekannt ſein, ebenſo die noch zartere Selaginella, welche
als ſogenanntes „Rankenmos“ den Boden unſerer Gewaͤchshaͤuſer
als dichter Teppich ziert. Die groͤßten Baͤrlappe der Gegenwart le-
ben auf den Sundainſeln und erheben ſich dort zu Staͤmmen von
einem halben Fuß Dicke und 25 Fuß Hoͤhe. Aber in der Primaͤrzeit
und Secundaͤrzeit waren noch groͤßere Baͤume dieſer Art weit ver-
breitet, von denen die aͤlteſten wahrſcheinlich zu den Stammeltern der
Nadelhoͤlzer gehoͤren (Lycopodites). Die maͤchtigſte Entwickelung er-
reichte jedoch die Klaſſe der Schuppenfarne waͤhrend der Primaͤrzeit
nicht in den Baͤrlappbaͤumen, ſondern in den beiden Ordnungen der
Schuppenbaͤume (Lepidodendreae) und der Siegelbaͤume

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[371/0396] Schuppenfarne oder Leipdophyten. ſten Waſſerfarne ſind von zarter Beſchaffenheit und deshalb wenig zur Verſteinerung geeignet. Daher mag es wohl ruͤhren, daß ihre foſſilen Reſte ſo ſelten ſind, und daß die aͤlteſten derſelben, die wir kennen, im Jura gefunden wurden. Wahrſcheinlich iſt aber die Klaſſe viel aͤlter und hat ſich bereits waͤhrend der palaͤolithiſchen Zeit aus anderen Farnen durch Anpaſſung an das Waſſerleben entwickelt. Die vierte und letzte Farnklaſſe bilden die Schuppenfarne (Lepidophyta oder Selagines). Sie entwickeln ſich hoͤher als alle uͤbrigen Farne und bilden bereits den Uebergang zu den Blumen- pflanzen, die ſich aus ihnen zunaͤchſt hervorgebildet haben. Naͤchſt den Wedelfarnen waren ſie am meiſten an der Zuſammenſetzung der palaͤolithiſchen Farnwaͤlder betheiligt. Auch dieſe Klaſſe enthaͤlt, gleichwie die Klaſſe der Schaftfarne, drei nahe verwandte, aber doch mehrfach verſchiedene Ordnungen, von denen nur noch eine am Le- ben, die beiden anderen aber bereits gegen Ende der Steinkohlenzeit ausgeſtorben ſind. Die heute noch lebenden Schuppenfarne gehoͤren zur Ordnung der Baͤrlappe (Lycopodiaceae). Es ſind meiſtens kleine und zierliche, mosaͤhnliche Pflaͤnzchen, deren zarter, in vielen Windungen ſchlangenartig auf dem Boden kriechender und vielver- aͤſtelter Stengel dicht von ſchuppenaͤhnlichen und ſich deckenden Blaͤtt- chen eingehuͤllt iſt. Die zierlichen Lycopodium-Ranken unſerer Waͤlder, welche die Gebirgsreiſenden um ihre Huͤte winden, werden Jhnen Allen bekannt ſein, ebenſo die noch zartere Selaginella, welche als ſogenanntes „Rankenmos“ den Boden unſerer Gewaͤchshaͤuſer als dichter Teppich ziert. Die groͤßten Baͤrlappe der Gegenwart le- ben auf den Sundainſeln und erheben ſich dort zu Staͤmmen von einem halben Fuß Dicke und 25 Fuß Hoͤhe. Aber in der Primaͤrzeit und Secundaͤrzeit waren noch groͤßere Baͤume dieſer Art weit ver- breitet, von denen die aͤlteſten wahrſcheinlich zu den Stammeltern der Nadelhoͤlzer gehoͤren (Lycopodites). Die maͤchtigſte Entwickelung er- reichte jedoch die Klaſſe der Schuppenfarne waͤhrend der Primaͤrzeit nicht in den Baͤrlappbaͤumen, ſondern in den beiden Ordnungen der Schuppenbaͤume (Lepidodendreae) und der Siegelbaͤume 24 *

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/396>, abgerufen am 23.11.2024.