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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Amoeboiden oder Protoplasten.
in einem früheren Vortrage Jhnen geschildert habe (S. 145). Viele
von diesen formlosen Amoeben sind neuerdings als jugendliche Ent-
wickelungszustände von anderen Protisten (namentlich den Myxomy-
ceten) oder als abgelöste Zellen von niederen Thieren und Pflanzen
[Abbildung] Fig. 13.

Fortpflanzung eines einzelligen Organismus, einer Amoeba, durch
Selbsttheilung. A. Die eingekapselte Amoeba, eine einfache kugelige Zelle, bestehend
aus einem Protoplasmaklumpen (b), welcher einen Kern (a) einschließt, und von
einer Zellhaut oder Kapsel umgeben ist. B. Die freie Amoeba, welche die Cyste
oder Zellhaut gesprengt und verlassen hat. C. Dieselbe beginnt sich zu theilen, in-
dem ihr Kern in zwei Kerne zerfällt und der Zellstoff zwischen beiden sich ein-
schnürt. D. Die Theilung ist vollendet, indem auch der Zellstoff vollständig in
zwei Hälften zerfallen ist (Da und Db).

erkannt worden. Die farblosen Blutzellen der Thiere z. B., auch die
im menschlichen Blute, sind von Amoeben nicht zu unterscheiden,
und können gleich diesen feste Körperchen in ihr Jnneres aufnehmen,
wie ich zuerst durch Fütterung derselben mit feinzertheilten Farbstoffen
nachgewiesen habe (Gen. Morph. I, 271). Andere Amoeben dagegen
(wie die in Fig. 13 abgebildeten) scheinen selbstständige "gute Arten
oder Species" zu sein, indem sie sich viele Generationen hindurch un-
verändert fortpflanzen. Außer den eigentlichen oder nackten Amoe-
ben (Gymnamoebae) finden wir weitverbreitet, besonders im süßen
Wasser, auch beschalte Amoeben (Lepamoebae), deren nackter
Plasmaleib theilweis durch eine mehr oder weniger feste Schale
(Arcella) oder selbst ein aus Steinchen zusammengeklebtes Gehäuse
(Difflugia) geschützt ist. Endlich finden wir im Leibe von vielen nie-
deren Thieren vielfach schmarotzende Amoeben vor (Gregarinae),
welche durch Anpassung an das Schmarotzerleben ihren ganzen
Plasmakörper mit einer vollständig geschlossenen Haut umhüllt haben.

Amoeboiden oder Protoplaſten.
in einem fruͤheren Vortrage Jhnen geſchildert habe (S. 145). Viele
von dieſen formloſen Amoeben ſind neuerdings als jugendliche Ent-
wickelungszuſtaͤnde von anderen Protiſten (namentlich den Myxomy-
ceten) oder als abgeloͤſte Zellen von niederen Thieren und Pflanzen
[Abbildung] Fig. 13.

Fortpflanzung eines einzelligen Organismus, einer Amoeba, durch
Selbſttheilung. A. Die eingekapſelte Amoeba, eine einfache kugelige Zelle, beſtehend
aus einem Protoplasmaklumpen (b), welcher einen Kern (a) einſchließt, und von
einer Zellhaut oder Kapſel umgeben iſt. B. Die freie Amoeba, welche die Cyſte
oder Zellhaut geſprengt und verlaſſen hat. C. Dieſelbe beginnt ſich zu theilen, in-
dem ihr Kern in zwei Kerne zerfaͤllt und der Zellſtoff zwiſchen beiden ſich ein-
ſchnuͤrt. D. Die Theilung iſt vollendet, indem auch der Zellſtoff vollſtaͤndig in
zwei Haͤlften zerfallen iſt (Da und Db).

erkannt worden. Die farbloſen Blutzellen der Thiere z. B., auch die
im menſchlichen Blute, ſind von Amoeben nicht zu unterſcheiden,
und koͤnnen gleich dieſen feſte Koͤrperchen in ihr Jnneres aufnehmen,
wie ich zuerſt durch Fuͤtterung derſelben mit feinzertheilten Farbſtoffen
nachgewieſen habe (Gen. Morph. I, 271). Andere Amoeben dagegen
(wie die in Fig. 13 abgebildeten) ſcheinen ſelbſtſtaͤndige „gute Arten
oder Species“ zu ſein, indem ſie ſich viele Generationen hindurch un-
veraͤndert fortpflanzen. Außer den eigentlichen oder nackten Amoe-
ben (Gymnamoebae) finden wir weitverbreitet, beſonders im ſuͤßen
Waſſer, auch beſchalte Amoeben (Lepamoebae), deren nackter
Plasmaleib theilweis durch eine mehr oder weniger feſte Schale
(Arcella) oder ſelbſt ein aus Steinchen zuſammengeklebtes Gehaͤuſe
(Difflugia) geſchuͤtzt iſt. Endlich finden wir im Leibe von vielen nie-
deren Thieren vielfach ſchmarotzende Amoeben vor (Gregarinae),
welche durch Anpaſſung an das Schmarotzerleben ihren ganzen
Plasmakoͤrper mit einer vollſtaͤndig geſchloſſenen Haut umhuͤllt haben.

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[331/0356] Amoeboiden oder Protoplaſten. in einem fruͤheren Vortrage Jhnen geſchildert habe (S. 145). Viele von dieſen formloſen Amoeben ſind neuerdings als jugendliche Ent- wickelungszuſtaͤnde von anderen Protiſten (namentlich den Myxomy- ceten) oder als abgeloͤſte Zellen von niederen Thieren und Pflanzen [Abbildung Fig. 13. Fortpflanzung eines einzelligen Organismus, einer Amoeba, durch Selbſttheilung. A. Die eingekapſelte Amoeba, eine einfache kugelige Zelle, beſtehend aus einem Protoplasmaklumpen (b), welcher einen Kern (a) einſchließt, und von einer Zellhaut oder Kapſel umgeben iſt. B. Die freie Amoeba, welche die Cyſte oder Zellhaut geſprengt und verlaſſen hat. C. Dieſelbe beginnt ſich zu theilen, in- dem ihr Kern in zwei Kerne zerfaͤllt und der Zellſtoff zwiſchen beiden ſich ein- ſchnuͤrt. D. Die Theilung iſt vollendet, indem auch der Zellſtoff vollſtaͤndig in zwei Haͤlften zerfallen iſt (Da und Db).] erkannt worden. Die farbloſen Blutzellen der Thiere z. B., auch die im menſchlichen Blute, ſind von Amoeben nicht zu unterſcheiden, und koͤnnen gleich dieſen feſte Koͤrperchen in ihr Jnneres aufnehmen, wie ich zuerſt durch Fuͤtterung derſelben mit feinzertheilten Farbſtoffen nachgewieſen habe (Gen. Morph. I, 271). Andere Amoeben dagegen (wie die in Fig. 13 abgebildeten) ſcheinen ſelbſtſtaͤndige „gute Arten oder Species“ zu ſein, indem ſie ſich viele Generationen hindurch un- veraͤndert fortpflanzen. Außer den eigentlichen oder nackten Amoe- ben (Gymnamoebae) finden wir weitverbreitet, beſonders im ſuͤßen Waſſer, auch beſchalte Amoeben (Lepamoebae), deren nackter Plasmaleib theilweis durch eine mehr oder weniger feſte Schale (Arcella) oder ſelbſt ein aus Steinchen zuſammengeklebtes Gehaͤuſe (Difflugia) geſchuͤtzt iſt. Endlich finden wir im Leibe von vielen nie- deren Thieren vielfach ſchmarotzende Amoeben vor (Gregarinae), welche durch Anpaſſung an das Schmarotzerleben ihren ganzen Plasmakoͤrper mit einer vollſtaͤndig geſchloſſenen Haut umhuͤllt haben.

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/356>, abgerufen am 24.07.2024.