Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.Quartärzeit oder Zeitalter der Culturwälder. von nun an die Klasse der Säugethiere bei weitem alle übrigen.Ebenso herrscht in der Pflanzenwelt die formenreiche Gruppe der Deck- samenpflanzen oder Angiospermen vor, deren Laubhölzer die charakteristischen Laubwälder der Tertiärzeit bildeten. Die Ab- theilung der Angiospermen besteht aus den beiden Klassen der Ein- keimblättrigen oder Monocotyledonen und der Zweikeimblättrigen oder Dicotyledonen. Zwar hatten sich Angiospermen aus beiden Klassen schon in der Kreidezeit gezeigt, und Säugethiere treten schon in der Jurazeit oder selbst in dem jüngsten Abschnitt der Triaszeit auf. Allein beide Gruppen, Säugethiere und Decksamenpflanzen, erreichen ihre eigentliche Entwickelung und Oberherrschaft erst in der Tertiärzeit, so daß man diese mit vollem Rechte danach benennen kann. Den fünften und letzten Hauptabschnitt der organischen Erdgeschichte Quartaͤrzeit oder Zeitalter der Culturwaͤlder. von nun an die Klaſſe der Saͤugethiere bei weitem alle uͤbrigen.Ebenſo herrſcht in der Pflanzenwelt die formenreiche Gruppe der Deck- ſamenpflanzen oder Angioſpermen vor, deren Laubhoͤlzer die charakteriſtiſchen Laubwaͤlder der Tertiaͤrzeit bildeten. Die Ab- theilung der Angioſpermen beſteht aus den beiden Klaſſen der Ein- keimblaͤttrigen oder Monocotyledonen und der Zweikeimblaͤttrigen oder Dicotyledonen. Zwar hatten ſich Angioſpermen aus beiden Klaſſen ſchon in der Kreidezeit gezeigt, und Saͤugethiere treten ſchon in der Jurazeit oder ſelbſt in dem juͤngſten Abſchnitt der Triaszeit auf. Allein beide Gruppen, Saͤugethiere und Deckſamenpflanzen, erreichen ihre eigentliche Entwickelung und Oberherrſchaft erſt in der Tertiaͤrzeit, ſo daß man dieſe mit vollem Rechte danach benennen kann. Den fuͤnften und letzten Hauptabſchnitt der organiſchen Erdgeſchichte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0325" n="300"/><fw place="top" type="header">Quartaͤrzeit oder Zeitalter der Culturwaͤlder.</fw><lb/> von nun an die Klaſſe der <hi rendition="#g">Saͤugethiere</hi> bei weitem alle uͤbrigen.<lb/> Ebenſo herrſcht in der Pflanzenwelt die formenreiche Gruppe der <hi rendition="#g">Deck-<lb/> ſamenpflanzen oder Angioſpermen</hi> vor, deren Laubhoͤlzer<lb/> die charakteriſtiſchen <hi rendition="#g">Laubwaͤlder</hi> der Tertiaͤrzeit bildeten. Die Ab-<lb/> theilung der Angioſpermen beſteht aus den beiden Klaſſen der Ein-<lb/> keimblaͤttrigen oder <hi rendition="#g">Monocotyledonen</hi> und der Zweikeimblaͤttrigen<lb/> oder <hi rendition="#g">Dicotyledonen.</hi> Zwar hatten ſich Angioſpermen aus beiden<lb/> Klaſſen ſchon in der Kreidezeit gezeigt, und Saͤugethiere treten ſchon<lb/> in der Jurazeit oder ſelbſt in dem juͤngſten Abſchnitt der Triaszeit auf.<lb/> Allein beide Gruppen, Saͤugethiere und Deckſamenpflanzen, erreichen<lb/> ihre eigentliche Entwickelung und Oberherrſchaft erſt in der Tertiaͤrzeit,<lb/> ſo daß man dieſe mit vollem Rechte danach benennen kann.</p><lb/> <p>Den fuͤnften und letzten Hauptabſchnitt der organiſchen Erdgeſchichte<lb/> bildet die <hi rendition="#g">Quartaͤrzeit</hi> oder <hi rendition="#g">Culturzeit,</hi> derjenige, gegen die<lb/> Laͤnge der vier uͤbrigen Zeitalter verſchwindend kurze Zeitraum, den<lb/> wir gewoͤhnlich in komiſcher Selbſtuͤberhebung die „<hi rendition="#g">Weltgeſchichte</hi>“<lb/> zu nennen pflegen. Da die Ausbildung des <hi rendition="#g">Menſchen</hi> und ſeiner<lb/><hi rendition="#g">Cultur,</hi> welche maͤchtiger als alle fruͤheren Vorgaͤnge auf die orga-<lb/> niſche Welt umgeſtaltend einwirkte, dieſes Zeitalter charakteriſirt, ſo<lb/> koͤnnte man daſſelbe auch die <hi rendition="#g">Menſchenzeit,</hi> das anthropolithiſche<lb/> oder anthropozoiſche Zeitalter nennen. Es koͤnnte auch das <hi rendition="#g">Zeital-<lb/> ter der Culturwaͤlder</hi> oder der Gaͤrten heißen, weil ſelbſt auf den<lb/> niedrigeren Stufen der menſchlichen Cultur ihr umgeſtaltender Einfluß<lb/> ſich bereits in der Benutzung der Waͤlder und ihrer Erzeugniſſe, und<lb/> ſomit auch in der Phyſiognomie der Landſchaft bemerkbar macht.<lb/> Geologiſch koͤnnen wir den Beginn dieſes Zeitalters, welches bis zur<lb/> Gegenwart reicht, durch das Ende der pliocenen Schichtenablagerung<lb/> bezeichnen. Die neptuniſchen Schichten, welche waͤhrend des verhaͤlt-<lb/> nißmaͤßig kurzen quartaͤren Zeitraums abgelagert wurden, ſind an den<lb/> verſchiedenen Stellen der Erde von ſehr verſchiedener, meiſt aber von<lb/> ſehr geringer Dicke. Man bringt dieſelben in zwei verſchiedene Sy-<lb/> ſteme, von denen man das aͤltere als <hi rendition="#g">diluvial</hi> oder <hi rendition="#g">pleiſtocen,</hi> das<lb/> neuere als <hi rendition="#g">alluvial</hi> oder <hi rendition="#g">recent</hi> bezeichnet.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [300/0325]
Quartaͤrzeit oder Zeitalter der Culturwaͤlder.
von nun an die Klaſſe der Saͤugethiere bei weitem alle uͤbrigen.
Ebenſo herrſcht in der Pflanzenwelt die formenreiche Gruppe der Deck-
ſamenpflanzen oder Angioſpermen vor, deren Laubhoͤlzer
die charakteriſtiſchen Laubwaͤlder der Tertiaͤrzeit bildeten. Die Ab-
theilung der Angioſpermen beſteht aus den beiden Klaſſen der Ein-
keimblaͤttrigen oder Monocotyledonen und der Zweikeimblaͤttrigen
oder Dicotyledonen. Zwar hatten ſich Angioſpermen aus beiden
Klaſſen ſchon in der Kreidezeit gezeigt, und Saͤugethiere treten ſchon
in der Jurazeit oder ſelbſt in dem juͤngſten Abſchnitt der Triaszeit auf.
Allein beide Gruppen, Saͤugethiere und Deckſamenpflanzen, erreichen
ihre eigentliche Entwickelung und Oberherrſchaft erſt in der Tertiaͤrzeit,
ſo daß man dieſe mit vollem Rechte danach benennen kann.
Den fuͤnften und letzten Hauptabſchnitt der organiſchen Erdgeſchichte
bildet die Quartaͤrzeit oder Culturzeit, derjenige, gegen die
Laͤnge der vier uͤbrigen Zeitalter verſchwindend kurze Zeitraum, den
wir gewoͤhnlich in komiſcher Selbſtuͤberhebung die „Weltgeſchichte“
zu nennen pflegen. Da die Ausbildung des Menſchen und ſeiner
Cultur, welche maͤchtiger als alle fruͤheren Vorgaͤnge auf die orga-
niſche Welt umgeſtaltend einwirkte, dieſes Zeitalter charakteriſirt, ſo
koͤnnte man daſſelbe auch die Menſchenzeit, das anthropolithiſche
oder anthropozoiſche Zeitalter nennen. Es koͤnnte auch das Zeital-
ter der Culturwaͤlder oder der Gaͤrten heißen, weil ſelbſt auf den
niedrigeren Stufen der menſchlichen Cultur ihr umgeſtaltender Einfluß
ſich bereits in der Benutzung der Waͤlder und ihrer Erzeugniſſe, und
ſomit auch in der Phyſiognomie der Landſchaft bemerkbar macht.
Geologiſch koͤnnen wir den Beginn dieſes Zeitalters, welches bis zur
Gegenwart reicht, durch das Ende der pliocenen Schichtenablagerung
bezeichnen. Die neptuniſchen Schichten, welche waͤhrend des verhaͤlt-
nißmaͤßig kurzen quartaͤren Zeitraums abgelagert wurden, ſind an den
verſchiedenen Stellen der Erde von ſehr verſchiedener, meiſt aber von
ſehr geringer Dicke. Man bringt dieſelben in zwei verſchiedene Sy-
ſteme, von denen man das aͤltere als diluvial oder pleiſtocen, das
neuere als alluvial oder recent bezeichnet.
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