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Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876.

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vor Allem den Charakter der periodischen Massen-
Bewegung, der verzweigten Wellen-Bewegung betonen,
den der biogenetische Process unstreitig besitzt. Als
hypothetisches Element bleibt dann in der Theorie eigent¬
lich nur noch die Summe von Eigenschaften übrig, welche
wir den Plastidulen oder den Plasson Molekülen zuschreiben.
Wir betrachten diese "Lebenstheilchen" als die wahren
activen Factoren des Lebens-Processes und schreiben ihnen
ausser den Eigenschaften, die allen aus Atomen zusammen¬
gesetzten Massentheilchen oder Molekülen zukommen, eine
besondere Eigenschaft zu, welche sie als vitale Moleküle
vor den anderen auszeichnet. Diese Eigenschaft, die recht
eigentlich den lebendigen Organismus von dem nicht leben¬
digen Anorgane unterscheidet, ist die Fähigkeit des Ge¬
dächtnisses oder der Reproduction. Ohne diese Hypothese
scheinen uns die mannichfaltigen Phänomene der Zeugung
und Entwickelung überhaupt nicht verständlich zu sein.
Wie befriedigend sich die Annahme eines solchen unbe¬
wussten Plastidul-Gedächtnisses begründen lässt, das hat
Ewald Hering in der mehrfach hervorgehobenen Schrift
einleuchtend gezeigt. Hingegen ist es mir bei eingehendem
Nachdenken nicht möglich gewesen, irgend einen haltbaren
Grund gegen diese Hypothese aufzufinden. Demnach be¬
trachte ich das Gedächtniss oder die Reproductionskraft
der Plastiden als eine Function des Plasson, welche un¬
mittelbar durch die atomistische Zusammensetzung der
Plastidule bedingt ist.

Von diesem Gesichtspunkte aus dürfen wir vielleicht
die Perigenesis als eine "mechanische Theorie" im weiteren
Sinne bezeichnen, oder wenigstens als eine Hypothese,

vor Allem den Charakter der periodischen Massen-
Bewegung, der verzweigten Wellen-Bewegung betonen,
den der biogenetische Process unstreitig besitzt. Als
hypothetisches Element bleibt dann in der Theorie eigent¬
lich nur noch die Summe von Eigenschaften übrig, welche
wir den Plastidulen oder den Plasson Molekülen zuschreiben.
Wir betrachten diese „Lebenstheilchen“ als die wahren
activen Factoren des Lebens-Processes und schreiben ihnen
ausser den Eigenschaften, die allen aus Atomen zusammen¬
gesetzten Massentheilchen oder Molekülen zukommen, eine
besondere Eigenschaft zu, welche sie als vitale Moleküle
vor den anderen auszeichnet. Diese Eigenschaft, die recht
eigentlich den lebendigen Organismus von dem nicht leben¬
digen Anorgane unterscheidet, ist die Fähigkeit des Ge¬
dächtnisses oder der Reproduction. Ohne diese Hypothese
scheinen uns die mannichfaltigen Phänomene der Zeugung
und Entwickelung überhaupt nicht verständlich zu sein.
Wie befriedigend sich die Annahme eines solchen unbe¬
wussten Plastidul-Gedächtnisses begründen lässt, das hat
Ewald Hering in der mehrfach hervorgehobenen Schrift
einleuchtend gezeigt. Hingegen ist es mir bei eingehendem
Nachdenken nicht möglich gewesen, irgend einen haltbaren
Grund gegen diese Hypothese aufzufinden. Demnach be¬
trachte ich das Gedächtniss oder die Reproductionskraft
der Plastiden als eine Function des Plasson, welche un¬
mittelbar durch die atomistische Zusammensetzung der
Plastidule bedingt ist.

Von diesem Gesichtspunkte aus dürfen wir vielleicht
die Perigenesis als eine „mechanische Theorie“ im weiteren
Sinne bezeichnen, oder wenigstens als eine Hypothese,

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[77/0083] vor Allem den Charakter der periodischen Massen- Bewegung, der verzweigten Wellen-Bewegung betonen, den der biogenetische Process unstreitig besitzt. Als hypothetisches Element bleibt dann in der Theorie eigent¬ lich nur noch die Summe von Eigenschaften übrig, welche wir den Plastidulen oder den Plasson Molekülen zuschreiben. Wir betrachten diese „Lebenstheilchen“ als die wahren activen Factoren des Lebens-Processes und schreiben ihnen ausser den Eigenschaften, die allen aus Atomen zusammen¬ gesetzten Massentheilchen oder Molekülen zukommen, eine besondere Eigenschaft zu, welche sie als vitale Moleküle vor den anderen auszeichnet. Diese Eigenschaft, die recht eigentlich den lebendigen Organismus von dem nicht leben¬ digen Anorgane unterscheidet, ist die Fähigkeit des Ge¬ dächtnisses oder der Reproduction. Ohne diese Hypothese scheinen uns die mannichfaltigen Phänomene der Zeugung und Entwickelung überhaupt nicht verständlich zu sein. Wie befriedigend sich die Annahme eines solchen unbe¬ wussten Plastidul-Gedächtnisses begründen lässt, das hat Ewald Hering in der mehrfach hervorgehobenen Schrift einleuchtend gezeigt. Hingegen ist es mir bei eingehendem Nachdenken nicht möglich gewesen, irgend einen haltbaren Grund gegen diese Hypothese aufzufinden. Demnach be¬ trachte ich das Gedächtniss oder die Reproductionskraft der Plastiden als eine Function des Plasson, welche un¬ mittelbar durch die atomistische Zusammensetzung der Plastidule bedingt ist. Von diesem Gesichtspunkte aus dürfen wir vielleicht die Perigenesis als eine „mechanische Theorie“ im weiteren Sinne bezeichnen, oder wenigstens als eine Hypothese,

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876/83>, abgerufen am 04.05.2024.