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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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IV. Grundformen der Metameren.
gleichdreiseitige Pyramiden; die einzige Ausnahme bildet das dorsale
und das ventrale Antimer bei den radialen Eutetrapleuren (z. B. die
Blüthen von Reseda, Betula, Scabiosa), welche beide gleichschenkelige
Pyramiden sind. Bei der eudipleuren Grundform, der wichtigsten von
allen Promorphen, besitzt jede der beiden symmetrisch-gleichen Kör-
perhälften die dysdipleure Grundform. Es ist also auch bei allen
Centrepipeden die Grundform der Antimeren (und ebenso der Para-
meren) entweder die gleichschenkelige Pyramide (Eudipleuren-Form)
oder die ungleichdreiseitige Pyramide (Dysdipleuren-Form).

Wir erhalten somit das wichtige promorphologische Gesetz, dass
die allgemeine stereometrische Grundform aller Antimeren ohne Aus-
nahme (und ebenso aller Parameren) eine einfache Pyramide ist, und
zwar allermeist die dreiseitige (Dipleuren-Form), selten (nur bei eini-
gen Centrostigmen) die vielseitige Pyramide. Gewöhnlich ist die drei-
seitige Pyramide ungleichseitig (dysdipleure), seltener gleichschenkelig
(eudipleure Grundform); im ersteren Falle ist ihre Basis ein ungleich-
seitiges, im letzteren ein gleichschenkeliges Dreieck.

Niemals kann demnach ein Paramer oder ein Antimer fol-
gende Grundformen besitzen: 1. Anaxonie (Amorphe). 2. Homaxonie
(Kugel). 3. Polyaxonie (endosphaerisches Polyeder). 4. Monaxonie
(mit einer einzigen Axe). 5. Homopole Stauraxonie (Doppelpyramide).

IV. Grundformen der Metameren.
Promorphen der morphologischen Individuen vierter Ordnung.

Die Metameren oder Folgestücke zeigen ein ziemlich verschiede-
nes morphologisches Verhalten, je nachdem sie als actuelle Bionten
sich isolirt entwickeln oder aber nur als morphologische Individuen
vierter Ordnung subordinirte Theile einer Person bilden. Im ersteren
Falle ist ihre Formen-Mannichfaltigkeit sehr gross, im letzteren mehr
beschränkt.

Wenn die Metameren als actuelle Bionten auftreten, wie es bei
allen höheren Mollusken, den niederen Würmern (Trematoden, Nema-
toden, Gephyreen, Infusorien), sehr vielen Protisten und vielen Crypto-
gamen der Fall ist, so können dieselben, je nach der Zahl und Ver-
bindung der constituirenden Antimeren, entweder (wie bei allen ge-
nannten Thiergruppen) vorwiegend die Eudipleuren-Form annehmen,
oder aber zu den verschiedensten Grundformen sich ausbilden, wie es
z. B. bei vielen Protisten (Radiolarien) der Fall ist. Ausgeschlossen
sind hier nur (schon wegen der nothwendigen Zusammensetzung des
Metamers aus zwei oder mehreren Antimeren) die Anaxonien, Homa-
xonien und Monaxonien. In allen Fällen muss die Grundform der
Metameren zu den Heteraxonien gehören, und unter diesen ist nur die

IV. Grundformen der Metameren.
gleichdreiseitige Pyramiden; die einzige Ausnahme bildet das dorsale
und das ventrale Antimer bei den radialen Eutetrapleuren (z. B. die
Blüthen von Reseda, Betula, Scabiosa), welche beide gleichschenkelige
Pyramiden sind. Bei der eudipleuren Grundform, der wichtigsten von
allen Promorphen, besitzt jede der beiden symmetrisch-gleichen Kör-
perhälften die dysdipleure Grundform. Es ist also auch bei allen
Centrepipeden die Grundform der Antimeren (und ebenso der Para-
meren) entweder die gleichschenkelige Pyramide (Eudipleuren-Form)
oder die ungleichdreiseitige Pyramide (Dysdipleuren-Form).

Wir erhalten somit das wichtige promorphologische Gesetz, dass
die allgemeine stereometrische Grundform aller Antimeren ohne Aus-
nahme (und ebenso aller Parameren) eine einfache Pyramide ist, und
zwar allermeist die dreiseitige (Dipleuren-Form), selten (nur bei eini-
gen Centrostigmen) die vielseitige Pyramide. Gewöhnlich ist die drei-
seitige Pyramide ungleichseitig (dysdipleure), seltener gleichschenkelig
(eudipleure Grundform); im ersteren Falle ist ihre Basis ein ungleich-
seitiges, im letzteren ein gleichschenkeliges Dreieck.

Niemals kann demnach ein Paramer oder ein Antimer fol-
gende Grundformen besitzen: 1. Anaxonie (Amorphe). 2. Homaxonie
(Kugel). 3. Polyaxonie (endosphaerisches Polyeder). 4. Monaxonie
(mit einer einzigen Axe). 5. Homopole Stauraxonie (Doppelpyramide).

IV. Grundformen der Metameren.
Promorphen der morphologischen Individuen vierter Ordnung.

Die Metameren oder Folgestücke zeigen ein ziemlich verschiede-
nes morphologisches Verhalten, je nachdem sie als actuelle Bionten
sich isolirt entwickeln oder aber nur als morphologische Individuen
vierter Ordnung subordinirte Theile einer Person bilden. Im ersteren
Falle ist ihre Formen-Mannichfaltigkeit sehr gross, im letzteren mehr
beschränkt.

Wenn die Metameren als actuelle Bionten auftreten, wie es bei
allen höheren Mollusken, den niederen Würmern (Trematoden, Nema-
toden, Gephyreen, Infusorien), sehr vielen Protisten und vielen Crypto-
gamen der Fall ist, so können dieselben, je nach der Zahl und Ver-
bindung der constituirenden Antimeren, entweder (wie bei allen ge-
nannten Thiergruppen) vorwiegend die Eudipleuren-Form annehmen,
oder aber zu den verschiedensten Grundformen sich ausbilden, wie es
z. B. bei vielen Protisten (Radiolarien) der Fall ist. Ausgeschlossen
sind hier nur (schon wegen der nothwendigen Zusammensetzung des
Metamers aus zwei oder mehreren Antimeren) die Anaxonien, Homa-
xonien und Monaxonien. In allen Fällen muss die Grundform der
Metameren zu den Heteraxonien gehören, und unter diesen ist nur die

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[535/0574] IV. Grundformen der Metameren. gleichdreiseitige Pyramiden; die einzige Ausnahme bildet das dorsale und das ventrale Antimer bei den radialen Eutetrapleuren (z. B. die Blüthen von Reseda, Betula, Scabiosa), welche beide gleichschenkelige Pyramiden sind. Bei der eudipleuren Grundform, der wichtigsten von allen Promorphen, besitzt jede der beiden symmetrisch-gleichen Kör- perhälften die dysdipleure Grundform. Es ist also auch bei allen Centrepipeden die Grundform der Antimeren (und ebenso der Para- meren) entweder die gleichschenkelige Pyramide (Eudipleuren-Form) oder die ungleichdreiseitige Pyramide (Dysdipleuren-Form). Wir erhalten somit das wichtige promorphologische Gesetz, dass die allgemeine stereometrische Grundform aller Antimeren ohne Aus- nahme (und ebenso aller Parameren) eine einfache Pyramide ist, und zwar allermeist die dreiseitige (Dipleuren-Form), selten (nur bei eini- gen Centrostigmen) die vielseitige Pyramide. Gewöhnlich ist die drei- seitige Pyramide ungleichseitig (dysdipleure), seltener gleichschenkelig (eudipleure Grundform); im ersteren Falle ist ihre Basis ein ungleich- seitiges, im letzteren ein gleichschenkeliges Dreieck. Niemals kann demnach ein Paramer oder ein Antimer fol- gende Grundformen besitzen: 1. Anaxonie (Amorphe). 2. Homaxonie (Kugel). 3. Polyaxonie (endosphaerisches Polyeder). 4. Monaxonie (mit einer einzigen Axe). 5. Homopole Stauraxonie (Doppelpyramide). IV. Grundformen der Metameren. Promorphen der morphologischen Individuen vierter Ordnung. Die Metameren oder Folgestücke zeigen ein ziemlich verschiede- nes morphologisches Verhalten, je nachdem sie als actuelle Bionten sich isolirt entwickeln oder aber nur als morphologische Individuen vierter Ordnung subordinirte Theile einer Person bilden. Im ersteren Falle ist ihre Formen-Mannichfaltigkeit sehr gross, im letzteren mehr beschränkt. Wenn die Metameren als actuelle Bionten auftreten, wie es bei allen höheren Mollusken, den niederen Würmern (Trematoden, Nema- toden, Gephyreen, Infusorien), sehr vielen Protisten und vielen Crypto- gamen der Fall ist, so können dieselben, je nach der Zahl und Ver- bindung der constituirenden Antimeren, entweder (wie bei allen ge- nannten Thiergruppen) vorwiegend die Eudipleuren-Form annehmen, oder aber zu den verschiedensten Grundformen sich ausbilden, wie es z. B. bei vielen Protisten (Radiolarien) der Fall ist. Ausgeschlossen sind hier nur (schon wegen der nothwendigen Zusammensetzung des Metamers aus zwei oder mehreren Antimeren) die Anaxonien, Homa- xonien und Monaxonien. In allen Fällen muss die Grundform der Metameren zu den Heteraxonien gehören, und unter diesen ist nur die

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/574>, abgerufen am 26.06.2024.