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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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System der organischen Grundformen.
Dritte Art der isopolen Homostauren:
Achtstrahler. Octactinota.
Stereometrische Grundform: Achtseitige reguläre Pyramide.
Realer Typus: Alcyonium (oder Mimusops).

Die Grundform der isopolen Homostauren mit acht Antimeren
ist weit häufiger und constanter, als die Decactinoten-Form und ist
namentlich als die gemeinsame Grundform aller Alcyonarien oder
octactinien Polypen von Wichtigkeit. Diese formenreiche, von Bronn
als Monocyclia octactinia bezeichnete Ordnung der Anthozoen,
welche aus den drei grossen Familien der Alcyoniden, Gorgoniden
und Pennatuliden zusammengesetzt ist, hat stets acht vollkommen
gleiche Tentakeln, welche den Mund in einem einfachen regelmässigen
Kreise umgeben, und acht denselben entsprechende Kammern der
perigastrischen Höhle, welche durch acht gleiche und gleichweit von
einander entfernte Septa getrennt sind. Hier ist also die Octactinoten-
Form ganz rein überall ausgeprägt und nicht auf die Tetractinoten-
Form zurückführbar. Alle acht Antimeren werden als solche getrennt
angelegt, und sind von Anfang an einander gleichwerthig. Dasselbe
gilt auch von einigen wenigen Medusen aus der Aeginiden-Familie,
z. B. Aeginela hemisphaerica, Cunina discoidalis, auch von einigen
Seesternen mit variabler Antimeren-Zahl, unter denen achtstrahlige
Exemplare nicht selten sind, so von Asteriscus australis, Solaster
endeca
(acht bis zehn) und Asteracanthion tenuispinus (sechs bis acht
Strahlen). Dagegen lassen sich zahlreiche Hydromedusen, die auf
den ersten Blick aus acht Antimeren zusammengesetzt zu sein
scheinen, auf die Grundform der Tetractinoten zurückführen und durch
Duplication einzelner Organkreise aus diesen ableiten. Es geht dies
schon daraus hervor, dass hier je zwei anstossende Antimeren nur
symmetrisch-gleich und nur je zwei alternirende congruent sind, wäh-
rend bei den echten Octactinoten alle 8 Antimeren vollkommen con-
gruent sein müssen. Diese Bemerkung gilt auch von den meisten,
wenn nicht von allen phanerogamen Blüthen, die durch die Achtzahl
der Staubfäden (Octandria) zu den Octactinoten zu gehören scheinen.
Die meisten derselben lassen als ursprüngliche Grundzahl vier oder
fünf nachweisen. Nur Chlora unter den Gentianeen, Mimusops unter
den Sapotaceen, und einige wenige Andere dürften wirklich aus acht
Antimeren zusammengesetzt sein. Bei den meisten regulären Blüthen
mit acht Staubfäden sind nur vier Blumenblätter und vier Kelchblät-
ter vorhanden, ursprünglich also offenbar nur vier Antimeren. Die
scheinbaren acht Antimeren, durch den doppelten Antherenkreis an-
gedeutet, sind in der That nur Parameren, von denen je zwei ein
Antimer bilden.

System der organischen Grundformen.
Dritte Art der isopolen Homostauren:
Achtstrahler. Octactinota.
Stereometrische Grundform: Achtseitige reguläre Pyramide.
Realer Typus: Alcyonium (oder Mimusops).

Die Grundform der isopolen Homostauren mit acht Antimeren
ist weit häufiger und constanter, als die Decactinoten-Form und ist
namentlich als die gemeinsame Grundform aller Alcyonarien oder
octactinien Polypen von Wichtigkeit. Diese formenreiche, von Bronn
als Monocyclia octactinia bezeichnete Ordnung der Anthozoen,
welche aus den drei grossen Familien der Alcyoniden, Gorgoniden
und Pennatuliden zusammengesetzt ist, hat stets acht vollkommen
gleiche Tentakeln, welche den Mund in einem einfachen regelmässigen
Kreise umgeben, und acht denselben entsprechende Kammern der
perigastrischen Höhle, welche durch acht gleiche und gleichweit von
einander entfernte Septa getrennt sind. Hier ist also die Octactinoten-
Form ganz rein überall ausgeprägt und nicht auf die Tetractinoten-
Form zurückführbar. Alle acht Antimeren werden als solche getrennt
angelegt, und sind von Anfang an einander gleichwerthig. Dasselbe
gilt auch von einigen wenigen Medusen aus der Aeginiden-Familie,
z. B. Aeginela hemisphaerica, Cunina discoidalis, auch von einigen
Seesternen mit variabler Antimeren-Zahl, unter denen achtstrahlige
Exemplare nicht selten sind, so von Asteriscus australis, Solaster
endeca
(acht bis zehn) und Asteracanthion tenuispinus (sechs bis acht
Strahlen). Dagegen lassen sich zahlreiche Hydromedusen, die auf
den ersten Blick aus acht Antimeren zusammengesetzt zu sein
scheinen, auf die Grundform der Tetractinoten zurückführen und durch
Duplication einzelner Organkreise aus diesen ableiten. Es geht dies
schon daraus hervor, dass hier je zwei anstossende Antimeren nur
symmetrisch-gleich und nur je zwei alternirende congruent sind, wäh-
rend bei den echten Octactinoten alle 8 Antimeren vollkommen con-
gruent sein müssen. Diese Bemerkung gilt auch von den meisten,
wenn nicht von allen phanerogamen Blüthen, die durch die Achtzahl
der Staubfäden (Octandria) zu den Octactinoten zu gehören scheinen.
Die meisten derselben lassen als ursprüngliche Grundzahl vier oder
fünf nachweisen. Nur Chlora unter den Gentianeen, Mimusops unter
den Sapotaceen, und einige wenige Andere dürften wirklich aus acht
Antimeren zusammengesetzt sein. Bei den meisten regulären Blüthen
mit acht Staubfäden sind nur vier Blumenblätter und vier Kelchblät-
ter vorhanden, ursprünglich also offenbar nur vier Antimeren. Die
scheinbaren acht Antimeren, durch den doppelten Antherenkreis an-
gedeutet, sind in der That nur Parameren, von denen je zwei ein
Antimer bilden.

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[468/0507] System der organischen Grundformen. Dritte Art der isopolen Homostauren: Achtstrahler. Octactinota. Stereometrische Grundform: Achtseitige reguläre Pyramide. Realer Typus: Alcyonium (oder Mimusops). Die Grundform der isopolen Homostauren mit acht Antimeren ist weit häufiger und constanter, als die Decactinoten-Form und ist namentlich als die gemeinsame Grundform aller Alcyonarien oder octactinien Polypen von Wichtigkeit. Diese formenreiche, von Bronn als Monocyclia octactinia bezeichnete Ordnung der Anthozoen, welche aus den drei grossen Familien der Alcyoniden, Gorgoniden und Pennatuliden zusammengesetzt ist, hat stets acht vollkommen gleiche Tentakeln, welche den Mund in einem einfachen regelmässigen Kreise umgeben, und acht denselben entsprechende Kammern der perigastrischen Höhle, welche durch acht gleiche und gleichweit von einander entfernte Septa getrennt sind. Hier ist also die Octactinoten- Form ganz rein überall ausgeprägt und nicht auf die Tetractinoten- Form zurückführbar. Alle acht Antimeren werden als solche getrennt angelegt, und sind von Anfang an einander gleichwerthig. Dasselbe gilt auch von einigen wenigen Medusen aus der Aeginiden-Familie, z. B. Aeginela hemisphaerica, Cunina discoidalis, auch von einigen Seesternen mit variabler Antimeren-Zahl, unter denen achtstrahlige Exemplare nicht selten sind, so von Asteriscus australis, Solaster endeca (acht bis zehn) und Asteracanthion tenuispinus (sechs bis acht Strahlen). Dagegen lassen sich zahlreiche Hydromedusen, die auf den ersten Blick aus acht Antimeren zusammengesetzt zu sein scheinen, auf die Grundform der Tetractinoten zurückführen und durch Duplication einzelner Organkreise aus diesen ableiten. Es geht dies schon daraus hervor, dass hier je zwei anstossende Antimeren nur symmetrisch-gleich und nur je zwei alternirende congruent sind, wäh- rend bei den echten Octactinoten alle 8 Antimeren vollkommen con- gruent sein müssen. Diese Bemerkung gilt auch von den meisten, wenn nicht von allen phanerogamen Blüthen, die durch die Achtzahl der Staubfäden (Octandria) zu den Octactinoten zu gehören scheinen. Die meisten derselben lassen als ursprüngliche Grundzahl vier oder fünf nachweisen. Nur Chlora unter den Gentianeen, Mimusops unter den Sapotaceen, und einige wenige Andere dürften wirklich aus acht Antimeren zusammengesetzt sein. Bei den meisten regulären Blüthen mit acht Staubfäden sind nur vier Blumenblätter und vier Kelchblät- ter vorhanden, ursprünglich also offenbar nur vier Antimeren. Die scheinbaren acht Antimeren, durch den doppelten Antherenkreis an- gedeutet, sind in der That nur Parameren, von denen je zwei ein Antimer bilden.

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/507>, abgerufen am 10.06.2024.