Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.Thiere und Pflanzen. auch, dass diese höchst einfachen Anfänge aller organischen Individuenungleichartig sind, und dass äusserst geringe Differenzen in ihrer materiellen Zusammensetzung, in der Constitution ihrer Eiweiss-Ver- bindung genügen, um die folgenden Differenzen ihrer embryonalen Entwickelung zu bewirken. Denn sicher sind es nur äusserst geringe derartige Unterschiede, welche z. B. die erbliche Uebertragung der individuellen väterlichen Eigenschaften durch die minimale Eiweiss- Quantität des Zoosperms auf die Nachkommen vermitteln. Aber auch bei der sorgfältigsten Untersuchung sind wir nicht im Stande, mit unseren äusserst rohen Hülfsmitteln die unendlich feinen Differenzen wirklich zu erkennen, um deren Constatirung es sich hier handelt. Wir können also schon hieraus schliessen, dass es uns, selbst wenn wir die Moneren, aus denen die verschiedenen Stämme des Thier- und Pflanzen-Reiches entsprungen sind, neben einander vor uns hätten, ganz unmöglich sein würde, ihre primitiven Differenzen wahrzunehmen, und zu bestimmen, ob die einfachen Plasmaklumpen, welche den ver- schiedenen Stämmen des Thier- und Pflanzenreichs ihren Ursprung gegeben haben, ursprünglich gleich oder ungleich, ob sie alle autogon, oder ob sie bereits differenzirte, divergente Nachkommen einer einzigen autogonen Stammform gewesen sind. Im Ganzen scheint uns bei genauerer Erwägung diese Frage, III. Ursprung des Thier- und Pflanzen-Reiches. Die vorstehend berührte hypothetische Frage nach der ursprüng- Thiere und Pflanzen. auch, dass diese höchst einfachen Anfänge aller organischen Individuenungleichartig sind, und dass äusserst geringe Differenzen in ihrer materiellen Zusammensetzung, in der Constitution ihrer Eiweiss-Ver- bindung genügen, um die folgenden Differenzen ihrer embryonalen Entwickelung zu bewirken. Denn sicher sind es nur äusserst geringe derartige Unterschiede, welche z. B. die erbliche Uebertragung der individuellen väterlichen Eigenschaften durch die minimale Eiweiss- Quantität des Zoosperms auf die Nachkommen vermitteln. Aber auch bei der sorgfältigsten Untersuchung sind wir nicht im Stande, mit unseren äusserst rohen Hülfsmitteln die unendlich feinen Differenzen wirklich zu erkennen, um deren Constatirung es sich hier handelt. Wir können also schon hieraus schliessen, dass es uns, selbst wenn wir die Moneren, aus denen die verschiedenen Stämme des Thier- und Pflanzen-Reiches entsprungen sind, neben einander vor uns hätten, ganz unmöglich sein würde, ihre primitiven Differenzen wahrzunehmen, und zu bestimmen, ob die einfachen Plasmaklumpen, welche den ver- schiedenen Stämmen des Thier- und Pflanzenreichs ihren Ursprung gegeben haben, ursprünglich gleich oder ungleich, ob sie alle autogon, oder ob sie bereits differenzirte, divergente Nachkommen einer einzigen autogonen Stammform gewesen sind. Im Ganzen scheint uns bei genauerer Erwägung diese Frage, III. Ursprung des Thier- und Pflanzen-Reiches. 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Thiere und Pflanzen.
auch, dass diese höchst einfachen Anfänge aller organischen Individuen
ungleichartig sind, und dass äusserst geringe Differenzen in ihrer
materiellen Zusammensetzung, in der Constitution ihrer Eiweiss-Ver-
bindung genügen, um die folgenden Differenzen ihrer embryonalen
Entwickelung zu bewirken. Denn sicher sind es nur äusserst geringe
derartige Unterschiede, welche z. B. die erbliche Uebertragung der
individuellen väterlichen Eigenschaften durch die minimale Eiweiss-
Quantität des Zoosperms auf die Nachkommen vermitteln. Aber auch
bei der sorgfältigsten Untersuchung sind wir nicht im Stande, mit
unseren äusserst rohen Hülfsmitteln die unendlich feinen Differenzen
wirklich zu erkennen, um deren Constatirung es sich hier handelt.
Wir können also schon hieraus schliessen, dass es uns, selbst wenn
wir die Moneren, aus denen die verschiedenen Stämme des Thier-
und Pflanzen-Reiches entsprungen sind, neben einander vor uns hätten,
ganz unmöglich sein würde, ihre primitiven Differenzen wahrzunehmen,
und zu bestimmen, ob die einfachen Plasmaklumpen, welche den ver-
schiedenen Stämmen des Thier- und Pflanzenreichs ihren Ursprung
gegeben haben, ursprünglich gleich oder ungleich, ob sie alle autogon,
oder ob sie bereits differenzirte, divergente Nachkommen einer einzigen
autogonen Stammform gewesen sind.
Im Ganzen scheint uns bei genauerer Erwägung diese Frage,
welche wir nie sicher werden beantworten können, nicht von der
grossen Wichtigkeit zu sein, welche sie im ersten Augenblick bean-
spruchen möchte. Denn es ist unseres Erachtens für die wesentlichen
Grundanschauungen der organischen Entwickelung ziemlich gleichgültig,
ob in dem Urmeere zu der Zeit, als die erste Autogonie stattfand, an
differenten Localitäten zahlreiche ursprünglich verschiedene Moneren
oder aber viele gleichartige Moneren entstanden, welche sich erst
nachträglich (durch geringe Veränderungen in der atomistischen Zu-
sammensetzung des Eiweisses) differenzirten. Das Wichtigste ist und
bleibt für uns die hypothetische Vorstellung, dass alle Organismen ihren
ältesten Ursprung auf derartige einfachste, autogon entstandene Ur-
wesen, auf homogene, structurlose Moneren zurückzuführen haben.
III. Ursprung des Thier- und Pflanzen-Reiches.
Die vorstehend berührte hypothetische Frage nach der ursprüng-
lichen Zahl der autogonen Moneren, welche niemals mit Sicherheit zu
entscheiden sein wird, hat hier für uns nur insofern ein besonderes
Interesse, als man daraus Schlüsse könnte ziehen wollen auf die ur-
sprüngliche Differenz des Thier- und Pflanzenreichs. Es würde sich
hier vielleicht zunächst die Auffassung bieten, dass ursprünglich zwei
verschiedene Moneren-Arten durch Autogonie entstanden seien, von
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