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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Methodik der Morphologie der Organismen.
das erste und oberste aller Naturgesetze entgegen, welches die ge-
sammte Natur, lebendige wie leblose, mit absoluter Nothwendigkeit be-
herrscht. Dieses wichtigste Naturgesetz, in welchem unsere gesammte
Naturerkenntniss gipfelt, sagt zunächst aus, dass jede Wirkung ihre
bestimmte wirkende Ursache
(causa efficiens), sowie jede Ur-
sache ihre nothwendige Wirkung
(effectus) hat. Aus diesem
nothwendigen und unlösbaren Zusammenhange von Ursache und Wir-
kung, welcher die Grundlage unserer ganzen Erkenntniss, unserer ge-
sammten Verstandesthätigkeit ist, folgt dann weiter, dass verschiedene
Wirkungen auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden müssen,
sowie umgekehrt aus verschiedenen Ursachen stets verschiedene Wir-
kungen abzuleiten sind; und ebenso folgt daraus, dass gleiche Wir-
kungen den gleichen Ursachen zuzuschreiben sind, sowie auch umge-
kehrt gleiche Ursachen stets nothwendig gleiche Wirkungen haben
müssen.

Nach diesem ersten und höchsten aller Naturgesetze ist Alles, was
in der Natur existirt, entsteht und vergeht, das nothwendige Resultat
aus einer Anzahl vorhergehender Factoren, und dieses Resultat ist
selbst wieder ein Factor, der zur Hervorbringung anderer Resultate
mit absoluter Nothwendigkeit mitwirkt. Diese absolute Nothwendig-
keit des unmittelbaren Zusammenhanges von Ursache und Wirkung
beherrscht die gesammte Natur ohne Ausnahme, da ja die gesammte
Natur, lebendige und leblose, nichts Anderes ist, als ein Wechselspiel
von Kräften, welche der gegebenen Summe von Materie inhäriren.
Wenn man dem entgegen in der organischen Natur, in den belebten
Naturkörpern, eine Wirkung ohne Ursache, eine Kraft ohne Stoff an-
genommen hat, welche mithin dem Causalgesetz nicht unterworfen
wäre, so ist dieser Irrthum lediglich durch die weit grössere Compli-
cation der hier auftretenden Bewegungs-Erscheinungen hervorgerufen
worden, durch die weit grössere Anzahl der verschiedenen Factoren,
welche auf dem Lebensgebiete zur Hervorbringung jedes Resultats zu-
sammenwirken, und durch die weit zusammengesetztere Natur dieser
Factoren selbst. Da wir im zweiten und sechsten Buche auf dieses
Verhältniss noch näher zurückkommen müssen, so möge diese Bemer-
kung genügen, und die ausdrückliche Hinweisung auf die Thatsache,
dass in der ganzen Natur dieselben Kräfte wirksam sind, dass die or-
ganische Natur sich aus der anorganischen erst historisch entwickelt
hat, und dass nur eine gänzliche Verkennung dieses Umstandes und
die Uebertreibung des Unterschiedes der leblosen und belebten Natur-
körper zu den gänzlich unbegründeten teleologischen und vitalistischen
Dogmen hat verführen können. Alles was uns in der lebendigen Na-
tur als das vorbedachte Resultat einer freien zweckthätigen Ursache,
einer causa finalis erscheint, welche die physikalisch-chemischen

Methodik der Morphologie der Organismen.
das erste und oberste aller Naturgesetze entgegen, welches die ge-
sammte Natur, lebendige wie leblose, mit absoluter Nothwendigkeit be-
herrscht. Dieses wichtigste Naturgesetz, in welchem unsere gesammte
Naturerkenntniss gipfelt, sagt zunächst aus, dass jede Wirkung ihre
bestimmte wirkende Ursache
(causa efficiens), sowie jede Ur-
sache ihre nothwendige Wirkung
(effectus) hat. Aus diesem
nothwendigen und unlösbaren Zusammenhange von Ursache und Wir-
kung, welcher die Grundlage unserer ganzen Erkenntniss, unserer ge-
sammten Verstandesthätigkeit ist, folgt dann weiter, dass verschiedene
Wirkungen auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden müssen,
sowie umgekehrt aus verschiedenen Ursachen stets verschiedene Wir-
kungen abzuleiten sind; und ebenso folgt daraus, dass gleiche Wir-
kungen den gleichen Ursachen zuzuschreiben sind, sowie auch umge-
kehrt gleiche Ursachen stets nothwendig gleiche Wirkungen haben
müssen.

Nach diesem ersten und höchsten aller Naturgesetze ist Alles, was
in der Natur existirt, entsteht und vergeht, das nothwendige Resultat
aus einer Anzahl vorhergehender Factoren, und dieses Resultat ist
selbst wieder ein Factor, der zur Hervorbringung anderer Resultate
mit absoluter Nothwendigkeit mitwirkt. Diese absolute Nothwendig-
keit des unmittelbaren Zusammenhanges von Ursache und Wirkung
beherrscht die gesammte Natur ohne Ausnahme, da ja die gesammte
Natur, lebendige und leblose, nichts Anderes ist, als ein Wechselspiel
von Kräften, welche der gegebenen Summe von Materie inhäriren.
Wenn man dem entgegen in der organischen Natur, in den belebten
Naturkörpern, eine Wirkung ohne Ursache, eine Kraft ohne Stoff an-
genommen hat, welche mithin dem Causalgesetz nicht unterworfen
wäre, so ist dieser Irrthum lediglich durch die weit grössere Compli-
cation der hier auftretenden Bewegungs-Erscheinungen hervorgerufen
worden, durch die weit grössere Anzahl der verschiedenen Factoren,
welche auf dem Lebensgebiete zur Hervorbringung jedes Resultats zu-
sammenwirken, und durch die weit zusammengesetztere Natur dieser
Factoren selbst. Da wir im zweiten und sechsten Buche auf dieses
Verhältniss noch näher zurückkommen müssen, so möge diese Bemer-
kung genügen, und die ausdrückliche Hinweisung auf die Thatsache,
dass in der ganzen Natur dieselben Kräfte wirksam sind, dass die or-
ganische Natur sich aus der anorganischen erst historisch entwickelt
hat, und dass nur eine gänzliche Verkennung dieses Umstandes und
die Uebertreibung des Unterschiedes der leblosen und belebten Natur-
körper zu den gänzlich unbegründeten teleologischen und vitalistischen
Dogmen hat verführen können. Alles was uns in der lebendigen Na-
tur als das vorbedachte Resultat einer freien zweckthätigen Ursache,
einer causa finalis erscheint, welche die physikalisch-chemischen

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[98/0137] Methodik der Morphologie der Organismen. das erste und oberste aller Naturgesetze entgegen, welches die ge- sammte Natur, lebendige wie leblose, mit absoluter Nothwendigkeit be- herrscht. Dieses wichtigste Naturgesetz, in welchem unsere gesammte Naturerkenntniss gipfelt, sagt zunächst aus, dass jede Wirkung ihre bestimmte wirkende Ursache (causa efficiens), sowie jede Ur- sache ihre nothwendige Wirkung (effectus) hat. Aus diesem nothwendigen und unlösbaren Zusammenhange von Ursache und Wir- kung, welcher die Grundlage unserer ganzen Erkenntniss, unserer ge- sammten Verstandesthätigkeit ist, folgt dann weiter, dass verschiedene Wirkungen auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden müssen, sowie umgekehrt aus verschiedenen Ursachen stets verschiedene Wir- kungen abzuleiten sind; und ebenso folgt daraus, dass gleiche Wir- kungen den gleichen Ursachen zuzuschreiben sind, sowie auch umge- kehrt gleiche Ursachen stets nothwendig gleiche Wirkungen haben müssen. Nach diesem ersten und höchsten aller Naturgesetze ist Alles, was in der Natur existirt, entsteht und vergeht, das nothwendige Resultat aus einer Anzahl vorhergehender Factoren, und dieses Resultat ist selbst wieder ein Factor, der zur Hervorbringung anderer Resultate mit absoluter Nothwendigkeit mitwirkt. Diese absolute Nothwendig- keit des unmittelbaren Zusammenhanges von Ursache und Wirkung beherrscht die gesammte Natur ohne Ausnahme, da ja die gesammte Natur, lebendige und leblose, nichts Anderes ist, als ein Wechselspiel von Kräften, welche der gegebenen Summe von Materie inhäriren. Wenn man dem entgegen in der organischen Natur, in den belebten Naturkörpern, eine Wirkung ohne Ursache, eine Kraft ohne Stoff an- genommen hat, welche mithin dem Causalgesetz nicht unterworfen wäre, so ist dieser Irrthum lediglich durch die weit grössere Compli- cation der hier auftretenden Bewegungs-Erscheinungen hervorgerufen worden, durch die weit grössere Anzahl der verschiedenen Factoren, welche auf dem Lebensgebiete zur Hervorbringung jedes Resultats zu- sammenwirken, und durch die weit zusammengesetztere Natur dieser Factoren selbst. Da wir im zweiten und sechsten Buche auf dieses Verhältniss noch näher zurückkommen müssen, so möge diese Bemer- kung genügen, und die ausdrückliche Hinweisung auf die Thatsache, dass in der ganzen Natur dieselben Kräfte wirksam sind, dass die or- ganische Natur sich aus der anorganischen erst historisch entwickelt hat, und dass nur eine gänzliche Verkennung dieses Umstandes und die Uebertreibung des Unterschiedes der leblosen und belebten Natur- körper zu den gänzlich unbegründeten teleologischen und vitalistischen Dogmen hat verführen können. Alles was uns in der lebendigen Na- tur als das vorbedachte Resultat einer freien zweckthätigen Ursache, einer causa finalis erscheint, welche die physikalisch-chemischen

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/137>, abgerufen am 23.11.2024.