Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

und wedelte mit dem Schweife, als er über die Schwelle durch die geöffnete Hausthüre trat. Dann folgte er ihm langsam. Der Offizier schritt durch den Hausgang, und es zog ihn zu dem Zimmer am Ende des Gebäudes hin, vor dessen Fenster er damals in der Nacht gestanden. Er öffnete die Thür und trat hinein. Das Fenster nach der kleinen Anhöhe stand offen, und wie damals wiegte sich das Rebenlaub vor demselben, doch nicht vom milden Glanz des Mondes bestrahlt, sondern von dem grauen Licht eines nebeligen Morgens, und von den feuchten Blättern rieselten schwere Regentropfen herab. In dem Zimmer befanden sich zwei Kinder, eines von ungefähr sechs Jahren, welches beschäftigt war, verglimmende Kohlen auf dem Herde anzublasen. Das andere von vielleicht zwei Jahren saß daneben auf dem Boden in einem dünnen Kleidchen und hatte die kleinen Hände unter dasselbe gesteckt, um sie zu erwärmen. Das größere Kind war ein Knabe, das kleinere schien ein Mädchen zu sein -- ihr Mädchen. Es waren ganz ihre Züge, ganz ihre großen, glänzenden Augen. Teresina! sagte der junge Offizier, und das Kind am Boden drehte den Kopf herum und schaute ihn lächelnd an.

Die Sachen, die im Zimmer umher standen, sahen nicht ärmlich aus, doch lag Alles in größter Unordnung durcheinander. Es durchschauerte den jungen Offizier, er wußte selbst nicht, weßhalb. Der Knabe, -- es mußte der Cecco sein, den das Mädchen damals auf

und wedelte mit dem Schweife, als er über die Schwelle durch die geöffnete Hausthüre trat. Dann folgte er ihm langsam. Der Offizier schritt durch den Hausgang, und es zog ihn zu dem Zimmer am Ende des Gebäudes hin, vor dessen Fenster er damals in der Nacht gestanden. Er öffnete die Thür und trat hinein. Das Fenster nach der kleinen Anhöhe stand offen, und wie damals wiegte sich das Rebenlaub vor demselben, doch nicht vom milden Glanz des Mondes bestrahlt, sondern von dem grauen Licht eines nebeligen Morgens, und von den feuchten Blättern rieselten schwere Regentropfen herab. In dem Zimmer befanden sich zwei Kinder, eines von ungefähr sechs Jahren, welches beschäftigt war, verglimmende Kohlen auf dem Herde anzublasen. Das andere von vielleicht zwei Jahren saß daneben auf dem Boden in einem dünnen Kleidchen und hatte die kleinen Hände unter dasselbe gesteckt, um sie zu erwärmen. Das größere Kind war ein Knabe, das kleinere schien ein Mädchen zu sein — ihr Mädchen. Es waren ganz ihre Züge, ganz ihre großen, glänzenden Augen. Teresina! sagte der junge Offizier, und das Kind am Boden drehte den Kopf herum und schaute ihn lächelnd an.

Die Sachen, die im Zimmer umher standen, sahen nicht ärmlich aus, doch lag Alles in größter Unordnung durcheinander. Es durchschauerte den jungen Offizier, er wußte selbst nicht, weßhalb. Der Knabe, — es mußte der Cecco sein, den das Mädchen damals auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="2">
        <p><pb facs="#f0065"/>
und wedelte mit dem Schweife,      als er über die Schwelle durch die geöffnete Hausthüre trat. Dann folgte er ihm langsam. Der      Offizier schritt durch den Hausgang, und es zog ihn zu dem Zimmer am Ende des Gebäudes hin, vor      dessen Fenster er damals in der Nacht gestanden. Er öffnete die Thür und trat hinein. Das      Fenster nach der kleinen Anhöhe stand offen, und wie damals wiegte sich das Rebenlaub vor      demselben, doch nicht vom milden Glanz des Mondes bestrahlt, sondern von dem grauen Licht eines      nebeligen Morgens, und von den feuchten Blättern rieselten schwere Regentropfen herab. In dem      Zimmer befanden sich zwei Kinder, eines von ungefähr sechs Jahren, welches beschäftigt war,      verglimmende Kohlen auf dem Herde anzublasen. Das andere von vielleicht zwei Jahren saß daneben      auf dem Boden in einem dünnen Kleidchen und hatte die kleinen Hände unter dasselbe gesteckt, um      sie zu erwärmen. Das größere Kind war ein Knabe, das kleinere schien ein Mädchen zu sein &#x2014; ihr      Mädchen. Es waren ganz ihre Züge, ganz ihre großen, glänzenden Augen. Teresina! sagte der junge      Offizier, und das Kind am Boden drehte den Kopf herum und schaute ihn lächelnd an.</p><lb/>
        <p>Die Sachen, die im Zimmer umher standen, sahen nicht ärmlich aus, doch lag Alles in größter      Unordnung durcheinander. Es durchschauerte den jungen Offizier, er wußte selbst nicht, weßhalb.      Der Knabe, &#x2014; es mußte der Cecco sein, den das Mädchen damals auf<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0065] und wedelte mit dem Schweife, als er über die Schwelle durch die geöffnete Hausthüre trat. Dann folgte er ihm langsam. Der Offizier schritt durch den Hausgang, und es zog ihn zu dem Zimmer am Ende des Gebäudes hin, vor dessen Fenster er damals in der Nacht gestanden. Er öffnete die Thür und trat hinein. Das Fenster nach der kleinen Anhöhe stand offen, und wie damals wiegte sich das Rebenlaub vor demselben, doch nicht vom milden Glanz des Mondes bestrahlt, sondern von dem grauen Licht eines nebeligen Morgens, und von den feuchten Blättern rieselten schwere Regentropfen herab. In dem Zimmer befanden sich zwei Kinder, eines von ungefähr sechs Jahren, welches beschäftigt war, verglimmende Kohlen auf dem Herde anzublasen. Das andere von vielleicht zwei Jahren saß daneben auf dem Boden in einem dünnen Kleidchen und hatte die kleinen Hände unter dasselbe gesteckt, um sie zu erwärmen. Das größere Kind war ein Knabe, das kleinere schien ein Mädchen zu sein — ihr Mädchen. Es waren ganz ihre Züge, ganz ihre großen, glänzenden Augen. Teresina! sagte der junge Offizier, und das Kind am Boden drehte den Kopf herum und schaute ihn lächelnd an. Die Sachen, die im Zimmer umher standen, sahen nicht ärmlich aus, doch lag Alles in größter Unordnung durcheinander. Es durchschauerte den jungen Offizier, er wußte selbst nicht, weßhalb. Der Knabe, — es mußte der Cecco sein, den das Mädchen damals auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:37:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:37:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/65
Zitationshilfe: Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/65>, abgerufen am 05.05.2024.