Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.und die übrige europäische Politik sie nur unter dieser Bedingung anerkennen will, das ist die Veranlassung, die wahrscheinlich noch einmal genommen wird, um die Julirevolution zu berichtigen. Wer mehr erwartet, wird sich getäuscht finden; die Fürsten werden auf ihren Thronen bleiben; die Völker werden keinem der monarchischen Ordnung gewidmeten Gesetze den Gehorsam aufkündigen. Aber eine Berichtigung der Julirevolution läge nicht im Bereich der Unmöglichkeit; sie würde ihre Folgen haben, sie würde in ganz Europa das Gleichgewicht der materiellen und moralischen Jnteressen herstellen; sie würde das erzeugen, woran es noch an allen Orten gebricht, nämlich ein unbedingtes Vertrauen zwischen den Regierten und Regierenden; sie würde die Furcht vor der Revolution ausrotten, sie würde das schiefe Wesen, was in die Begegnung der wichtigsten Faktoren öffentlicher Zustände, z. B. des Staates und der Literatur gekommen ist, in gerade Richtung bringen. Sie würde machen, daß sich unsre öffentlichen Debatten von der geisttödtenden Einseitigkeit losrissen, mit welcher sie gegenwärtig geführt werden; sie würde das Parteienwesen untergraben, welches alle Verständigungen im Gebiete der Moral, Religion und Wissenschaft verhindert, und die Völker ermuthigen, sich noch durch andere und höhere Dinge einen behaglichen Frieden zu stiften, als durch die Beförderung materieller Jnteressen, bei welchen gar leicht Herz und Gemüt und die übrige europäische Politik sie nur unter dieser Bedingung anerkennen will, das ist die Veranlassung, die wahrscheinlich noch einmal genommen wird, um die Julirevolution zu berichtigen. Wer mehr erwartet, wird sich getäuscht finden; die Fürsten werden auf ihren Thronen bleiben; die Völker werden keinem der monarchischen Ordnung gewidmeten Gesetze den Gehorsam aufkündigen. Aber eine Berichtigung der Julirevolution läge nicht im Bereich der Unmöglichkeit; sie würde ihre Folgen haben, sie würde in ganz Europa das Gleichgewicht der materiellen und moralischen Jnteressen herstellen; sie würde das erzeugen, woran es noch an allen Orten gebricht, nämlich ein unbedingtes Vertrauen zwischen den Regierten und Regierenden; sie würde die Furcht vor der Revolution ausrotten, sie würde das schiefe Wesen, was in die Begegnung der wichtigsten Faktoren öffentlicher Zustände, z. B. des Staates und der Literatur gekommen ist, in gerade Richtung bringen. Sie würde machen, daß sich unsre öffentlichen Debatten von der geisttödtenden Einseitigkeit losrissen, mit welcher sie gegenwärtig geführt werden; sie würde das Parteienwesen untergraben, welches alle Verständigungen im Gebiete der Moral, Religion und Wissenschaft verhindert, und die Völker ermuthigen, sich noch durch andere und höhere Dinge einen behaglichen Frieden zu stiften, als durch die Beförderung materieller Jnteressen, bei welchen gar leicht Herz und Gemüt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0431" n="429"/> und die übrige europäische Politik sie nur unter dieser Bedingung anerkennen will, das ist die Veranlassung, die wahrscheinlich noch einmal genommen wird, um die Julirevolution zu <hi rendition="#g">berichtigen</hi>. Wer mehr erwartet, wird sich getäuscht finden; die Fürsten werden auf ihren Thronen bleiben; die Völker werden keinem der monarchischen Ordnung gewidmeten Gesetze den Gehorsam aufkündigen. Aber eine Berichtigung der Julirevolution läge nicht im Bereich der Unmöglichkeit; sie würde ihre Folgen haben, sie würde in ganz Europa das Gleichgewicht der materiellen und moralischen Jnteressen herstellen; sie würde das erzeugen, woran es noch an allen Orten gebricht, nämlich ein unbedingtes Vertrauen zwischen den Regierten und Regierenden; sie würde die Furcht vor der Revolution ausrotten, sie würde das schiefe Wesen, was in die Begegnung der wichtigsten Faktoren öffentlicher Zustände, z. B. des Staates und der Literatur gekommen ist, in gerade Richtung bringen. Sie würde machen, daß sich unsre öffentlichen Debatten von der geisttödtenden Einseitigkeit losrissen, mit welcher sie gegenwärtig geführt werden; sie würde das Parteienwesen untergraben, welches alle Verständigungen im Gebiete der Moral, Religion und Wissenschaft verhindert, und die Völker ermuthigen, sich noch durch andere und höhere Dinge einen behaglichen Frieden zu stiften, als durch die Beförderung materieller Jnteressen, bei welchen gar leicht Herz und Gemüt </p> </div> </body> </text> </TEI> [429/0431]
und die übrige europäische Politik sie nur unter dieser Bedingung anerkennen will, das ist die Veranlassung, die wahrscheinlich noch einmal genommen wird, um die Julirevolution zu berichtigen. Wer mehr erwartet, wird sich getäuscht finden; die Fürsten werden auf ihren Thronen bleiben; die Völker werden keinem der monarchischen Ordnung gewidmeten Gesetze den Gehorsam aufkündigen. Aber eine Berichtigung der Julirevolution läge nicht im Bereich der Unmöglichkeit; sie würde ihre Folgen haben, sie würde in ganz Europa das Gleichgewicht der materiellen und moralischen Jnteressen herstellen; sie würde das erzeugen, woran es noch an allen Orten gebricht, nämlich ein unbedingtes Vertrauen zwischen den Regierten und Regierenden; sie würde die Furcht vor der Revolution ausrotten, sie würde das schiefe Wesen, was in die Begegnung der wichtigsten Faktoren öffentlicher Zustände, z. B. des Staates und der Literatur gekommen ist, in gerade Richtung bringen. Sie würde machen, daß sich unsre öffentlichen Debatten von der geisttödtenden Einseitigkeit losrissen, mit welcher sie gegenwärtig geführt werden; sie würde das Parteienwesen untergraben, welches alle Verständigungen im Gebiete der Moral, Religion und Wissenschaft verhindert, und die Völker ermuthigen, sich noch durch andere und höhere Dinge einen behaglichen Frieden zu stiften, als durch die Beförderung materieller Jnteressen, bei welchen gar leicht Herz und Gemüt
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/431>, abgerufen am 16.02.2025. |