Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Frankreich genommen haben, nicht glaube. Jch bin überzeugt, daß die Julirevolution eine Bestimmung hatte und daß sie dieselbe zum Theil verfehlte. Sie mußte diese Bestimmung in ihrem ersten Stadium verfehlen, weil sie kein Sieg der Propaganda seyn sollte, weil in ihr ein abgeschlossenes Resultat, nicht bloß eine vage Aufreizung ins Unendliche lag. Ordnung, Gesetz und unter ihrem Schutze die Entwicklung moralischer und materieller Wohlfahrt; das sind die Grundzüge, auf welchen unser Jahrhundert sein Gebäude aufführen will. Mit diesen Gütern soll aber auch die politische Freiheit aufs innigste verbunden seyn. Die Saat des aufgeklärten achtzehnten Jahrhunderts fiel auf den Weg. Unsre Zeit soll davon die Ernte in ihre Scheunen tragen, und das, was im vorigen Jahrhundert draußen auf dem Felde stand, unbeschüzt, dem Hagel und Gewitter ausgesezt, soll das neunzehnte Jahrhundert in wahrhaftes und gesundes Brod des Lebens verwandeln. Ja diesen Satz hat die Julirevolution gegen die Restauration vertheidigen wollen. Der Satz wurde anerkannt, er wurde die Grundlage einer neuen Dynastie; er wurde die Grundlage einer Menge von neuen Verfassungen oder das Regulativ, wodurch man ältere dem Bedürfnisse der Zeit angemessener machte. Daß man hiergegen vergebens streitet, daß man die Julirevolution für eine Episode ausgeben will, daß die gegenwärtige französische Politik ihren Ursprung verwischen Frankreich genommen haben, nicht glaube. Jch bin überzeugt, daß die Julirevolution eine Bestimmung hatte und daß sie dieselbe zum Theil verfehlte. Sie mußte diese Bestimmung in ihrem ersten Stadium verfehlen, weil sie kein Sieg der Propaganda seyn sollte, weil in ihr ein abgeschlossenes Resultat, nicht bloß eine vage Aufreizung ins Unendliche lag. Ordnung, Gesetz und unter ihrem Schutze die Entwicklung moralischer und materieller Wohlfahrt; das sind die Grundzüge, auf welchen unser Jahrhundert sein Gebäude aufführen will. Mit diesen Gütern soll aber auch die politische Freiheit aufs innigste verbunden seyn. Die Saat des aufgeklärten achtzehnten Jahrhunderts fiel auf den Weg. Unsre Zeit soll davon die Ernte in ihre Scheunen tragen, und das, was im vorigen Jahrhundert draußen auf dem Felde stand, unbeschüzt, dem Hagel und Gewitter ausgesezt, soll das neunzehnte Jahrhundert in wahrhaftes und gesundes Brod des Lebens verwandeln. Ja diesen Satz hat die Julirevolution gegen die Restauration vertheidigen wollen. Der Satz wurde anerkannt, er wurde die Grundlage einer neuen Dynastie; er wurde die Grundlage einer Menge von neuen Verfassungen oder das Regulativ, wodurch man ältere dem Bedürfnisse der Zeit angemessener machte. Daß man hiergegen vergebens streitet, daß man die Julirevolution für eine Episode ausgeben will, daß die gegenwärtige französische Politik ihren Ursprung verwischen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0430" n="428"/> Frankreich genommen haben, nicht glaube. Jch bin überzeugt, daß die Julirevolution eine Bestimmung hatte und daß sie dieselbe zum Theil verfehlte. Sie mußte diese Bestimmung in ihrem ersten Stadium verfehlen, weil sie kein Sieg der Propaganda seyn sollte, weil in ihr ein abgeschlossenes Resultat, nicht bloß eine vage Aufreizung ins Unendliche lag. Ordnung, Gesetz und unter ihrem Schutze die Entwicklung moralischer und materieller Wohlfahrt; das sind die Grundzüge, auf welchen unser Jahrhundert sein Gebäude aufführen will. Mit diesen Gütern soll aber auch die politische Freiheit aufs innigste verbunden seyn. Die Saat des aufgeklärten achtzehnten Jahrhunderts fiel auf den Weg. Unsre Zeit soll davon die Ernte in ihre Scheunen tragen, und das, was im vorigen Jahrhundert draußen auf dem Felde stand, unbeschüzt, dem Hagel und Gewitter ausgesezt, soll das neunzehnte Jahrhundert in wahrhaftes und gesundes Brod des Lebens verwandeln. Ja diesen Satz hat die Julirevolution gegen die Restauration vertheidigen wollen. Der Satz wurde anerkannt, er wurde die Grundlage einer neuen Dynastie; er wurde die Grundlage einer Menge von neuen Verfassungen oder das Regulativ, wodurch man ältere dem Bedürfnisse der Zeit angemessener machte. Daß man hiergegen vergebens streitet, daß man die Julirevolution für eine Episode ausgeben will, daß die gegenwärtige französische Politik ihren Ursprung verwischen </p> </div> </body> </text> </TEI> [428/0430]
Frankreich genommen haben, nicht glaube. Jch bin überzeugt, daß die Julirevolution eine Bestimmung hatte und daß sie dieselbe zum Theil verfehlte. Sie mußte diese Bestimmung in ihrem ersten Stadium verfehlen, weil sie kein Sieg der Propaganda seyn sollte, weil in ihr ein abgeschlossenes Resultat, nicht bloß eine vage Aufreizung ins Unendliche lag. Ordnung, Gesetz und unter ihrem Schutze die Entwicklung moralischer und materieller Wohlfahrt; das sind die Grundzüge, auf welchen unser Jahrhundert sein Gebäude aufführen will. Mit diesen Gütern soll aber auch die politische Freiheit aufs innigste verbunden seyn. Die Saat des aufgeklärten achtzehnten Jahrhunderts fiel auf den Weg. Unsre Zeit soll davon die Ernte in ihre Scheunen tragen, und das, was im vorigen Jahrhundert draußen auf dem Felde stand, unbeschüzt, dem Hagel und Gewitter ausgesezt, soll das neunzehnte Jahrhundert in wahrhaftes und gesundes Brod des Lebens verwandeln. Ja diesen Satz hat die Julirevolution gegen die Restauration vertheidigen wollen. Der Satz wurde anerkannt, er wurde die Grundlage einer neuen Dynastie; er wurde die Grundlage einer Menge von neuen Verfassungen oder das Regulativ, wodurch man ältere dem Bedürfnisse der Zeit angemessener machte. Daß man hiergegen vergebens streitet, daß man die Julirevolution für eine Episode ausgeben will, daß die gegenwärtige französische Politik ihren Ursprung verwischen
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/430>, abgerufen am 16.02.2025. |