Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.erklären. Die Theologie, überrascht von einer Freundschaft, die sie nach vorangegangenen Beispielen sich nicht hätte träumen lassen, ist meist kälter gegen die Philosophie, als diese nach ihrem heutigen religiösen Jnhalte verdient; sie will die Form nicht zugeben, in welcher die leztere das Wesen des Christenthums ausspricht, und wenn es philosophische Systeme gibt, die sich für die Dreieinigkeit, für die Gottheit Christi und den ganzen Jnhalt des apostolischen Glaubensbekenntnisses aussprechen, so verdächtigt sie wohl gar die Motive dieser orthodoxen Hingebung, bestreitet die Aufrichtigkeit derselben und wird durch die Versicherung beängstigt, daß man den dogmatischen Jnhalt des Christenthums auch noch anders, als durch den bloßen Glauben begreifen könne. Wahrlich dieser Streit ist zulezt unwesentlich und hindert nicht, über die merkwürdige Richtung zu erstaunen, welche die Philosophie unserer Tage genommen hat. Keine Gegnerin des Lebens, widerspricht sie auch dem Christenthume nicht und gibt es zu dieser Höhe auch verschiedene Stufen, so steht doch auf der untersten keineswegs die Frivolität des achtzehnten Jahrhunderts, sondern mit Ernst und Emsigkeit wird das Wesen der Religion geprüft und dies selbst da, wo jedes Extrem von Mystizismus undenkbar ist. Die Stellung der Philosophie zur Theologie ist jezt dadurch von der Philosophie des vorigen Jahrhunderts unterschieden, daß früher nicht bloß die Theologie angegriffen wurde, erklären. Die Theologie, überrascht von einer Freundschaft, die sie nach vorangegangenen Beispielen sich nicht hätte träumen lassen, ist meist kälter gegen die Philosophie, als diese nach ihrem heutigen religiösen Jnhalte verdient; sie will die Form nicht zugeben, in welcher die leztere das Wesen des Christenthums ausspricht, und wenn es philosophische Systeme gibt, die sich für die Dreieinigkeit, für die Gottheit Christi und den ganzen Jnhalt des apostolischen Glaubensbekenntnisses aussprechen, so verdächtigt sie wohl gar die Motive dieser orthodoxen Hingebung, bestreitet die Aufrichtigkeit derselben und wird durch die Versicherung beängstigt, daß man den dogmatischen Jnhalt des Christenthums auch noch anders, als durch den bloßen Glauben begreifen könne. Wahrlich dieser Streit ist zulezt unwesentlich und hindert nicht, über die merkwürdige Richtung zu erstaunen, welche die Philosophie unserer Tage genommen hat. Keine Gegnerin des Lebens, widerspricht sie auch dem Christenthume nicht und gibt es zu dieser Höhe auch verschiedene Stufen, so steht doch auf der untersten keineswegs die Frivolität des achtzehnten Jahrhunderts, sondern mit Ernst und Emsigkeit wird das Wesen der Religion geprüft und dies selbst da, wo jedes Extrem von Mystizismus undenkbar ist. Die Stellung der Philosophie zur Theologie ist jezt dadurch von der Philosophie des vorigen Jahrhunderts unterschieden, daß früher nicht bloß die Theologie angegriffen wurde, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0363" n="361"/> erklären. Die Theologie, überrascht von einer Freundschaft, die sie nach vorangegangenen Beispielen sich nicht hätte träumen lassen, ist meist kälter gegen die Philosophie, als diese nach ihrem heutigen religiösen Jnhalte verdient; sie will die Form nicht zugeben, in welcher die leztere das Wesen des Christenthums ausspricht, und wenn es philosophische Systeme gibt, die sich für die Dreieinigkeit, für die Gottheit Christi und den ganzen Jnhalt des apostolischen Glaubensbekenntnisses aussprechen, so verdächtigt sie wohl gar die Motive dieser orthodoxen Hingebung, bestreitet die Aufrichtigkeit derselben und wird durch die Versicherung beängstigt, daß man den dogmatischen Jnhalt des Christenthums auch noch anders, als durch den bloßen Glauben begreifen könne. Wahrlich dieser Streit ist zulezt unwesentlich und hindert nicht, über die merkwürdige Richtung zu erstaunen, welche die Philosophie unserer Tage genommen hat. Keine Gegnerin des Lebens, widerspricht sie auch dem Christenthume nicht und gibt es zu dieser Höhe auch verschiedene Stufen, so steht doch auf der untersten keineswegs die Frivolität des achtzehnten Jahrhunderts, sondern mit Ernst und Emsigkeit wird das Wesen der Religion geprüft und dies selbst da, wo jedes Extrem von Mystizismus undenkbar ist. Die Stellung der Philosophie zur Theologie ist jezt dadurch von der Philosophie des vorigen Jahrhunderts unterschieden, daß früher nicht bloß die Theologie angegriffen wurde, </p> </div> </body> </text> </TEI> [361/0363]
erklären. Die Theologie, überrascht von einer Freundschaft, die sie nach vorangegangenen Beispielen sich nicht hätte träumen lassen, ist meist kälter gegen die Philosophie, als diese nach ihrem heutigen religiösen Jnhalte verdient; sie will die Form nicht zugeben, in welcher die leztere das Wesen des Christenthums ausspricht, und wenn es philosophische Systeme gibt, die sich für die Dreieinigkeit, für die Gottheit Christi und den ganzen Jnhalt des apostolischen Glaubensbekenntnisses aussprechen, so verdächtigt sie wohl gar die Motive dieser orthodoxen Hingebung, bestreitet die Aufrichtigkeit derselben und wird durch die Versicherung beängstigt, daß man den dogmatischen Jnhalt des Christenthums auch noch anders, als durch den bloßen Glauben begreifen könne. Wahrlich dieser Streit ist zulezt unwesentlich und hindert nicht, über die merkwürdige Richtung zu erstaunen, welche die Philosophie unserer Tage genommen hat. Keine Gegnerin des Lebens, widerspricht sie auch dem Christenthume nicht und gibt es zu dieser Höhe auch verschiedene Stufen, so steht doch auf der untersten keineswegs die Frivolität des achtzehnten Jahrhunderts, sondern mit Ernst und Emsigkeit wird das Wesen der Religion geprüft und dies selbst da, wo jedes Extrem von Mystizismus undenkbar ist. Die Stellung der Philosophie zur Theologie ist jezt dadurch von der Philosophie des vorigen Jahrhunderts unterschieden, daß früher nicht bloß die Theologie angegriffen wurde,
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