Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

im Gebiete der Physik und Chemie den Fleiß und Scharfsinn der Forscher gekrönt; neue Gesetze sind aufgefunden, ja sogar neue Urstoffe, die sich nicht mehr theilen ließen. Die alte Lehre von den vier Elementen ist eine mythologische Fabel geworden. Elemente nennt der Naturkundige nur noch das, was im Schmelztiegel der Chemie den äußersten Potenzen der Hitze und Neutralisation widersteht und als untheilbar zurückbleibt. Jn der Physik und Chemie hat man den Weg der Wahrnehmung jeder andern Methode vorziehen müssen, da der Ausbau eines Systems bei der täglich sich mehrenden Masse neuer Entdeckungen unmöglich wurde. Das theoretische Bedürfniß mußte sich begnügen, daß ihr die Praxis zugestand, die gefundenen Wahrheiten in mathematischen Formeln auszudrücken und festzustellen. Die Mathematik ist das theoretische Regulativ der Empirie geworden. Eine andere Ordnung gestatten die Naturforscher nicht, am wenigsten eine metaphysische, wo die Formeln früher da seyn sollen, als ihre faktischen Beweise im Experiment. Es läuft dabei freilich viel Hylozoismus, viel massive Empirie unter.

Wir haben schon oben in dem Kapitel "der Stein der Weisen" die Bemerkung gemacht, wie außerordentlich die Wissenschaften in Spannung gesezt worden sind durch die praktischen Bedürfnisse, welche in der menschlichen Existenz lagen. Die Vereinfachungsmethoden der Gewerbe sind die Folge der außerordentlichen Fortschritte,

im Gebiete der Physik und Chemie den Fleiß und Scharfsinn der Forscher gekrönt; neue Gesetze sind aufgefunden, ja sogar neue Urstoffe, die sich nicht mehr theilen ließen. Die alte Lehre von den vier Elementen ist eine mythologische Fabel geworden. Elemente nennt der Naturkundige nur noch das, was im Schmelztiegel der Chemie den äußersten Potenzen der Hitze und Neutralisation widersteht und als untheilbar zurückbleibt. Jn der Physik und Chemie hat man den Weg der Wahrnehmung jeder andern Methode vorziehen müssen, da der Ausbau eines Systems bei der täglich sich mehrenden Masse neuer Entdeckungen unmöglich wurde. Das theoretische Bedürfniß mußte sich begnügen, daß ihr die Praxis zugestand, die gefundenen Wahrheiten in mathematischen Formeln auszudrücken und festzustellen. Die Mathematik ist das theoretische Regulativ der Empirie geworden. Eine andere Ordnung gestatten die Naturforscher nicht, am wenigsten eine metaphysische, wo die Formeln früher da seyn sollen, als ihre faktischen Beweise im Experiment. Es läuft dabei freilich viel Hylozoismus, viel massive Empirie unter.

Wir haben schon oben in dem Kapitel "der Stein der Weisen" die Bemerkung gemacht, wie außerordentlich die Wissenschaften in Spannung gesezt worden sind durch die praktischen Bedürfnisse, welche in der menschlichen Existenz lagen. Die Vereinfachungsmethoden der Gewerbe sind die Folge der außerordentlichen Fortschritte,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0329" n="327"/>
im Gebiete der Physik und Chemie den Fleiß und Scharfsinn der Forscher gekrönt; neue Gesetze sind aufgefunden, ja sogar neue Urstoffe, die sich nicht mehr theilen ließen. Die alte Lehre von den vier Elementen ist eine mythologische Fabel geworden. Elemente nennt der Naturkundige nur noch das, was im Schmelztiegel der Chemie den äußersten Potenzen der Hitze und Neutralisation widersteht und als untheilbar zurückbleibt. Jn der Physik und Chemie hat man den Weg der Wahrnehmung jeder andern Methode vorziehen müssen, da der Ausbau eines Systems bei der täglich sich mehrenden Masse neuer Entdeckungen unmöglich wurde. Das theoretische Bedürfniß mußte sich begnügen, daß ihr die Praxis zugestand, die gefundenen Wahrheiten in mathematischen Formeln auszudrücken und festzustellen. Die Mathematik ist das theoretische Regulativ der Empirie geworden. Eine andere Ordnung gestatten die Naturforscher nicht, am wenigsten eine metaphysische, wo die Formeln früher da seyn sollen, als ihre faktischen Beweise im Experiment. Es läuft dabei freilich viel Hylozoismus, viel massive Empirie unter.</p>
        <p>Wir haben schon oben in dem Kapitel "der Stein der Weisen" die Bemerkung gemacht, wie außerordentlich die Wissenschaften in Spannung gesezt worden sind durch die praktischen Bedürfnisse, welche in der menschlichen Existenz lagen. Die Vereinfachungsmethoden der Gewerbe sind die Folge der außerordentlichen Fortschritte,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0329] im Gebiete der Physik und Chemie den Fleiß und Scharfsinn der Forscher gekrönt; neue Gesetze sind aufgefunden, ja sogar neue Urstoffe, die sich nicht mehr theilen ließen. Die alte Lehre von den vier Elementen ist eine mythologische Fabel geworden. Elemente nennt der Naturkundige nur noch das, was im Schmelztiegel der Chemie den äußersten Potenzen der Hitze und Neutralisation widersteht und als untheilbar zurückbleibt. Jn der Physik und Chemie hat man den Weg der Wahrnehmung jeder andern Methode vorziehen müssen, da der Ausbau eines Systems bei der täglich sich mehrenden Masse neuer Entdeckungen unmöglich wurde. Das theoretische Bedürfniß mußte sich begnügen, daß ihr die Praxis zugestand, die gefundenen Wahrheiten in mathematischen Formeln auszudrücken und festzustellen. Die Mathematik ist das theoretische Regulativ der Empirie geworden. Eine andere Ordnung gestatten die Naturforscher nicht, am wenigsten eine metaphysische, wo die Formeln früher da seyn sollen, als ihre faktischen Beweise im Experiment. Es läuft dabei freilich viel Hylozoismus, viel massive Empirie unter. Wir haben schon oben in dem Kapitel "der Stein der Weisen" die Bemerkung gemacht, wie außerordentlich die Wissenschaften in Spannung gesezt worden sind durch die praktischen Bedürfnisse, welche in der menschlichen Existenz lagen. Die Vereinfachungsmethoden der Gewerbe sind die Folge der außerordentlichen Fortschritte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/329
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/329>, abgerufen am 16.07.2024.