Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.worden, sich aneignen wollte, in Betreff des Preises, den die Ausgabe gestattete (daher auch der sogenannte feste Ladenpreis), in Betreff der einen Presse, die nur durch und mit dem Willen des Autors ein Recht zum Drucke hat. Wenn man das Preßrecht auf das Gedankeneigenthum gründen will, so ist dieser Ausdruck allerdings unbestimmt und sich selbst widersprechend. Man wendet gegen ihn mit Recht ein, daß man über seine Gedanken kein Eigenthum hätte (höchstens über seine dummen Gedanken), und daß wenigstens nie eine Reformation zu Stand gekommen wäre, wenn Luther für seine Gedanken ein Recht des Besitzes in dem Sinn angesprochen hätte, daß andere sie nicht hätten fortpflanzen sollen. Mit einem Worte, fortgepflanzt kann alles werden, was man spricht, was man auf dem Katheder dem Jnhalte nach vorträgt, was auf der Kanzel gesprochen wird u. s. w. . Allein ein Buch ist mehr, als ein Gedanke, ein Buch ist vor allen Dingen die Form des Gedankens und diese Form ist mein Eigenthum. Es ist meine Jndividualität, die ich in dem Buch offenbare; kein Gedanke tritt darin auf, ohne das Risiko meiner Person, die Klarheit und Dunkelheit der Jdeen, alles kömmt auf meine Rechnung. Dies ist das unveräußerliche Eigenthum, welches der Schriftsteller an seinem Buche hat und welches durch die Auflage erst Eigenthum eines Verlegers wird. Jn der Auflage sprech ich meinen worden, sich aneignen wollte, in Betreff des Preises, den die Ausgabe gestattete (daher auch der sogenannte feste Ladenpreis), in Betreff der einen Presse, die nur durch und mit dem Willen des Autors ein Recht zum Drucke hat. Wenn man das Preßrecht auf das Gedankeneigenthum gründen will, so ist dieser Ausdruck allerdings unbestimmt und sich selbst widersprechend. Man wendet gegen ihn mit Recht ein, daß man über seine Gedanken kein Eigenthum hätte (höchstens über seine dummen Gedanken), und daß wenigstens nie eine Reformation zu Stand gekommen wäre, wenn Luther für seine Gedanken ein Recht des Besitzes in dem Sinn angesprochen hätte, daß andere sie nicht hätten fortpflanzen sollen. Mit einem Worte, fortgepflanzt kann alles werden, was man spricht, was man auf dem Katheder dem Jnhalte nach vorträgt, was auf der Kanzel gesprochen wird u. s. w. . Allein ein Buch ist mehr, als ein Gedanke, ein Buch ist vor allen Dingen die Form des Gedankens und diese Form ist mein Eigenthum. Es ist meine Jndividualität, die ich in dem Buch offenbare; kein Gedanke tritt darin auf, ohne das Risiko meiner Person, die Klarheit und Dunkelheit der Jdeen, alles kömmt auf meine Rechnung. Dies ist das unveräußerliche Eigenthum, welches der Schriftsteller an seinem Buche hat und welches durch die Auflage erst Eigenthum eines Verlegers wird. Jn der Auflage sprech ich meinen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0308" n="306"/> worden, sich aneignen wollte, in Betreff des Preises, den die Ausgabe gestattete (daher auch der sogenannte feste Ladenpreis), in Betreff der einen Presse, die nur <hi rendition="#g">durch</hi> und <hi rendition="#g">mit</hi> dem Willen des Autors ein Recht zum Drucke hat.</p> <p>Wenn man das Preßrecht auf das Gedankeneigenthum gründen will, so ist dieser Ausdruck allerdings unbestimmt und sich selbst widersprechend. Man wendet gegen ihn mit Recht ein, daß man über seine Gedanken kein Eigenthum hätte (höchstens über seine <hi rendition="#g">dummen</hi> Gedanken), und daß wenigstens nie eine Reformation zu Stand gekommen wäre, wenn <hi rendition="#g">Luther</hi> für seine Gedanken ein Recht des Besitzes in dem Sinn angesprochen hätte, daß andere sie nicht hätten fortpflanzen sollen. Mit einem Worte, fortgepflanzt kann alles werden, was man spricht, was man auf dem Katheder <hi rendition="#g">dem Jnhalte nach</hi> vorträgt, was auf der Kanzel gesprochen wird u. s. w. . Allein ein Buch ist mehr, als ein Gedanke, ein Buch ist vor allen Dingen die <hi rendition="#g">Form</hi> des Gedankens und diese Form ist mein Eigenthum. Es ist meine Jndividualität, die ich in dem Buch offenbare; kein Gedanke tritt darin auf, ohne das Risiko meiner Person, die Klarheit und Dunkelheit der Jdeen, alles kömmt auf meine Rechnung. Dies ist das unveräußerliche Eigenthum, welches der Schriftsteller an seinem Buche hat und welches durch die Auflage erst Eigenthum eines Verlegers wird. Jn der Auflage sprech ich meinen </p> </div> </body> </text> </TEI> [306/0308]
worden, sich aneignen wollte, in Betreff des Preises, den die Ausgabe gestattete (daher auch der sogenannte feste Ladenpreis), in Betreff der einen Presse, die nur durch und mit dem Willen des Autors ein Recht zum Drucke hat.
Wenn man das Preßrecht auf das Gedankeneigenthum gründen will, so ist dieser Ausdruck allerdings unbestimmt und sich selbst widersprechend. Man wendet gegen ihn mit Recht ein, daß man über seine Gedanken kein Eigenthum hätte (höchstens über seine dummen Gedanken), und daß wenigstens nie eine Reformation zu Stand gekommen wäre, wenn Luther für seine Gedanken ein Recht des Besitzes in dem Sinn angesprochen hätte, daß andere sie nicht hätten fortpflanzen sollen. Mit einem Worte, fortgepflanzt kann alles werden, was man spricht, was man auf dem Katheder dem Jnhalte nach vorträgt, was auf der Kanzel gesprochen wird u. s. w. . Allein ein Buch ist mehr, als ein Gedanke, ein Buch ist vor allen Dingen die Form des Gedankens und diese Form ist mein Eigenthum. Es ist meine Jndividualität, die ich in dem Buch offenbare; kein Gedanke tritt darin auf, ohne das Risiko meiner Person, die Klarheit und Dunkelheit der Jdeen, alles kömmt auf meine Rechnung. Dies ist das unveräußerliche Eigenthum, welches der Schriftsteller an seinem Buche hat und welches durch die Auflage erst Eigenthum eines Verlegers wird. Jn der Auflage sprech ich meinen
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/308>, abgerufen am 16.07.2024. |