Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.mir herüberzukommen und regelmäßig die Früchte abzubrechen, die doch in mein mir gehöriges Gebiet hineinragen, deren Blüthen ich genießen darf und wo alles sich zu vereinigen scheint, mir gewissermaßen ein Recht auf jenen Ueberhang zuzugestehen. Allein wie schwer ist es, aus solchen Analogien irgend etwas Praktisches für unser modernes Preßrecht zu schließen! Die Juristen sehen immer nur darauf, daß sie fragen, kann in diesem und jenem Kollisionsfalle eine actio, eine Klage Statt finden? Die Klage auf Schadenersatz wollen sie nicht zugeben; so haben andere eine Klage auf Jnjurie im römischen Sinne des Worts für die Preßrechtsverletzung herausräthseln wollen. Allein das römische Recht gibt keine Analogie, weil es die Presse nicht gekannt hat und das steht als heilige Ueberzeugung bei gewissenhaften Rechtslehrern fest, daß die Römer, hätten sie die Presse in unserm Sinne gekannt, gegen den Nachdruck würden gestimmt haben. Es ist nicht anders möglich, in dieser Frage zu einer strikten und klaren Theorie zu kommen, als durch die Bestimmung des Begriffes der Presse. Jn alten Zeiten, wo die Hilfsmittel des Schriftwesens so beschränkt waren, konnte der Autor allerdings nur wünschen, daß man sich seiner Gedanken bemächtigte und seine Schriften so oft kopirte, als Jnteresse für sie vorhanden war. Jezt aber liegt in der Auflage, die der Verfasser von seiner Schrift veranstaltet, mir herüberzukommen und regelmäßig die Früchte abzubrechen, die doch in mein mir gehöriges Gebiet hineinragen, deren Blüthen ich genießen darf und wo alles sich zu vereinigen scheint, mir gewissermaßen ein Recht auf jenen Ueberhang zuzugestehen. Allein wie schwer ist es, aus solchen Analogien irgend etwas Praktisches für unser modernes Preßrecht zu schließen! Die Juristen sehen immer nur darauf, daß sie fragen, kann in diesem und jenem Kollisionsfalle eine actio, eine Klage Statt finden? Die Klage auf Schadenersatz wollen sie nicht zugeben; so haben andere eine Klage auf Jnjurie im römischen Sinne des Worts für die Preßrechtsverletzung herausräthseln wollen. Allein das römische Recht gibt keine Analogie, weil es die Presse nicht gekannt hat und das steht als heilige Ueberzeugung bei gewissenhaften Rechtslehrern fest, daß die Römer, hätten sie die Presse in unserm Sinne gekannt, gegen den Nachdruck würden gestimmt haben. Es ist nicht anders möglich, in dieser Frage zu einer strikten und klaren Theorie zu kommen, als durch die Bestimmung des Begriffes der Presse. Jn alten Zeiten, wo die Hilfsmittel des Schriftwesens so beschränkt waren, konnte der Autor allerdings nur wünschen, daß man sich seiner Gedanken bemächtigte und seine Schriften so oft kopirte, als Jnteresse für sie vorhanden war. Jezt aber liegt in der Auflage, die der Verfasser von seiner Schrift veranstaltet, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0306" n="304"/> mir herüberzukommen und regelmäßig die Früchte abzubrechen, die doch in mein mir gehöriges Gebiet hineinragen, deren Blüthen ich genießen darf und wo alles sich zu vereinigen scheint, mir gewissermaßen ein Recht auf jenen Ueberhang zuzugestehen. Allein wie schwer ist es, aus solchen Analogien irgend etwas Praktisches für unser modernes Preßrecht zu schließen! Die Juristen sehen immer nur darauf, daß sie fragen, kann in diesem und jenem Kollisionsfalle eine <hi rendition="#aq">actio</hi>, eine Klage Statt finden? Die Klage auf Schadenersatz wollen sie nicht zugeben; so haben andere eine Klage auf Jnjurie im römischen Sinne des Worts für die Preßrechtsverletzung herausräthseln wollen. Allein das römische Recht gibt keine Analogie, weil es die Presse nicht gekannt hat und das steht als heilige Ueberzeugung bei gewissenhaften Rechtslehrern fest, daß die Römer, hätten sie die Presse in unserm Sinne gekannt, <hi rendition="#g">gegen</hi> den Nachdruck würden gestimmt haben.</p> <p>Es ist nicht anders möglich, in dieser Frage zu einer strikten und klaren Theorie zu kommen, als durch die Bestimmung des Begriffes der <hi rendition="#g">Presse</hi>. Jn alten Zeiten, wo die Hilfsmittel des Schriftwesens so beschränkt waren, konnte der Autor allerdings nur wünschen, daß man sich seiner Gedanken bemächtigte und seine Schriften so oft kopirte, als Jnteresse für sie vorhanden war. Jezt aber liegt in der Auflage, die der Verfasser von seiner Schrift veranstaltet, </p> </div> </body> </text> </TEI> [304/0306]
mir herüberzukommen und regelmäßig die Früchte abzubrechen, die doch in mein mir gehöriges Gebiet hineinragen, deren Blüthen ich genießen darf und wo alles sich zu vereinigen scheint, mir gewissermaßen ein Recht auf jenen Ueberhang zuzugestehen. Allein wie schwer ist es, aus solchen Analogien irgend etwas Praktisches für unser modernes Preßrecht zu schließen! Die Juristen sehen immer nur darauf, daß sie fragen, kann in diesem und jenem Kollisionsfalle eine actio, eine Klage Statt finden? Die Klage auf Schadenersatz wollen sie nicht zugeben; so haben andere eine Klage auf Jnjurie im römischen Sinne des Worts für die Preßrechtsverletzung herausräthseln wollen. Allein das römische Recht gibt keine Analogie, weil es die Presse nicht gekannt hat und das steht als heilige Ueberzeugung bei gewissenhaften Rechtslehrern fest, daß die Römer, hätten sie die Presse in unserm Sinne gekannt, gegen den Nachdruck würden gestimmt haben.
Es ist nicht anders möglich, in dieser Frage zu einer strikten und klaren Theorie zu kommen, als durch die Bestimmung des Begriffes der Presse. Jn alten Zeiten, wo die Hilfsmittel des Schriftwesens so beschränkt waren, konnte der Autor allerdings nur wünschen, daß man sich seiner Gedanken bemächtigte und seine Schriften so oft kopirte, als Jnteresse für sie vorhanden war. Jezt aber liegt in der Auflage, die der Verfasser von seiner Schrift veranstaltet,
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