Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Der Fürst würde die Meinung der Christen für sich haben und ihr die eures eignen Volkes gegen euch; ihr würdet fühlen, wie es sich an euch rächt, daß ihr die Muße, wo die Emanzipation sich als Jdee Bahn machte, nicht benuztet, in euren eignen Trödelkammern aufzuräumen; eure Reichen würden ohnedies gleichgültig seyn, weil sie ja der Emanzipation nicht bedürfen; eure Armen, denen die Wärme des Koths, in dem sie leben, gefällt, würden nein sagen, und ihr, die ihr gebildet und aufgeklärt seyd, würdet rathlos in der Mitte stehen. Dieser Moment tritt gewiß noch ein; denn die Christen werden keine Thoren seyn, euch ein Opfer zu bringen, wenn ihr ihnen kein anderes dafür einsezt. Hört die Warnung! Zum Schlusse möge hier noch die Bemerkung stehen, daß mir im Judenthum durchaus nicht das Bestreben zu liegen scheint, an einander zu halten und Chor zu machen. Das gleiche Schicksal bindet jezt die Juden; wandern sie, so finden sie nur Herberge bei den Jhrigen; man betrachtet sie wie einen eigenen Körper, darum bilden sie auch einen. Allein fielen erst die Schranken, und zwar nicht blos politisch, sondern moralisch und gesellschaftlich; dann würde man sehen können, daß gerade die Juden Nichts mehr vermeiden würden, als die Jhrigen. Man lege ihnen Dieses nicht übel aus. Sie kennen die Schwächen der Aeltern gegen die Jüngern; der Gebildete schämt Der Fürst würde die Meinung der Christen für sich haben und ihr die eures eignen Volkes gegen euch; ihr würdet fühlen, wie es sich an euch rächt, daß ihr die Muße, wo die Emanzipation sich als Jdee Bahn machte, nicht benuztet, in euren eignen Trödelkammern aufzuräumen; eure Reichen würden ohnedies gleichgültig seyn, weil sie ja der Emanzipation nicht bedürfen; eure Armen, denen die Wärme des Koths, in dem sie leben, gefällt, würden nein sagen, und ihr, die ihr gebildet und aufgeklärt seyd, würdet rathlos in der Mitte stehen. Dieser Moment tritt gewiß noch ein; denn die Christen werden keine Thoren seyn, euch ein Opfer zu bringen, wenn ihr ihnen kein anderes dafür einsezt. Hört die Warnung! Zum Schlusse möge hier noch die Bemerkung stehen, daß mir im Judenthum durchaus nicht das Bestreben zu liegen scheint, an einander zu halten und Chor zu machen. Das gleiche Schicksal bindet jezt die Juden; wandern sie, so finden sie nur Herberge bei den Jhrigen; man betrachtet sie wie einen eigenen Körper, darum bilden sie auch einen. Allein fielen erst die Schranken, und zwar nicht blos politisch, sondern moralisch und gesellschaftlich; dann würde man sehen können, daß gerade die Juden Nichts mehr vermeiden würden, als die Jhrigen. Man lege ihnen Dieses nicht übel aus. Sie kennen die Schwächen der Aeltern gegen die Jüngern; der Gebildete schämt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0235" n="233"/> Der Fürst würde die Meinung der Christen für sich haben und ihr die eures eignen Volkes gegen euch; ihr würdet fühlen, wie es sich an euch rächt, daß ihr die Muße, wo die Emanzipation sich als <hi rendition="#g">Jdee</hi> Bahn machte, nicht benuztet, in euren eignen Trödelkammern aufzuräumen; eure Reichen würden ohnedies gleichgültig seyn, weil sie ja der Emanzipation nicht bedürfen; eure Armen, denen die Wärme des Koths, in dem sie leben, gefällt, würden <hi rendition="#g">nein</hi> sagen, und ihr, die ihr gebildet und aufgeklärt seyd, würdet rathlos in der Mitte stehen. Dieser Moment tritt gewiß noch ein; denn die Christen werden keine Thoren seyn, euch ein Opfer zu bringen, wenn ihr ihnen kein anderes dafür einsezt. Hört die Warnung!</p> <p> Zum Schlusse möge hier noch die Bemerkung stehen, daß mir im Judenthum durchaus nicht das Bestreben zu liegen scheint, an einander zu halten und Chor zu machen. Das gleiche Schicksal bindet jezt die Juden; wandern sie, so finden sie nur Herberge bei den Jhrigen; man <hi rendition="#g">betrachtet</hi> sie wie einen eigenen Körper, darum <hi rendition="#g">bilden</hi> sie auch einen. Allein fielen erst die Schranken, und zwar nicht blos politisch, sondern moralisch und gesellschaftlich; dann würde man sehen können, daß gerade die Juden Nichts mehr vermeiden würden, als die Jhrigen. Man lege ihnen Dieses nicht übel aus. Sie kennen die Schwächen der Aeltern gegen die Jüngern; der Gebildete schämt </p> </div> </body> </text> </TEI> [233/0235]
Der Fürst würde die Meinung der Christen für sich haben und ihr die eures eignen Volkes gegen euch; ihr würdet fühlen, wie es sich an euch rächt, daß ihr die Muße, wo die Emanzipation sich als Jdee Bahn machte, nicht benuztet, in euren eignen Trödelkammern aufzuräumen; eure Reichen würden ohnedies gleichgültig seyn, weil sie ja der Emanzipation nicht bedürfen; eure Armen, denen die Wärme des Koths, in dem sie leben, gefällt, würden nein sagen, und ihr, die ihr gebildet und aufgeklärt seyd, würdet rathlos in der Mitte stehen. Dieser Moment tritt gewiß noch ein; denn die Christen werden keine Thoren seyn, euch ein Opfer zu bringen, wenn ihr ihnen kein anderes dafür einsezt. Hört die Warnung!
Zum Schlusse möge hier noch die Bemerkung stehen, daß mir im Judenthum durchaus nicht das Bestreben zu liegen scheint, an einander zu halten und Chor zu machen. Das gleiche Schicksal bindet jezt die Juden; wandern sie, so finden sie nur Herberge bei den Jhrigen; man betrachtet sie wie einen eigenen Körper, darum bilden sie auch einen. Allein fielen erst die Schranken, und zwar nicht blos politisch, sondern moralisch und gesellschaftlich; dann würde man sehen können, daß gerade die Juden Nichts mehr vermeiden würden, als die Jhrigen. Man lege ihnen Dieses nicht übel aus. Sie kennen die Schwächen der Aeltern gegen die Jüngern; der Gebildete schämt
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/235>, abgerufen am 18.07.2024. |