Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.lieb machte, war dieser innig verschmolzene Parallelismus des Wissens und Glaubens bei ihm, die Jneinanderwirkung der christlichen Gesinnung mit der christlichen Erkenntniß und die praktische Abgrenzung, die er den Wissenschaften gerade für den nöthigen Bedarf zu geben wußte. Während es bei gelehrten Theologen so schwierig war, ihre, fast einen weltlichen Charakter tragende theologische Wissenschaft sogleich mit dem spätern, geistlichen Berufe auszugleichen, fand man bei ihm Alles zusammen, den Text und die Melodie. Seine Forschungen klangen immer in das geistliche Leben hinein und in den meisten streitigen Fällen, wo Gründe der Kritik und der Geschichte entscheiden sollten, machte er das Herz und das religiöse Bedürfniß zum Schiedsrichter derselben. Trotz der vielen komischen Züge, die ein Mann entfaltete, welcher vom Leben in der Gesellschaft keine Jdee hatte, trotz der vielen Anekdoten, die auf Rechnung seiner Leichtgläubigkeit und Ungeschicklichkeit umliefen, hingen wir alle mit der größten Liebe an ihm; er war uns das sichtbare Vorbild der Möglichkeit, sich in Glaubenssachen mit Heiterkeit beruhigen zu können; sein unauslöschliches heiteres Lächeln war der Abglanz einer Ueberzeugung, die überwunden hatte und gegen alle Zweifel Stich hielt. Und dies alles mußte uns um so mehr als unverfälschte Wahrheit erscheinen, als in ihm die schwierige Aufgabe einer radikalen Bekehrung, einer Bekehrung vom Judenthum bis zum lieb machte, war dieser innig verschmolzene Parallelismus des Wissens und Glaubens bei ihm, die Jneinanderwirkung der christlichen Gesinnung mit der christlichen Erkenntniß und die praktische Abgrenzung, die er den Wissenschaften gerade für den nöthigen Bedarf zu geben wußte. Während es bei gelehrten Theologen so schwierig war, ihre, fast einen weltlichen Charakter tragende theologische Wissenschaft sogleich mit dem spätern, geistlichen Berufe auszugleichen, fand man bei ihm Alles zusammen, den Text und die Melodie. Seine Forschungen klangen immer in das geistliche Leben hinein und in den meisten streitigen Fällen, wo Gründe der Kritik und der Geschichte entscheiden sollten, machte er das Herz und das religiöse Bedürfniß zum Schiedsrichter derselben. Trotz der vielen komischen Züge, die ein Mann entfaltete, welcher vom Leben in der Gesellschaft keine Jdee hatte, trotz der vielen Anekdoten, die auf Rechnung seiner Leichtgläubigkeit und Ungeschicklichkeit umliefen, hingen wir alle mit der größten Liebe an ihm; er war uns das sichtbare Vorbild der Möglichkeit, sich in Glaubenssachen mit Heiterkeit beruhigen zu können; sein unauslöschliches heiteres Lächeln war der Abglanz einer Ueberzeugung, die überwunden hatte und gegen alle Zweifel Stich hielt. Und dies alles mußte uns um so mehr als unverfälschte Wahrheit erscheinen, als in ihm die schwierige Aufgabe einer radikalen Bekehrung, einer Bekehrung vom Judenthum bis zum <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0139" n="137"/> lieb machte, war dieser innig verschmolzene Parallelismus des Wissens und Glaubens bei ihm, die Jneinanderwirkung der christlichen Gesinnung mit der christlichen Erkenntniß und die praktische Abgrenzung, die er den Wissenschaften gerade für den nöthigen Bedarf zu geben wußte. Während es bei gelehrten Theologen so schwierig war, ihre, fast einen weltlichen Charakter tragende theologische Wissenschaft sogleich mit dem spätern, geistlichen Berufe auszugleichen, fand man bei ihm Alles zusammen, den Text und die Melodie. Seine Forschungen klangen immer in das geistliche Leben hinein und in den meisten streitigen Fällen, wo Gründe der Kritik und der Geschichte entscheiden sollten, machte er das Herz und das religiöse Bedürfniß zum Schiedsrichter derselben. Trotz der vielen komischen Züge, die ein Mann entfaltete, welcher vom Leben in der Gesellschaft keine Jdee hatte, trotz der vielen Anekdoten, die auf Rechnung seiner Leichtgläubigkeit und Ungeschicklichkeit umliefen, hingen wir alle mit der größten Liebe an ihm; er war uns das sichtbare Vorbild der Möglichkeit, sich in Glaubenssachen mit Heiterkeit beruhigen zu können; sein unauslöschliches heiteres Lächeln war der Abglanz einer Ueberzeugung, die überwunden hatte und gegen alle Zweifel Stich hielt. Und dies alles mußte uns um so mehr als unverfälschte Wahrheit erscheinen, als in ihm die schwierige Aufgabe einer radikalen Bekehrung, einer Bekehrung vom Judenthum bis zum </p> </div> </body> </text> </TEI> [137/0139]
lieb machte, war dieser innig verschmolzene Parallelismus des Wissens und Glaubens bei ihm, die Jneinanderwirkung der christlichen Gesinnung mit der christlichen Erkenntniß und die praktische Abgrenzung, die er den Wissenschaften gerade für den nöthigen Bedarf zu geben wußte. Während es bei gelehrten Theologen so schwierig war, ihre, fast einen weltlichen Charakter tragende theologische Wissenschaft sogleich mit dem spätern, geistlichen Berufe auszugleichen, fand man bei ihm Alles zusammen, den Text und die Melodie. Seine Forschungen klangen immer in das geistliche Leben hinein und in den meisten streitigen Fällen, wo Gründe der Kritik und der Geschichte entscheiden sollten, machte er das Herz und das religiöse Bedürfniß zum Schiedsrichter derselben. Trotz der vielen komischen Züge, die ein Mann entfaltete, welcher vom Leben in der Gesellschaft keine Jdee hatte, trotz der vielen Anekdoten, die auf Rechnung seiner Leichtgläubigkeit und Ungeschicklichkeit umliefen, hingen wir alle mit der größten Liebe an ihm; er war uns das sichtbare Vorbild der Möglichkeit, sich in Glaubenssachen mit Heiterkeit beruhigen zu können; sein unauslöschliches heiteres Lächeln war der Abglanz einer Ueberzeugung, die überwunden hatte und gegen alle Zweifel Stich hielt. Und dies alles mußte uns um so mehr als unverfälschte Wahrheit erscheinen, als in ihm die schwierige Aufgabe einer radikalen Bekehrung, einer Bekehrung vom Judenthum bis zum
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/139>, abgerufen am 16.02.2025. |