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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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ihnen als Relief ihrer Einfälle dienen; indem sie sicher sind, nicht das Gleichgewicht zu verlieren, setzen sie alle Andern auf die Erde ab. Man trägt sich in der Gesellschaft mit ihren Bonmots und erkennt diese sogleich daran, daß man von ihnen immer glauben möchte, sie kämen am wenigsten von einem Pfarrer; ihr Witz waltet überall, nur auf der Kanzel nicht; doch predigen sie gediegen, aber ohne Originalität. Sie lesen keuchend ihre Predigt ab und sagen, wenn man ihnen über die Frömmigkeit derselben sein Erstaunen ausdrückt: "Lieber Freund, ich predige nicht, was ich lehre, sondern was die Schrift lehrt!"

Andere Geistliche gibt es, welche in der Mitte zwischen der Welt und der Kirche schweben und zweifelhaft sind, wo sie am besten hingehören. Diese würden sich gut zu fürstlichen Beichtvätern eignen, weil die geistliche Würde bei ihnen mit den feinsten Manieren verschmolzen ist. Dies sind die berühmten sonntäglichen Hauptprediger, welche einen so schönen Styl in ihren Predigten haben und besonders von den Frauen angebetet werden. Jhr Auge strahlt eine gebrochene Verklärung aus; ihre Rede besteht theils aus Prosa, theils aus Versen; jene ist mit Blumen bedeckt, mit Frühlingssäuseln und jenen transparenten Glorien, wo im Brillantfeuer die Worte strahlen: Glaube, Liebe, Hoffnung. Diese Verse treten immer da ein, wo das Gefühl des Redners überströmt, bei Uebergängen und Schlußabsätzen. Die Frauen lassen sich

ihnen als Relief ihrer Einfälle dienen; indem sie sicher sind, nicht das Gleichgewicht zu verlieren, setzen sie alle Andern auf die Erde ab. Man trägt sich in der Gesellschaft mit ihren Bonmots und erkennt diese sogleich daran, daß man von ihnen immer glauben möchte, sie kämen am wenigsten von einem Pfarrer; ihr Witz waltet überall, nur auf der Kanzel nicht; doch predigen sie gediegen, aber ohne Originalität. Sie lesen keuchend ihre Predigt ab und sagen, wenn man ihnen über die Frömmigkeit derselben sein Erstaunen ausdrückt: "Lieber Freund, ich predige nicht, was ich lehre, sondern was die Schrift lehrt!“

Andere Geistliche gibt es, welche in der Mitte zwischen der Welt und der Kirche schweben und zweifelhaft sind, wo sie am besten hingehören. Diese würden sich gut zu fürstlichen Beichtvätern eignen, weil die geistliche Würde bei ihnen mit den feinsten Manieren verschmolzen ist. Dies sind die berühmten sonntäglichen Hauptprediger, welche einen so schönen Styl in ihren Predigten haben und besonders von den Frauen angebetet werden. Jhr Auge strahlt eine gebrochene Verklärung aus; ihre Rede besteht theils aus Prosa, theils aus Versen; jene ist mit Blumen bedeckt, mit Frühlingssäuseln und jenen transparenten Glorien, wo im Brillantfeuer die Worte strahlen: Glaube, Liebe, Hoffnung. Diese Verse treten immer da ein, wo das Gefühl des Redners überströmt, bei Uebergängen und Schlußabsätzen. Die Frauen lassen sich

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[132/0134] ihnen als Relief ihrer Einfälle dienen; indem sie sicher sind, nicht das Gleichgewicht zu verlieren, setzen sie alle Andern auf die Erde ab. Man trägt sich in der Gesellschaft mit ihren Bonmots und erkennt diese sogleich daran, daß man von ihnen immer glauben möchte, sie kämen am wenigsten von einem Pfarrer; ihr Witz waltet überall, nur auf der Kanzel nicht; doch predigen sie gediegen, aber ohne Originalität. Sie lesen keuchend ihre Predigt ab und sagen, wenn man ihnen über die Frömmigkeit derselben sein Erstaunen ausdrückt: "Lieber Freund, ich predige nicht, was ich lehre, sondern was die Schrift lehrt!“ Andere Geistliche gibt es, welche in der Mitte zwischen der Welt und der Kirche schweben und zweifelhaft sind, wo sie am besten hingehören. Diese würden sich gut zu fürstlichen Beichtvätern eignen, weil die geistliche Würde bei ihnen mit den feinsten Manieren verschmolzen ist. Dies sind die berühmten sonntäglichen Hauptprediger, welche einen so schönen Styl in ihren Predigten haben und besonders von den Frauen angebetet werden. Jhr Auge strahlt eine gebrochene Verklärung aus; ihre Rede besteht theils aus Prosa, theils aus Versen; jene ist mit Blumen bedeckt, mit Frühlingssäuseln und jenen transparenten Glorien, wo im Brillantfeuer die Worte strahlen: Glaube, Liebe, Hoffnung. Diese Verse treten immer da ein, wo das Gefühl des Redners überströmt, bei Uebergängen und Schlußabsätzen. Die Frauen lassen sich

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Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/134>, abgerufen am 22.11.2024.