Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Schwester war überdieß noch moralisch sehr angegriffen, weil nämlich der häusliche Störenfried noch immer um sie herum sein boshaftes Wesen trieb. Als sie gestern Abend in den Wagen stieg, steckte der Satirist in allen Taschen desselben; als sie am Morgen sich in's Bett legen wollte, war gleichfalls ein Exemplar unter dem Kopfkissen. Heut Morgen traf sie den Spuk an allen geheimen und offnen Orten an, wo sie ihren Fuß hinsetzte. Sie konnte jenen Psalm Davids singen: Und nähm' ich die Flügel der Morgenröthe oder versenkte mich in's tiefste Meer, überall bist du mir nah, schreckliche Verhöhnung! So sehr wir auf das Dienstpersonal Verdacht haben mußten, und eine Säuberung desselben wünschten, so wurden doch diese Wünsche von dem, was eben erfolgen sollte, noch bei weitem übertroffen; denn es öffnete sich plötzlich die Thür und die ganze Reihefolge des Gesindes zeigte sich im Vorzimmer, Koch, Köchin, Hausmädchen, im Ganzen sieben Personen, Hilary ausgenommen. Der Portier erbat sich die Erlaubniß, ihnen allen die Thüre zu öffnen und hereintreten zu dürfen. Meine Schwester wollt' es durchaus nicht gestatten, ich redete ihr zu, doch zu hören, was es gäbe, und so ergab sich denn Folgendes, was in meiner Zeit auch unerhört war: Der Koch, der Portier und Hausknecht wollten sich in die englische Legion anwerben lassen, die der Landstreicher Evans nach Spanien zu führen gedachte. Die vier Frauenzimmer, hatten wir sogleich angenommen, würden sie begleiten wollen, wenn nicht eine Schwester war überdieß noch moralisch sehr angegriffen, weil nämlich der häusliche Störenfried noch immer um sie herum sein boshaftes Wesen trieb. Als sie gestern Abend in den Wagen stieg, steckte der Satirist in allen Taschen desselben; als sie am Morgen sich in’s Bett legen wollte, war gleichfalls ein Exemplar unter dem Kopfkissen. Heut Morgen traf sie den Spuk an allen geheimen und offnen Orten an, wo sie ihren Fuß hinsetzte. Sie konnte jenen Psalm Davids singen: Und nähm’ ich die Flügel der Morgenröthe oder versenkte mich in’s tiefste Meer, überall bist du mir nah, schreckliche Verhöhnung! So sehr wir auf das Dienstpersonal Verdacht haben mußten, und eine Säuberung desselben wünschten, so wurden doch diese Wünsche von dem, was eben erfolgen sollte, noch bei weitem übertroffen; denn es öffnete sich plötzlich die Thür und die ganze Reihefolge des Gesindes zeigte sich im Vorzimmer, Koch, Köchin, Hausmädchen, im Ganzen sieben Personen, Hilary ausgenommen. Der Portier erbat sich die Erlaubniß, ihnen allen die Thüre zu öffnen und hereintreten zu dürfen. Meine Schwester wollt’ es durchaus nicht gestatten, ich redete ihr zu, doch zu hören, was es gäbe, und so ergab sich denn Folgendes, was in meiner Zeit auch unerhört war: Der Koch, der Portier und Hausknecht wollten sich in die englische Legion anwerben lassen, die der Landstreicher Evans nach Spanien zu führen gedachte. Die vier Frauenzimmer, hatten wir sogleich angenommen, würden sie begleiten wollen, wenn nicht eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0482" n="454"/> Schwester war überdieß noch moralisch sehr angegriffen, weil nämlich der häusliche Störenfried noch immer um sie herum sein boshaftes Wesen trieb. Als sie gestern Abend in den Wagen stieg, steckte der Satirist in allen Taschen desselben; als sie am Morgen sich in’s Bett legen wollte, war gleichfalls ein Exemplar unter dem Kopfkissen. Heut Morgen traf sie den Spuk an allen geheimen und offnen Orten an, wo sie ihren Fuß hinsetzte. Sie konnte jenen Psalm Davids singen: Und nähm’ ich die Flügel der Morgenröthe oder versenkte mich in’s tiefste Meer, überall bist du mir nah, schreckliche Verhöhnung! So sehr wir auf das Dienstpersonal Verdacht haben mußten, und eine Säuberung desselben wünschten, so wurden doch diese Wünsche von dem, was eben erfolgen sollte, noch bei weitem übertroffen; denn es öffnete sich plötzlich die Thür und die ganze Reihefolge des Gesindes zeigte sich im Vorzimmer, Koch, Köchin, Hausmädchen, im Ganzen sieben Personen, Hilary ausgenommen. Der Portier erbat sich die Erlaubniß, ihnen allen die Thüre zu öffnen und hereintreten zu dürfen. Meine Schwester wollt’ es durchaus nicht gestatten, ich redete ihr zu, doch zu hören, was es gäbe, und so ergab sich denn Folgendes, was in meiner Zeit auch unerhört war: Der Koch, der Portier und Hausknecht wollten sich in die englische Legion anwerben lassen, die der Landstreicher Evans nach Spanien zu führen gedachte. Die vier Frauenzimmer, hatten wir sogleich angenommen, würden sie begleiten wollen, wenn nicht eine </p> </div> </body> </text> </TEI> [454/0482]
Schwester war überdieß noch moralisch sehr angegriffen, weil nämlich der häusliche Störenfried noch immer um sie herum sein boshaftes Wesen trieb. Als sie gestern Abend in den Wagen stieg, steckte der Satirist in allen Taschen desselben; als sie am Morgen sich in’s Bett legen wollte, war gleichfalls ein Exemplar unter dem Kopfkissen. Heut Morgen traf sie den Spuk an allen geheimen und offnen Orten an, wo sie ihren Fuß hinsetzte. Sie konnte jenen Psalm Davids singen: Und nähm’ ich die Flügel der Morgenröthe oder versenkte mich in’s tiefste Meer, überall bist du mir nah, schreckliche Verhöhnung! So sehr wir auf das Dienstpersonal Verdacht haben mußten, und eine Säuberung desselben wünschten, so wurden doch diese Wünsche von dem, was eben erfolgen sollte, noch bei weitem übertroffen; denn es öffnete sich plötzlich die Thür und die ganze Reihefolge des Gesindes zeigte sich im Vorzimmer, Koch, Köchin, Hausmädchen, im Ganzen sieben Personen, Hilary ausgenommen. Der Portier erbat sich die Erlaubniß, ihnen allen die Thüre zu öffnen und hereintreten zu dürfen. Meine Schwester wollt’ es durchaus nicht gestatten, ich redete ihr zu, doch zu hören, was es gäbe, und so ergab sich denn Folgendes, was in meiner Zeit auch unerhört war: Der Koch, der Portier und Hausknecht wollten sich in die englische Legion anwerben lassen, die der Landstreicher Evans nach Spanien zu führen gedachte. Die vier Frauenzimmer, hatten wir sogleich angenommen, würden sie begleiten wollen, wenn nicht eine
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/482>, abgerufen am 28.07.2024. |