Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.spricht man weit mehr von der alten Grammatik, als von der Philosophie, Moral und Staatsweisheit des Alterthums. Man entläßt die Zöglinge auf die Akademie mit der Phrase: wir haben in euch den Baum der Humanität gepflanzt .... und hat ihnen doch nichts anders in das Gedächtniß geprägt, als z. B. eine ellenlange Reihe von Zeitwörtern, die ihre zukünftige Zeit in der handelnden Form passivisch bilden oder ähnliche große Wahrheiten über die Partikelwelt, die man auf dem stürmischen Meere der allgemeinen Zeitgeschichte und seiner speciellen Existenz nun brauchen soll als Schwimmblase, Rettungsboot, oder wozu die Wissenschaften doch sonst in der Verlegenheit uns dienen müßten. Es ist wahr, einige englische Pedanten, die sogar Bischöfe geworden sind, haben diese Unfruchtbarkeit der klassischen Studien durch ihre eignen beschränkten Beschäftigungen noch höher getrieben. Wie viel geistlose Lexikographien und Glossarien sind nicht z. B. von Männern ausgegangen, wie dem Bischofe Blomfield? Unser Titus Pomponius Sylbenstecher ist ein Seitenverwandter von ihm und der Fürsorge seines Herzens innigst betraut. Er hat ihm geholfen bei der Zusammensetzung seiner Glossarien über den Aeschylus, welche nicht eine einzige feine Bemerkung, sondern nur die äschyleischen Tragödien selbst, in lexikographischen Schutt verwandelt, obwohl nach dem Alphabete eingerichtet, enthalten. Titus Pomponius ist der Sohn armer Eltern und fand durch Protektion die Mittel, um studiren zu können, wenigstens theilweise, spricht man weit mehr von der alten Grammatik, als von der Philosophie, Moral und Staatsweisheit des Alterthums. Man entläßt die Zöglinge auf die Akademie mit der Phrase: wir haben in euch den Baum der Humanität gepflanzt .... und hat ihnen doch nichts anders in das Gedächtniß geprägt, als z. B. eine ellenlange Reihe von Zeitwörtern, die ihre zukünftige Zeit in der handelnden Form passivisch bilden oder ähnliche große Wahrheiten über die Partikelwelt, die man auf dem stürmischen Meere der allgemeinen Zeitgeschichte und seiner speciellen Existenz nun brauchen soll als Schwimmblase, Rettungsboot, oder wozu die Wissenschaften doch sonst in der Verlegenheit uns dienen müßten. Es ist wahr, einige englische Pedanten, die sogar Bischöfe geworden sind, haben diese Unfruchtbarkeit der klassischen Studien durch ihre eignen beschränkten Beschäftigungen noch höher getrieben. Wie viel geistlose Lexikographien und Glossarien sind nicht z. B. von Männern ausgegangen, wie dem Bischofe Blomfield? Unser Titus Pomponius Sylbenstecher ist ein Seitenverwandter von ihm und der Fürsorge seines Herzens innigst betraut. Er hat ihm geholfen bei der Zusammensetzung seiner Glossarien über den Aeschylus, welche nicht eine einzige feine Bemerkung, sondern nur die äschyleischen Tragödien selbst, in lexikographischen Schutt verwandelt, obwohl nach dem Alphabete eingerichtet, enthalten. Titus Pomponius ist der Sohn armer Eltern und fand durch Protektion die Mittel, um studiren zu können, wenigstens theilweise, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0386" n="358"/> spricht man weit mehr von der alten Grammatik, als von der Philosophie, Moral und Staatsweisheit des Alterthums. Man entläßt die Zöglinge auf die Akademie mit der Phrase: wir haben in euch den Baum der Humanität gepflanzt .... und hat ihnen doch nichts anders in das Gedächtniß geprägt, als z. B. eine ellenlange Reihe von Zeitwörtern, die ihre zukünftige Zeit in der handelnden Form passivisch bilden oder ähnliche große Wahrheiten über die Partikelwelt, die man auf dem stürmischen Meere der allgemeinen Zeitgeschichte und seiner speciellen Existenz nun brauchen soll als Schwimmblase, Rettungsboot, oder wozu die Wissenschaften doch sonst in der Verlegenheit uns dienen müßten. Es ist wahr, einige englische Pedanten, die sogar Bischöfe geworden sind, haben diese Unfruchtbarkeit der klassischen Studien durch ihre eignen beschränkten Beschäftigungen noch höher getrieben. Wie viel geistlose Lexikographien und Glossarien sind nicht z. B. von Männern ausgegangen, wie dem Bischofe Blomfield? Unser Titus Pomponius Sylbenstecher ist ein Seitenverwandter von ihm und der Fürsorge seines Herzens innigst betraut. Er hat ihm geholfen bei der Zusammensetzung seiner Glossarien über den Aeschylus, welche nicht eine einzige feine Bemerkung, sondern nur die äschyleischen Tragödien selbst, in lexikographischen Schutt verwandelt, obwohl nach dem Alphabete eingerichtet, enthalten. Titus Pomponius ist der Sohn armer Eltern und fand durch Protektion die Mittel, um studiren zu können, wenigstens theilweise, </p> </div> </body> </text> </TEI> [358/0386]
spricht man weit mehr von der alten Grammatik, als von der Philosophie, Moral und Staatsweisheit des Alterthums. Man entläßt die Zöglinge auf die Akademie mit der Phrase: wir haben in euch den Baum der Humanität gepflanzt .... und hat ihnen doch nichts anders in das Gedächtniß geprägt, als z. B. eine ellenlange Reihe von Zeitwörtern, die ihre zukünftige Zeit in der handelnden Form passivisch bilden oder ähnliche große Wahrheiten über die Partikelwelt, die man auf dem stürmischen Meere der allgemeinen Zeitgeschichte und seiner speciellen Existenz nun brauchen soll als Schwimmblase, Rettungsboot, oder wozu die Wissenschaften doch sonst in der Verlegenheit uns dienen müßten. Es ist wahr, einige englische Pedanten, die sogar Bischöfe geworden sind, haben diese Unfruchtbarkeit der klassischen Studien durch ihre eignen beschränkten Beschäftigungen noch höher getrieben. Wie viel geistlose Lexikographien und Glossarien sind nicht z. B. von Männern ausgegangen, wie dem Bischofe Blomfield? Unser Titus Pomponius Sylbenstecher ist ein Seitenverwandter von ihm und der Fürsorge seines Herzens innigst betraut. Er hat ihm geholfen bei der Zusammensetzung seiner Glossarien über den Aeschylus, welche nicht eine einzige feine Bemerkung, sondern nur die äschyleischen Tragödien selbst, in lexikographischen Schutt verwandelt, obwohl nach dem Alphabete eingerichtet, enthalten. Titus Pomponius ist der Sohn armer Eltern und fand durch Protektion die Mittel, um studiren zu können, wenigstens theilweise,
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/386>, abgerufen am 28.07.2024. |