Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.werden. Wir unterstützen den ersten, wendet man ein, wir schicken ihm über Triest bedeutende Summen; wir verweisen Don Miguel aus Jtalien nicht, wir nehmen die von der Volksrache gestürzten Könige in unsere Grenzen auf und lassen sie großmüthig sterben und in der Gruft unsrer Fürsten beisetzen. Das sind Dienstleistungen, denen wir uns nicht entziehen können, die einmal von den Anhängern der Reaction eben so bestimmt in Anspruch genommen werden, wie sich etwa politische Flüchtlinge nur an die geheimen Comitees zu wenden brauchen, um existiren oder irgendwo einen verzweifelten Schlag ausführen zu können. Wir retardiren, aber weder im Jnteresse der Vergangenheit oder der Zukunft, sondern einzig dem status quo zu Liebe. Wir verstehen unter status quo nicht die gegenwärtig vor den Augen verbreitete Weltlage, sondern nur den bei der Flucht der Erscheinungen unbeweglich ruhenden Pol, die Einheit, die Sicherheit des Momentes, den man der Menschheit lassen muß, um zu athmen, der Gesellschaft, um fröhlich zu seyn, den Staaten, um ein gutes Beispiel zu nehmen und sich für das Bessere oder Schlechtere zu entscheiden, den Politikern endlich, um sich nach der Constellation der Umstände einzurichten und die Stellung einzunehmen, welche sie mitten in der Verwirrung glauben behaupten zu müssen. Wir wahren die Jnteressen der Conservativpartei nur deßhalb, um die Geschichte von dem überstürzenden Fortschreiten abzuhalten. Ohne Gleichgewicht des Für und Wider, ohne die Elasticität der Discussion werden. Wir unterstützen den ersten, wendet man ein, wir schicken ihm über Triest bedeutende Summen; wir verweisen Don Miguel aus Jtalien nicht, wir nehmen die von der Volksrache gestürzten Könige in unsere Grenzen auf und lassen sie großmüthig sterben und in der Gruft unsrer Fürsten beisetzen. Das sind Dienstleistungen, denen wir uns nicht entziehen können, die einmal von den Anhängern der Reaction eben so bestimmt in Anspruch genommen werden, wie sich etwa politische Flüchtlinge nur an die geheimen Comitees zu wenden brauchen, um existiren oder irgendwo einen verzweifelten Schlag ausführen zu können. Wir retardiren, aber weder im Jnteresse der Vergangenheit oder der Zukunft, sondern einzig dem status quo zu Liebe. Wir verstehen unter status quo nicht die gegenwärtig vor den Augen verbreitete Weltlage, sondern nur den bei der Flucht der Erscheinungen unbeweglich ruhenden Pol, die Einheit, die Sicherheit des Momentes, den man der Menschheit lassen muß, um zu athmen, der Gesellschaft, um fröhlich zu seyn, den Staaten, um ein gutes Beispiel zu nehmen und sich für das Bessere oder Schlechtere zu entscheiden, den Politikern endlich, um sich nach der Constellation der Umstände einzurichten und die Stellung einzunehmen, welche sie mitten in der Verwirrung glauben behaupten zu müssen. Wir wahren die Jnteressen der Conservativpartei nur deßhalb, um die Geschichte von dem überstürzenden Fortschreiten abzuhalten. Ohne Gleichgewicht des Für und Wider, ohne die Elasticität der Discussion <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0366" n="338"/> werden. Wir unterstützen den ersten, wendet man ein, wir schicken ihm über Triest bedeutende Summen; wir verweisen Don Miguel aus Jtalien nicht, wir nehmen die von der Volksrache gestürzten Könige in unsere Grenzen auf und lassen sie großmüthig sterben und in der Gruft unsrer Fürsten beisetzen. Das sind Dienstleistungen, denen wir uns nicht entziehen können, die einmal von den Anhängern der Reaction eben so bestimmt in Anspruch genommen werden, wie sich etwa politische Flüchtlinge nur an die geheimen Comitees zu wenden brauchen, um existiren oder irgendwo einen verzweifelten Schlag ausführen zu können. Wir retardiren, aber weder im Jnteresse der Vergangenheit oder der Zukunft, sondern einzig dem <hi rendition="#aq">status quo</hi> zu Liebe. Wir verstehen unter <hi rendition="#aq">status quo</hi> nicht die gegenwärtig vor den Augen verbreitete Weltlage, sondern nur den bei der Flucht der Erscheinungen unbeweglich ruhenden Pol, die Einheit, die Sicherheit des Momentes, den man der Menschheit lassen muß, um zu athmen, der Gesellschaft, um fröhlich zu seyn, den Staaten, um ein gutes Beispiel zu nehmen und sich für das Bessere oder Schlechtere zu entscheiden, den Politikern endlich, um sich nach der Constellation der Umstände einzurichten und die Stellung einzunehmen, welche sie mitten in der Verwirrung glauben behaupten zu müssen. Wir wahren die Jnteressen der Conservativpartei nur deßhalb, um die Geschichte von dem überstürzenden Fortschreiten abzuhalten. Ohne Gleichgewicht des Für und Wider, ohne die Elasticität der Discussion </p> </div> </body> </text> </TEI> [338/0366]
werden. Wir unterstützen den ersten, wendet man ein, wir schicken ihm über Triest bedeutende Summen; wir verweisen Don Miguel aus Jtalien nicht, wir nehmen die von der Volksrache gestürzten Könige in unsere Grenzen auf und lassen sie großmüthig sterben und in der Gruft unsrer Fürsten beisetzen. Das sind Dienstleistungen, denen wir uns nicht entziehen können, die einmal von den Anhängern der Reaction eben so bestimmt in Anspruch genommen werden, wie sich etwa politische Flüchtlinge nur an die geheimen Comitees zu wenden brauchen, um existiren oder irgendwo einen verzweifelten Schlag ausführen zu können. Wir retardiren, aber weder im Jnteresse der Vergangenheit oder der Zukunft, sondern einzig dem status quo zu Liebe. Wir verstehen unter status quo nicht die gegenwärtig vor den Augen verbreitete Weltlage, sondern nur den bei der Flucht der Erscheinungen unbeweglich ruhenden Pol, die Einheit, die Sicherheit des Momentes, den man der Menschheit lassen muß, um zu athmen, der Gesellschaft, um fröhlich zu seyn, den Staaten, um ein gutes Beispiel zu nehmen und sich für das Bessere oder Schlechtere zu entscheiden, den Politikern endlich, um sich nach der Constellation der Umstände einzurichten und die Stellung einzunehmen, welche sie mitten in der Verwirrung glauben behaupten zu müssen. Wir wahren die Jnteressen der Conservativpartei nur deßhalb, um die Geschichte von dem überstürzenden Fortschreiten abzuhalten. Ohne Gleichgewicht des Für und Wider, ohne die Elasticität der Discussion
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/366>, abgerufen am 28.07.2024. |