Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.hunderts ist der: Fällt uns bei Nennung ihres Namens nur blos ihre politische Stellung ein, oder knüpft sich sonst an sie eine außerordentliche Bestrebung an? Hier wird man immer finden, daß sich die Fürsten unsrer Tage außerordentlich tief in die inneren Gemächer ihrer Paläste zurückgezogen haben. Es ist mißlich, den Versuch zu machen und irgend einen auch nur ganz allgemeinen Fürstentypus der Gegenwart zu zeichnen. Man würde immer sagen: ich hätte selbst bei der einfachsten Schilderung eine Satire schreiben wollen. Auch ist man gegenwärtig so unempfänglich für die Persönlichkeit der Fürsten, daß ein Versuch die damit verknüpfte Mühe und Gefahr gar nicht belohnen würde. Unsre Zeit will die fürstliche Gewalt abgegrenzt sehen, dann mag sie getragen werden von Usurpatoren, Spielern oder Wollüstlingen; sie wird immer ein Auge für die Tugenden und Laster der Könige haben, aber von den erstern weit weniger begeistert und von den letzern weit weniger erzürnt werden, als ehemals. Wir in England sehen den König nicht einmal am Ruder des Staatsschiffes, er ist nur der Schutzpatron desselben. Wäre das letztere nicht der Fall, wären unsere Begriffe über die Befugnisse des Staates nicht so klar ausgebildet, welche Liebe zur Monarchie hätten uns wohl die zügellosen Ausschweifungen und die Rohheiten des Gemüthes, durch welche Georg JV. bekannt ist, einflößen sollen? Das größte Unglück an einem leichtsinnigen Fürsten ist jetzt wohl nur noch dieß, daß sein Vorbild hunderts ist der: Fällt uns bei Nennung ihres Namens nur blos ihre politische Stellung ein, oder knüpft sich sonst an sie eine außerordentliche Bestrebung an? Hier wird man immer finden, daß sich die Fürsten unsrer Tage außerordentlich tief in die inneren Gemächer ihrer Paläste zurückgezogen haben. Es ist mißlich, den Versuch zu machen und irgend einen auch nur ganz allgemeinen Fürstentypus der Gegenwart zu zeichnen. Man würde immer sagen: ich hätte selbst bei der einfachsten Schilderung eine Satire schreiben wollen. Auch ist man gegenwärtig so unempfänglich für die Persönlichkeit der Fürsten, daß ein Versuch die damit verknüpfte Mühe und Gefahr gar nicht belohnen würde. Unsre Zeit will die fürstliche Gewalt abgegrenzt sehen, dann mag sie getragen werden von Usurpatoren, Spielern oder Wollüstlingen; sie wird immer ein Auge für die Tugenden und Laster der Könige haben, aber von den erstern weit weniger begeistert und von den letzern weit weniger erzürnt werden, als ehemals. Wir in England sehen den König nicht einmal am Ruder des Staatsschiffes, er ist nur der Schutzpatron desselben. Wäre das letztere nicht der Fall, wären unsere Begriffe über die Befugnisse des Staates nicht so klar ausgebildet, welche Liebe zur Monarchie hätten uns wohl die zügellosen Ausschweifungen und die Rohheiten des Gemüthes, durch welche Georg JV. bekannt ist, einflößen sollen? Das größte Unglück an einem leichtsinnigen Fürsten ist jetzt wohl nur noch dieß, daß sein Vorbild <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0342" n="314"/> hunderts ist der: Fällt uns bei Nennung ihres Namens nur blos ihre politische Stellung ein, oder knüpft sich sonst an sie eine außerordentliche Bestrebung an? Hier wird man immer finden, daß sich die Fürsten unsrer Tage außerordentlich tief in die inneren Gemächer ihrer Paläste zurückgezogen haben.</p> <p>Es ist mißlich, den Versuch zu machen und irgend einen auch nur ganz allgemeinen Fürstentypus der Gegenwart zu zeichnen. Man würde immer sagen: ich hätte selbst bei der einfachsten Schilderung eine Satire schreiben wollen. Auch ist man gegenwärtig so unempfänglich für die Persönlichkeit der Fürsten, daß ein Versuch die damit verknüpfte Mühe und Gefahr gar nicht belohnen würde. Unsre Zeit will die fürstliche Gewalt abgegrenzt sehen, dann mag sie getragen werden von Usurpatoren, Spielern oder Wollüstlingen; sie wird immer ein Auge für die Tugenden und Laster der Könige haben, aber von den erstern weit weniger begeistert und von den letzern weit weniger erzürnt werden, als ehemals. Wir in England sehen den König nicht einmal am Ruder des Staatsschiffes, er ist nur der Schutzpatron desselben. Wäre das letztere nicht der Fall, wären unsere Begriffe über die Befugnisse des Staates nicht so klar ausgebildet, welche Liebe zur Monarchie hätten uns wohl die zügellosen Ausschweifungen und die Rohheiten des Gemüthes, durch welche Georg <hi rendition="#aq">JV</hi>. bekannt ist, einflößen sollen? Das größte Unglück an einem leichtsinnigen Fürsten ist jetzt wohl nur noch dieß, daß sein Vorbild </p> </div> </body> </text> </TEI> [314/0342]
hunderts ist der: Fällt uns bei Nennung ihres Namens nur blos ihre politische Stellung ein, oder knüpft sich sonst an sie eine außerordentliche Bestrebung an? Hier wird man immer finden, daß sich die Fürsten unsrer Tage außerordentlich tief in die inneren Gemächer ihrer Paläste zurückgezogen haben.
Es ist mißlich, den Versuch zu machen und irgend einen auch nur ganz allgemeinen Fürstentypus der Gegenwart zu zeichnen. Man würde immer sagen: ich hätte selbst bei der einfachsten Schilderung eine Satire schreiben wollen. Auch ist man gegenwärtig so unempfänglich für die Persönlichkeit der Fürsten, daß ein Versuch die damit verknüpfte Mühe und Gefahr gar nicht belohnen würde. Unsre Zeit will die fürstliche Gewalt abgegrenzt sehen, dann mag sie getragen werden von Usurpatoren, Spielern oder Wollüstlingen; sie wird immer ein Auge für die Tugenden und Laster der Könige haben, aber von den erstern weit weniger begeistert und von den letzern weit weniger erzürnt werden, als ehemals. Wir in England sehen den König nicht einmal am Ruder des Staatsschiffes, er ist nur der Schutzpatron desselben. Wäre das letztere nicht der Fall, wären unsere Begriffe über die Befugnisse des Staates nicht so klar ausgebildet, welche Liebe zur Monarchie hätten uns wohl die zügellosen Ausschweifungen und die Rohheiten des Gemüthes, durch welche Georg JV. bekannt ist, einflößen sollen? Das größte Unglück an einem leichtsinnigen Fürsten ist jetzt wohl nur noch dieß, daß sein Vorbild
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/342>, abgerufen am 28.07.2024. |