Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.die Grausamkeit der Spanier begreifen lernten, diese Grausamkeit, welche durch das Gefühl getäuschter Erwartungen über die Schätze der Jndianer gegen die vermeintlichen Besitzer derselben gesteigert wurde. Weil man weniger fand, als man erwartet hatte, so rächte man sich an denen, von welchen man bald einsah, daß sie eines Betruges nicht fähig waren. Die neuern Reisenden brachten wenig Eldorado zurück, aber dafür desto mehr Naturgeschichte. Besonders ist Brasilien in der außerordentlichen Ueppigkeit seiner Vegetation und der bunten Mannigfaltigkeit jener Thierwelt, welche in der blühenden Botanik jenes Landes schwelgt, gründlich ausgekundschaftet worden. Welch' eine Welt! Alles lacht der Sonne mit den schönsten Jrisfarben entgegen! Auf den mit den buntesten Blüthen geschmückten Bäumen wiegen sich Affen und Papageien; unter den Palmen und Kaktus, umschwirrt von wunderbar gemalten Schmetterlingen, glaubt man fortwährend in den Gärten eines Sardanapals zu seyn. Ein Land bedarf solcher Schönheitswunder, um einigermaßen für die in diesen Wonnen schwelgende, sinnlich wuchernde, üppige und gefährliche Thierwelt entschädigt zu werden. Bei Nordamerika ist es weniger das Jnnere, als die Grenze, die man sucht. Man kennt noch nicht die Konturen des Nordpols; man hat die nordwestliche Durchfahrt noch nicht mit Gewißheit auf die Karte bringen können. Eisgebirge und eine Kälte, die alle Vegetation, selbst auch die animalische Existenz des Menschen aufhören die Grausamkeit der Spanier begreifen lernten, diese Grausamkeit, welche durch das Gefühl getäuschter Erwartungen über die Schätze der Jndianer gegen die vermeintlichen Besitzer derselben gesteigert wurde. Weil man weniger fand, als man erwartet hatte, so rächte man sich an denen, von welchen man bald einsah, daß sie eines Betruges nicht fähig waren. Die neuern Reisenden brachten wenig Eldorado zurück, aber dafür desto mehr Naturgeschichte. Besonders ist Brasilien in der außerordentlichen Ueppigkeit seiner Vegetation und der bunten Mannigfaltigkeit jener Thierwelt, welche in der blühenden Botanik jenes Landes schwelgt, gründlich ausgekundschaftet worden. Welch’ eine Welt! Alles lacht der Sonne mit den schönsten Jrisfarben entgegen! Auf den mit den buntesten Blüthen geschmückten Bäumen wiegen sich Affen und Papageien; unter den Palmen und Kaktus, umschwirrt von wunderbar gemalten Schmetterlingen, glaubt man fortwährend in den Gärten eines Sardanapals zu seyn. Ein Land bedarf solcher Schönheitswunder, um einigermaßen für die in diesen Wonnen schwelgende, sinnlich wuchernde, üppige und gefährliche Thierwelt entschädigt zu werden. Bei Nordamerika ist es weniger das Jnnere, als die Grenze, die man sucht. Man kennt noch nicht die Konturen des Nordpols; man hat die nordwestliche Durchfahrt noch nicht mit Gewißheit auf die Karte bringen können. Eisgebirge und eine Kälte, die alle Vegetation, selbst auch die animalische Existenz des Menschen aufhören <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0275" n="247"/> die Grausamkeit der Spanier begreifen lernten, diese Grausamkeit, welche durch das Gefühl getäuschter Erwartungen über die Schätze der Jndianer gegen die vermeintlichen Besitzer derselben gesteigert wurde. Weil man weniger fand, als man erwartet hatte, so rächte man sich an denen, von welchen man bald einsah, daß sie eines Betruges nicht fähig waren. Die neuern Reisenden brachten wenig Eldorado zurück, aber dafür desto mehr Naturgeschichte. Besonders ist Brasilien in der außerordentlichen Ueppigkeit seiner Vegetation und der bunten Mannigfaltigkeit jener Thierwelt, welche in der blühenden Botanik jenes Landes schwelgt, gründlich ausgekundschaftet worden. Welch’ eine Welt! Alles lacht der Sonne mit den schönsten Jrisfarben entgegen! Auf den mit den buntesten Blüthen geschmückten Bäumen wiegen sich Affen und Papageien; unter den Palmen und Kaktus, umschwirrt von wunderbar gemalten Schmetterlingen, glaubt man fortwährend in den Gärten eines Sardanapals zu seyn. Ein Land bedarf solcher Schönheitswunder, um einigermaßen für die in diesen Wonnen schwelgende, sinnlich wuchernde, üppige und gefährliche Thierwelt entschädigt zu werden.</p> <p>Bei Nordamerika ist es weniger das Jnnere, als die Grenze, die man sucht. Man kennt noch nicht die Konturen des Nordpols; man hat die nordwestliche Durchfahrt noch nicht mit Gewißheit auf die Karte bringen können. Eisgebirge und eine Kälte, die alle Vegetation, selbst auch die animalische Existenz des Menschen aufhören </p> </div> </body> </text> </TEI> [247/0275]
die Grausamkeit der Spanier begreifen lernten, diese Grausamkeit, welche durch das Gefühl getäuschter Erwartungen über die Schätze der Jndianer gegen die vermeintlichen Besitzer derselben gesteigert wurde. Weil man weniger fand, als man erwartet hatte, so rächte man sich an denen, von welchen man bald einsah, daß sie eines Betruges nicht fähig waren. Die neuern Reisenden brachten wenig Eldorado zurück, aber dafür desto mehr Naturgeschichte. Besonders ist Brasilien in der außerordentlichen Ueppigkeit seiner Vegetation und der bunten Mannigfaltigkeit jener Thierwelt, welche in der blühenden Botanik jenes Landes schwelgt, gründlich ausgekundschaftet worden. Welch’ eine Welt! Alles lacht der Sonne mit den schönsten Jrisfarben entgegen! Auf den mit den buntesten Blüthen geschmückten Bäumen wiegen sich Affen und Papageien; unter den Palmen und Kaktus, umschwirrt von wunderbar gemalten Schmetterlingen, glaubt man fortwährend in den Gärten eines Sardanapals zu seyn. Ein Land bedarf solcher Schönheitswunder, um einigermaßen für die in diesen Wonnen schwelgende, sinnlich wuchernde, üppige und gefährliche Thierwelt entschädigt zu werden.
Bei Nordamerika ist es weniger das Jnnere, als die Grenze, die man sucht. Man kennt noch nicht die Konturen des Nordpols; man hat die nordwestliche Durchfahrt noch nicht mit Gewißheit auf die Karte bringen können. Eisgebirge und eine Kälte, die alle Vegetation, selbst auch die animalische Existenz des Menschen aufhören
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