Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.wenig reizenden Anschein. Man wird wenig Zeiten in der Geschichte auffinden können, welche mit der sogenannten Restaurationsperiode, die sich in England auffallenderweise dießmal ganz ebenso entwickelte, wie auf dem Continente, verglichen werden könnten. Die edelsten Absichten wurden verkannt und die edelsten Kräfte unnütz verschwendet. Das Meiste auch, was benutzt werden konnte, blieb unangerührt liegen, weil es sowohl an Einheit der Bestrebungen, wie an dem Sonnenschein einer allgemeinen heitern und unbefangenen Stimmung gebrach. Es ist eine eben so kahle Epoche, wie die gleichzeitige des vorigen Jahrhunderts, wo sich Europa im Süden durch den Erbfolgekrieg und im Norden durch Peter und Karl erschöpft hatte und bis zum Regierungsantritte Friedrichs JJ. von Preußen eine allgemeine Apathie auf den Gemüthern lastete, eine Apathie, wo weder in der politischen Welt, noch in der literarischen und wissenschaftlichen irgend etwas Außerordentliches geschaffen wurde. Man wird mir zugestehen, daß auch in unserem Jahrhundert, seit dem Sturze Napoleons, wenig Glänzendes das Auge geblendet hat, weder auf dem Schlachtfelde, noch in der Kunst und Literatur; auf mein Wort, wenig Glänzendes; es sey denn, daß Lord Crack auf seine Stiefeln blickte und lächelnd auf einen Firniß zeigte, den freilich so glänzend zuzubereiten zu keinen frühern Zeiten möglich war. Auf die Restauration lassen sich zwei ganz entgegengesetzte und dennoch zutreffende Bezeichnungen anwenden. wenig reizenden Anschein. Man wird wenig Zeiten in der Geschichte auffinden können, welche mit der sogenannten Restaurationsperiode, die sich in England auffallenderweise dießmal ganz ebenso entwickelte, wie auf dem Continente, verglichen werden könnten. Die edelsten Absichten wurden verkannt und die edelsten Kräfte unnütz verschwendet. Das Meiste auch, was benutzt werden konnte, blieb unangerührt liegen, weil es sowohl an Einheit der Bestrebungen, wie an dem Sonnenschein einer allgemeinen heitern und unbefangenen Stimmung gebrach. Es ist eine eben so kahle Epoche, wie die gleichzeitige des vorigen Jahrhunderts, wo sich Europa im Süden durch den Erbfolgekrieg und im Norden durch Peter und Karl erschöpft hatte und bis zum Regierungsantritte Friedrichs JJ. von Preußen eine allgemeine Apathie auf den Gemüthern lastete, eine Apathie, wo weder in der politischen Welt, noch in der literarischen und wissenschaftlichen irgend etwas Außerordentliches geschaffen wurde. Man wird mir zugestehen, daß auch in unserem Jahrhundert, seit dem Sturze Napoleons, wenig Glänzendes das Auge geblendet hat, weder auf dem Schlachtfelde, noch in der Kunst und Literatur; auf mein Wort, wenig Glänzendes; es sey denn, daß Lord Crack auf seine Stiefeln blickte und lächelnd auf einen Firniß zeigte, den freilich so glänzend zuzubereiten zu keinen frühern Zeiten möglich war. Auf die Restauration lassen sich zwei ganz entgegengesetzte und dennoch zutreffende Bezeichnungen anwenden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0117" n="89"/> wenig reizenden Anschein. Man wird wenig Zeiten in der Geschichte auffinden können, welche mit der sogenannten Restaurationsperiode, die sich in England auffallenderweise dießmal ganz ebenso entwickelte, wie auf dem Continente, verglichen werden könnten. Die edelsten Absichten wurden verkannt und die edelsten Kräfte unnütz verschwendet. Das Meiste auch, was benutzt werden konnte, blieb unangerührt liegen, weil es sowohl an Einheit der Bestrebungen, wie an dem Sonnenschein einer allgemeinen heitern und unbefangenen Stimmung gebrach. Es ist eine eben so kahle Epoche, wie die gleichzeitige des vorigen Jahrhunderts, wo sich Europa im Süden durch den Erbfolgekrieg und im Norden durch Peter und Karl erschöpft hatte und bis zum Regierungsantritte Friedrichs <hi rendition="#aq">JJ</hi>. von Preußen eine allgemeine Apathie auf den Gemüthern lastete, eine Apathie, wo weder in der politischen Welt, noch in der literarischen und wissenschaftlichen irgend etwas Außerordentliches geschaffen wurde. Man wird mir zugestehen, daß auch in unserem Jahrhundert, seit dem Sturze Napoleons, wenig Glänzendes das Auge geblendet hat, weder auf dem Schlachtfelde, noch in der Kunst und Literatur; auf mein Wort, wenig Glänzendes; es sey denn, daß Lord Crack auf seine Stiefeln blickte und lächelnd auf einen Firniß zeigte, den freilich so glänzend zuzubereiten zu keinen frühern Zeiten möglich war.</p> <p>Auf die Restauration lassen sich zwei ganz entgegengesetzte und dennoch zutreffende Bezeichnungen anwenden. </p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0117]
wenig reizenden Anschein. Man wird wenig Zeiten in der Geschichte auffinden können, welche mit der sogenannten Restaurationsperiode, die sich in England auffallenderweise dießmal ganz ebenso entwickelte, wie auf dem Continente, verglichen werden könnten. Die edelsten Absichten wurden verkannt und die edelsten Kräfte unnütz verschwendet. Das Meiste auch, was benutzt werden konnte, blieb unangerührt liegen, weil es sowohl an Einheit der Bestrebungen, wie an dem Sonnenschein einer allgemeinen heitern und unbefangenen Stimmung gebrach. Es ist eine eben so kahle Epoche, wie die gleichzeitige des vorigen Jahrhunderts, wo sich Europa im Süden durch den Erbfolgekrieg und im Norden durch Peter und Karl erschöpft hatte und bis zum Regierungsantritte Friedrichs JJ. von Preußen eine allgemeine Apathie auf den Gemüthern lastete, eine Apathie, wo weder in der politischen Welt, noch in der literarischen und wissenschaftlichen irgend etwas Außerordentliches geschaffen wurde. Man wird mir zugestehen, daß auch in unserem Jahrhundert, seit dem Sturze Napoleons, wenig Glänzendes das Auge geblendet hat, weder auf dem Schlachtfelde, noch in der Kunst und Literatur; auf mein Wort, wenig Glänzendes; es sey denn, daß Lord Crack auf seine Stiefeln blickte und lächelnd auf einen Firniß zeigte, den freilich so glänzend zuzubereiten zu keinen frühern Zeiten möglich war.
Auf die Restauration lassen sich zwei ganz entgegengesetzte und dennoch zutreffende Bezeichnungen anwenden.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/117>, abgerufen am 28.07.2024. |