Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

mer einen Tag überschlagen, einen Tag, wo
sie nicht untreu aber ohne Rapport und Illu¬
sion ist. Man kann nicht unhöflicher sein, als
an diesem Tage, der überschlagen werden sollte,
der für die Liebe gar nicht da ist, seine Braut
zu überraschen."

Wally lachte laut auf. Jetzt hielt sie Cä¬
sarn für einen Narren und fragte ihn, welche
Frau ihm diese Geständnisse gemacht habe.

Cäsar war kein Pedant, er lachte mit, fuhr
aber fort: "Ich versichre Sie, es ist nichts
abscheulicher, als das Ungeschickte und Unbe¬
queme. Der Instinkt mag hier manche üble
Empfindung hintertreiben; aber sicher geht
allein die Combination der Psychologie. Ich
möchte um alles in der Welt zu einer gewissen
Zeit, unter gewissen Umständen von der Freund¬
schaft kein Opfer, von der Liebe keine Zärt¬
lichkeit verlangen. Mit unsrer rohen Natür¬
lichkeit sind wir immer gewohnt zu übertreiben;

mer einen Tag überſchlagen, einen Tag, wo
ſie nicht untreu aber ohne Rapport und Illu¬
ſion iſt. Man kann nicht unhöflicher ſein, als
an dieſem Tage, der überſchlagen werden ſollte,
der für die Liebe gar nicht da iſt, ſeine Braut
zu überraſchen.“

Wally lachte laut auf. Jetzt hielt ſie Cä¬
ſarn für einen Narren und fragte ihn, welche
Frau ihm dieſe Geſtändniſſe gemacht habe.

Cäſar war kein Pedant, er lachte mit, fuhr
aber fort: „Ich verſichre Sie, es iſt nichts
abſcheulicher, als das Ungeſchickte und Unbe¬
queme. Der Inſtinkt mag hier manche üble
Empfindung hintertreiben; aber ſicher geht
allein die Combination der Pſychologie. Ich
möchte um alles in der Welt zu einer gewiſſen
Zeit, unter gewiſſen Umſtänden von der Freund¬
ſchaft kein Opfer, von der Liebe keine Zärt¬
lichkeit verlangen. Mit unſrer rohen Natür¬
lichkeit ſind wir immer gewohnt zu übertreiben;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0036" n="27"/>
mer einen Tag über&#x017F;chlagen, einen Tag, wo<lb/>
&#x017F;ie nicht untreu aber ohne Rapport und Illu¬<lb/>
&#x017F;ion i&#x017F;t. Man kann nicht unhöflicher &#x017F;ein, als<lb/>
an die&#x017F;em Tage, der über&#x017F;chlagen werden &#x017F;ollte,<lb/>
der für die Liebe gar nicht da i&#x017F;t, &#x017F;eine Braut<lb/>
zu überra&#x017F;chen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Wally lachte laut auf. Jetzt hielt &#x017F;ie Cä¬<lb/>
&#x017F;arn für einen Narren und fragte ihn, welche<lb/>
Frau ihm die&#x017F;e Ge&#x017F;tändni&#x017F;&#x017F;e gemacht habe.</p><lb/>
          <p>&#x017F;ar war kein Pedant, er lachte mit, fuhr<lb/>
aber fort: &#x201E;Ich ver&#x017F;ichre Sie, es i&#x017F;t nichts<lb/>
ab&#x017F;cheulicher, als das Unge&#x017F;chickte und Unbe¬<lb/>
queme. Der In&#x017F;tinkt mag hier manche üble<lb/>
Empfindung hintertreiben; aber &#x017F;icher geht<lb/>
allein die Combination der P&#x017F;ychologie. Ich<lb/>
möchte um alles in der Welt zu einer gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Zeit, unter gewi&#x017F;&#x017F;en Um&#x017F;tänden von der Freund¬<lb/>
&#x017F;chaft kein Opfer, von der Liebe keine Zärt¬<lb/>
lichkeit verlangen. Mit un&#x017F;rer rohen Natür¬<lb/>
lichkeit &#x017F;ind wir immer gewohnt zu übertreiben;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0036] mer einen Tag überſchlagen, einen Tag, wo ſie nicht untreu aber ohne Rapport und Illu¬ ſion iſt. Man kann nicht unhöflicher ſein, als an dieſem Tage, der überſchlagen werden ſollte, der für die Liebe gar nicht da iſt, ſeine Braut zu überraſchen.“ Wally lachte laut auf. Jetzt hielt ſie Cä¬ ſarn für einen Narren und fragte ihn, welche Frau ihm dieſe Geſtändniſſe gemacht habe. Cäſar war kein Pedant, er lachte mit, fuhr aber fort: „Ich verſichre Sie, es iſt nichts abſcheulicher, als das Ungeſchickte und Unbe¬ queme. Der Inſtinkt mag hier manche üble Empfindung hintertreiben; aber ſicher geht allein die Combination der Pſychologie. Ich möchte um alles in der Welt zu einer gewiſſen Zeit, unter gewiſſen Umſtänden von der Freund¬ ſchaft kein Opfer, von der Liebe keine Zärt¬ lichkeit verlangen. Mit unſrer rohen Natür¬ lichkeit ſind wir immer gewohnt zu übertreiben;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/36
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/36>, abgerufen am 24.11.2024.