Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Aber wie erstaunte man, als der Professor, der noch jugendfrische Künstler, mit kräftiger Stimme ausrief und lachend sogar: Laßt mich doch in Ruhe, ihr närrischen Leute! Werde ich denn jammern und klagen um eine Arbeit, die mir richtig bezahlt worden ist! Hab' sie ja noch im Modell und kann sie alle Tage neu machen! Nein, Brüderlein, wandte er sich zu Triesel. Diesmal werde ich nicht trottoirkrank! So ein Narr, wie Benvenuto Cellini, bin ich nicht! Um seinen jämmerlichen Perseus hat Der die ganze Welt zum Schutzmann und Kastellan gestellt! Daß ja Nichts an dem Wunderwerke verdorben werde! Einen Moment, das gebe ich zu, hat mich das Bild des Geschehenen starr gemacht. Zu denken: Da draußen in der Winternacht, auf dem verschneiten Kirchhof, wo der Mond sich die Gräber besieht, die alten hohen Fichten, die Lebensbäume, theilweise jetzt mit Stroh umwickelt, unsre schwachen Emporgedanken vorstellen, kommt eine hereingeschlichene dunkle, halb wahnsinnig gewordene Gestalt, geführt von einem Dämon, der den Hammer schwingt und meine Treue, meine Beständigkeit, meine Liebe, die jene Frau grade selbst bestellt, in Stücke schlägt -! Es ist vielleicht ein Bild für Triesels Meisterpinsel und für die nächste Ausstellung. Die Dame ist alt und lebt wohl nicht mehr lange. Hernach aber habe ich mir alle Condolenzbesuche verbeten; Aber wie erstaunte man, als der Professor, der noch jugendfrische Künstler, mit kräftiger Stimme ausrief und lachend sogar: Laßt mich doch in Ruhe, ihr närrischen Leute! Werde ich denn jammern und klagen um eine Arbeit, die mir richtig bezahlt worden ist! Hab’ sie ja noch im Modell und kann sie alle Tage neu machen! Nein, Brüderlein, wandte er sich zu Triesel. Diesmal werde ich nicht trottoirkrank! So ein Narr, wie Benvenuto Cellini, bin ich nicht! Um seinen jämmerlichen Perseus hat Der die ganze Welt zum Schutzmann und Kastellan gestellt! Daß ja Nichts an dem Wunderwerke verdorben werde! Einen Moment, das gebe ich zu, hat mich das Bild des Geschehenen starr gemacht. Zu denken: Da draußen in der Winternacht, auf dem verschneiten Kirchhof, wo der Mond sich die Gräber besieht, die alten hohen Fichten, die Lebensbäume, theilweise jetzt mit Stroh umwickelt, unsre schwachen Emporgedanken vorstellen, kommt eine hereingeschlichene dunkle, halb wahnsinnig gewordene Gestalt, geführt von einem Dämon, der den Hammer schwingt und meine Treue, meine Beständigkeit, meine Liebe, die jene Frau grade selbst bestellt, in Stücke schlägt –! Es ist vielleicht ein Bild für Triesels Meisterpinsel und für die nächste Ausstellung. Die Dame ist alt und lebt wohl nicht mehr lange. Hernach aber habe ich mir alle Condolenzbesuche verbeten; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0310" n="304"/> <p> Aber wie erstaunte man, als der Professor, der noch jugendfrische Künstler, mit kräftiger Stimme ausrief und lachend sogar: Laßt mich doch in Ruhe, ihr närrischen Leute! Werde ich denn jammern und klagen um eine Arbeit, die mir richtig bezahlt worden ist! Hab’ sie ja noch im Modell und kann sie alle Tage neu machen! Nein, Brüderlein, wandte er sich zu Triesel. Diesmal werde ich nicht trottoirkrank! So ein Narr, wie Benvenuto Cellini, bin ich nicht! Um seinen jämmerlichen Perseus hat Der die ganze Welt zum Schutzmann und Kastellan gestellt! Daß ja Nichts an dem Wunderwerke verdorben werde! Einen Moment, das gebe ich zu, hat mich das Bild des Geschehenen starr gemacht. Zu denken: Da draußen in der Winternacht, auf dem verschneiten Kirchhof, wo der Mond sich die Gräber besieht, die alten hohen Fichten, die Lebensbäume, theilweise jetzt mit Stroh umwickelt, unsre schwachen Emporgedanken vorstellen, kommt eine hereingeschlichene dunkle, halb wahnsinnig gewordene Gestalt, geführt von einem Dämon, der den Hammer schwingt und meine Treue, meine Beständigkeit, meine Liebe, die jene Frau grade selbst bestellt, in Stücke schlägt –! Es ist vielleicht ein Bild für Triesels Meisterpinsel und für die nächste Ausstellung. Die Dame ist alt und lebt wohl nicht mehr lange. Hernach aber habe ich mir alle Condolenzbesuche verbeten; </p> </div> </body> </text> </TEI> [304/0310]
Aber wie erstaunte man, als der Professor, der noch jugendfrische Künstler, mit kräftiger Stimme ausrief und lachend sogar: Laßt mich doch in Ruhe, ihr närrischen Leute! Werde ich denn jammern und klagen um eine Arbeit, die mir richtig bezahlt worden ist! Hab’ sie ja noch im Modell und kann sie alle Tage neu machen! Nein, Brüderlein, wandte er sich zu Triesel. Diesmal werde ich nicht trottoirkrank! So ein Narr, wie Benvenuto Cellini, bin ich nicht! Um seinen jämmerlichen Perseus hat Der die ganze Welt zum Schutzmann und Kastellan gestellt! Daß ja Nichts an dem Wunderwerke verdorben werde! Einen Moment, das gebe ich zu, hat mich das Bild des Geschehenen starr gemacht. Zu denken: Da draußen in der Winternacht, auf dem verschneiten Kirchhof, wo der Mond sich die Gräber besieht, die alten hohen Fichten, die Lebensbäume, theilweise jetzt mit Stroh umwickelt, unsre schwachen Emporgedanken vorstellen, kommt eine hereingeschlichene dunkle, halb wahnsinnig gewordene Gestalt, geführt von einem Dämon, der den Hammer schwingt und meine Treue, meine Beständigkeit, meine Liebe, die jene Frau grade selbst bestellt, in Stücke schlägt –! Es ist vielleicht ein Bild für Triesels Meisterpinsel und für die nächste Ausstellung. Die Dame ist alt und lebt wohl nicht mehr lange. Hernach aber habe ich mir alle Condolenzbesuche verbeten;
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/310>, abgerufen am 16.02.2025. |