Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

herzen erträumt wird! In diese Perspective paßten dann Holls Erzählungen, die männlichen Bewährungen seines abenteuerreichen Lebens so ganz hinein. In Helenen lebten Anschauungen, die einer Einsamen mehr als Andern kommen mußten. Auch die Berichte, die Holl zuweilen aus dem Leben seines Prinzen erstattet hatte, hoben ihn selbst. Denn den Spott ließ er nur die Hörer ausüben. Holl wurde ein Liebling aller Menschen, die ihm näher rückten. Zugleich war er ein treuergebener Sohn seines neuen Adoptiv-Vaters.

Eine Ahnung über den Grund der Luzius'schen Verzweiflung beschlich Holl niemals. Die erste Ursache seines Schicksals ging ja von nur Einem unter sechszehn Kaufmannsgehülfen aus! Wer dachte da grade an den, der später Rechtsgelehrter wurde! Luzius hatte außer einer mäßigen Lebensversicherung Nichts für seine Familie hinterlassen. Möglich, daß er diese strafen wollte. Als Schindler die Familie am Morgen nach dem grauenvollen Ereigniß antraf, waren schon alle Zimmer für die Confectioneusen in Anspruch genommen, die in schwarzem Flor und Crepe de Deuil arbeiteten. Im Grunde gönnte auch Schindler dem Hochmuth, der Herzlosigkeit, der Vergnügungssucht diese Demüthigung durch eine gegen früher kaum nennenswerthe Einnahme. Ottomars Fortführung und Abwicklung der Geschäfte versuchte zwar

herzen erträumt wird! In diese Perspective paßten dann Holls Erzählungen, die männlichen Bewährungen seines abenteuerreichen Lebens so ganz hinein. In Helenen lebten Anschauungen, die einer Einsamen mehr als Andern kommen mußten. Auch die Berichte, die Holl zuweilen aus dem Leben seines Prinzen erstattet hatte, hoben ihn selbst. Denn den Spott ließ er nur die Hörer ausüben. Holl wurde ein Liebling aller Menschen, die ihm näher rückten. Zugleich war er ein treuergebener Sohn seines neuen Adoptiv-Vaters.

Eine Ahnung über den Grund der Luzius’schen Verzweiflung beschlich Holl niemals. Die erste Ursache seines Schicksals ging ja von nur Einem unter sechszehn Kaufmannsgehülfen aus! Wer dachte da grade an den, der später Rechtsgelehrter wurde! Luzius hatte außer einer mäßigen Lebensversicherung Nichts für seine Familie hinterlassen. Möglich, daß er diese strafen wollte. Als Schindler die Familie am Morgen nach dem grauenvollen Ereigniß antraf, waren schon alle Zimmer für die Confectioneusen in Anspruch genommen, die in schwarzem Flor und Crèpe de Deuil arbeiteten. Im Grunde gönnte auch Schindler dem Hochmuth, der Herzlosigkeit, der Vergnügungssucht diese Demüthigung durch eine gegen früher kaum nennenswerthe Einnahme. Ottomars Fortführung und Abwicklung der Geschäfte versuchte zwar

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0274" n="268"/>
herzen erträumt wird! In diese Perspective paßten dann Holls Erzählungen, die männlichen Bewährungen seines abenteuerreichen Lebens so ganz hinein. In Helenen lebten Anschauungen, die einer Einsamen mehr als Andern kommen mußten. Auch die Berichte, die Holl zuweilen aus dem Leben seines Prinzen erstattet hatte, hoben ihn selbst. Denn den Spott ließ er nur die Hörer ausüben. Holl wurde ein Liebling aller Menschen, die ihm näher rückten. Zugleich war er ein treuergebener Sohn seines neuen Adoptiv-Vaters.</p>
        <p>Eine Ahnung über den Grund der Luzius&#x2019;schen Verzweiflung beschlich Holl niemals. Die erste Ursache seines Schicksals ging ja von nur Einem unter sechszehn Kaufmannsgehülfen aus! Wer dachte da grade an den, der später Rechtsgelehrter wurde! Luzius hatte außer einer mäßigen Lebensversicherung Nichts für seine Familie hinterlassen. Möglich, daß er diese strafen wollte. Als Schindler die Familie am Morgen nach dem grauenvollen Ereigniß antraf, waren schon alle Zimmer für die Confectioneusen in Anspruch genommen, die in schwarzem Flor und Crèpe de Deuil arbeiteten. Im Grunde gönnte auch Schindler dem Hochmuth, der Herzlosigkeit, der Vergnügungssucht diese Demüthigung durch eine gegen früher kaum nennenswerthe Einnahme. Ottomars Fortführung und Abwicklung der Geschäfte versuchte zwar
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0274] herzen erträumt wird! In diese Perspective paßten dann Holls Erzählungen, die männlichen Bewährungen seines abenteuerreichen Lebens so ganz hinein. In Helenen lebten Anschauungen, die einer Einsamen mehr als Andern kommen mußten. Auch die Berichte, die Holl zuweilen aus dem Leben seines Prinzen erstattet hatte, hoben ihn selbst. Denn den Spott ließ er nur die Hörer ausüben. Holl wurde ein Liebling aller Menschen, die ihm näher rückten. Zugleich war er ein treuergebener Sohn seines neuen Adoptiv-Vaters. Eine Ahnung über den Grund der Luzius’schen Verzweiflung beschlich Holl niemals. Die erste Ursache seines Schicksals ging ja von nur Einem unter sechszehn Kaufmannsgehülfen aus! Wer dachte da grade an den, der später Rechtsgelehrter wurde! Luzius hatte außer einer mäßigen Lebensversicherung Nichts für seine Familie hinterlassen. Möglich, daß er diese strafen wollte. Als Schindler die Familie am Morgen nach dem grauenvollen Ereigniß antraf, waren schon alle Zimmer für die Confectioneusen in Anspruch genommen, die in schwarzem Flor und Crèpe de Deuil arbeiteten. Im Grunde gönnte auch Schindler dem Hochmuth, der Herzlosigkeit, der Vergnügungssucht diese Demüthigung durch eine gegen früher kaum nennenswerthe Einnahme. Ottomars Fortführung und Abwicklung der Geschäfte versuchte zwar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T11:57:26Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>) (2014-02-19T11:57:26Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/274
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/274>, abgerufen am 25.11.2024.