Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.seinen freien Lauf haben wollte. Noch ein Besinnen, dann zog sie ihre Kleider aus, nahm einen großen weiten Mantel, der sie ganz bedeckte, ging leise in die Zimmer ihres Mannes, öffnete dessen Garderobegemach, wo noch Alles von des Grafen vorhergegangener Toilette zum Theater ziemlich unordentlich durcheinander lag, riegelte von beiden Seiten die Thür zu und suchte in den verschiedenen großen gothisch geformten Schränken nach einem Paar lange nicht gebrauchten, schwerlich vermißten Pantalons, einem Ueberrock, einer Weste, die ihr paßten. Mit glücklichem Griff wählte sie, was ihr in der That saß, wenn sie auch die Tragbänder, deren eine Collection anzutreffen war, fast bis zum Halse hinaufschnallen mußte. Mit einem Riemen, den sie ebenfalls zu finden wußte, schnürte sie sich eine Taille, die nicht stutzerhafter herauskommen konnte. Die immer noch bedenklich bleibende Weite und Länge nach unten milderte sie durch Umbiegen und Aufstecken der Beinkleider mit Nadeln. Eine Weste, ein leichter Ueberzieher (sie rechnete auf ihren Pelzmantel) fanden sich nicht minder. Alles war in so reicher Auswahl vorhanden, daß der nach Hause kommende Gatte vom Fehlenden keine Ahnung haben konnte. Von einem allerdings nur kleinen und auf bestimmte Kopfgröße berechneten Hutlager wurde ein Exemplar annähernd über seinen freien Lauf haben wollte. Noch ein Besinnen, dann zog sie ihre Kleider aus, nahm einen großen weiten Mantel, der sie ganz bedeckte, ging leise in die Zimmer ihres Mannes, öffnete dessen Garderobegemach, wo noch Alles von des Grafen vorhergegangener Toilette zum Theater ziemlich unordentlich durcheinander lag, riegelte von beiden Seiten die Thür zu und suchte in den verschiedenen großen gothisch geformten Schränken nach einem Paar lange nicht gebrauchten, schwerlich vermißten Pantalons, einem Ueberrock, einer Weste, die ihr paßten. Mit glücklichem Griff wählte sie, was ihr in der That saß, wenn sie auch die Tragbänder, deren eine Collection anzutreffen war, fast bis zum Halse hinaufschnallen mußte. Mit einem Riemen, den sie ebenfalls zu finden wußte, schnürte sie sich eine Taille, die nicht stutzerhafter herauskommen konnte. Die immer noch bedenklich bleibende Weite und Länge nach unten milderte sie durch Umbiegen und Aufstecken der Beinkleider mit Nadeln. Eine Weste, ein leichter Ueberzieher (sie rechnete auf ihren Pelzmantel) fanden sich nicht minder. Alles war in so reicher Auswahl vorhanden, daß der nach Hause kommende Gatte vom Fehlenden keine Ahnung haben konnte. Von einem allerdings nur kleinen und auf bestimmte Kopfgröße berechneten Hutlager wurde ein Exemplar annähernd über <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0176" n="170"/> seinen freien Lauf haben wollte. Noch ein Besinnen, dann zog sie ihre Kleider aus, nahm einen großen weiten Mantel, der sie ganz bedeckte, ging leise in die Zimmer ihres Mannes, öffnete dessen Garderobegemach, wo noch Alles von des Grafen vorhergegangener Toilette zum Theater ziemlich unordentlich durcheinander lag, riegelte von beiden Seiten die Thür zu und suchte in den verschiedenen großen gothisch geformten Schränken nach einem Paar lange nicht gebrauchten, schwerlich vermißten Pantalons, einem Ueberrock, einer Weste, die ihr paßten.</p> <p>Mit glücklichem Griff wählte sie, was ihr in der That saß, wenn sie auch die Tragbänder, deren eine Collection anzutreffen war, fast bis zum Halse hinaufschnallen mußte.</p> <p>Mit einem Riemen, den sie ebenfalls zu finden wußte, schnürte sie sich eine Taille, die nicht stutzerhafter herauskommen konnte. Die immer noch bedenklich bleibende Weite und Länge nach unten milderte sie durch Umbiegen und Aufstecken der Beinkleider mit Nadeln. Eine Weste, ein leichter Ueberzieher (sie rechnete auf ihren Pelzmantel) fanden sich nicht minder. Alles war in so reicher Auswahl vorhanden, daß der nach Hause kommende Gatte vom Fehlenden keine Ahnung haben konnte. Von einem allerdings nur kleinen und auf bestimmte Kopfgröße berechneten Hutlager wurde ein Exemplar annähernd über </p> </div> </body> </text> </TEI> [170/0176]
seinen freien Lauf haben wollte. Noch ein Besinnen, dann zog sie ihre Kleider aus, nahm einen großen weiten Mantel, der sie ganz bedeckte, ging leise in die Zimmer ihres Mannes, öffnete dessen Garderobegemach, wo noch Alles von des Grafen vorhergegangener Toilette zum Theater ziemlich unordentlich durcheinander lag, riegelte von beiden Seiten die Thür zu und suchte in den verschiedenen großen gothisch geformten Schränken nach einem Paar lange nicht gebrauchten, schwerlich vermißten Pantalons, einem Ueberrock, einer Weste, die ihr paßten.
Mit glücklichem Griff wählte sie, was ihr in der That saß, wenn sie auch die Tragbänder, deren eine Collection anzutreffen war, fast bis zum Halse hinaufschnallen mußte.
Mit einem Riemen, den sie ebenfalls zu finden wußte, schnürte sie sich eine Taille, die nicht stutzerhafter herauskommen konnte. Die immer noch bedenklich bleibende Weite und Länge nach unten milderte sie durch Umbiegen und Aufstecken der Beinkleider mit Nadeln. Eine Weste, ein leichter Ueberzieher (sie rechnete auf ihren Pelzmantel) fanden sich nicht minder. Alles war in so reicher Auswahl vorhanden, daß der nach Hause kommende Gatte vom Fehlenden keine Ahnung haben konnte. Von einem allerdings nur kleinen und auf bestimmte Kopfgröße berechneten Hutlager wurde ein Exemplar annähernd über
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/176 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/176>, abgerufen am 16.02.2025. |