Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.gewiesen und lud ihn niemals ein. Von Adas Zimmern herüber hörte er ein rasendes "Clavierpauken", wie er's nannte. Und charakteristisch genug, er schloß daraus, daß seine Mutter zugegen war. Denn diese furchtbaren Rouladen dienten dann dazu, die mütterlichen Lehren und Vorwürfe zu dämpfen und sich selbst am Hören derselben zu verhindern. Graf Udo nahm den Schwager in der Regel nicht an. Heute, tief verstimmt, schien er Zerstreuung zu bedürfen. Forbeck unterhielt ihn. Er wußte immer Neues. In Geldsachen glaubte er ebenfalls ein für allemal den Riegel vorgeschoben zu haben. Ist doch Mama nicht etwa im Felde? sagte der Baron gleich beim Eintreten in seines Schwagers Zimmer und mit einem Ton, der dem einsam Trauernden etwas Erheiterung einflößte. Graf Udo saß in einer Sophaecke und reichte die Hand, die mechanisch ergriffen wurde. Der Trauernde hatte nach seinem Sturmgange durch den Park, angeregt durch einen Neptun, der früher zu einer Wasserkunst gehörte, die längst eingegangen war, angeregt auch durch die nasenlosen Götter ringsum, nach dem Homer gegriffen. Der Schwager nahm diese für ihn vollständig phantastische Lectüre für einen zu großen Beweis von Melancholie über Ada. Bester Freund, warum denn nicht Paul gewiesen und lud ihn niemals ein. Von Adas Zimmern herüber hörte er ein rasendes „Clavierpauken“, wie er’s nannte. Und charakteristisch genug, er schloß daraus, daß seine Mutter zugegen war. Denn diese furchtbaren Rouladen dienten dann dazu, die mütterlichen Lehren und Vorwürfe zu dämpfen und sich selbst am Hören derselben zu verhindern. Graf Udo nahm den Schwager in der Regel nicht an. Heute, tief verstimmt, schien er Zerstreuung zu bedürfen. Forbeck unterhielt ihn. Er wußte immer Neues. In Geldsachen glaubte er ebenfalls ein für allemal den Riegel vorgeschoben zu haben. Ist doch Mama nicht etwa im Felde? sagte der Baron gleich beim Eintreten in seines Schwagers Zimmer und mit einem Ton, der dem einsam Trauernden etwas Erheiterung einflößte. Graf Udo saß in einer Sophaecke und reichte die Hand, die mechanisch ergriffen wurde. Der Trauernde hatte nach seinem Sturmgange durch den Park, angeregt durch einen Neptun, der früher zu einer Wasserkunst gehörte, die längst eingegangen war, angeregt auch durch die nasenlosen Götter ringsum, nach dem Homer gegriffen. Der Schwager nahm diese für ihn vollständig phantastische Lectüre für einen zu großen Beweis von Melancholie über Ada. Bester Freund, warum denn nicht Paul <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0150" n="144"/> gewiesen und lud ihn niemals ein. Von Adas Zimmern herüber hörte er ein rasendes „Clavierpauken“, wie er’s nannte. Und charakteristisch genug, er schloß daraus, daß seine Mutter zugegen war. Denn diese furchtbaren Rouladen dienten dann dazu, die mütterlichen Lehren und Vorwürfe zu dämpfen und sich selbst am Hören derselben zu verhindern.</p> <p>Graf Udo nahm den Schwager in der Regel nicht an. Heute, tief verstimmt, schien er Zerstreuung zu bedürfen. Forbeck unterhielt ihn. Er wußte immer Neues. In Geldsachen glaubte er ebenfalls ein für allemal den Riegel vorgeschoben zu haben.</p> <p>Ist doch Mama nicht etwa im Felde? sagte der Baron gleich beim Eintreten in seines Schwagers Zimmer und mit einem Ton, der dem einsam Trauernden etwas Erheiterung einflößte.</p> <p>Graf Udo saß in einer Sophaecke und reichte die Hand, die mechanisch ergriffen wurde. Der Trauernde hatte nach seinem Sturmgange durch den Park, angeregt durch einen Neptun, der früher zu einer Wasserkunst gehörte, die längst eingegangen war, angeregt auch durch die nasenlosen Götter ringsum, nach dem Homer gegriffen. Der Schwager nahm diese für ihn vollständig phantastische Lectüre für einen zu großen Beweis von Melancholie über Ada. Bester Freund, warum denn nicht Paul </p> </div> </body> </text> </TEI> [144/0150]
gewiesen und lud ihn niemals ein. Von Adas Zimmern herüber hörte er ein rasendes „Clavierpauken“, wie er’s nannte. Und charakteristisch genug, er schloß daraus, daß seine Mutter zugegen war. Denn diese furchtbaren Rouladen dienten dann dazu, die mütterlichen Lehren und Vorwürfe zu dämpfen und sich selbst am Hören derselben zu verhindern.
Graf Udo nahm den Schwager in der Regel nicht an. Heute, tief verstimmt, schien er Zerstreuung zu bedürfen. Forbeck unterhielt ihn. Er wußte immer Neues. In Geldsachen glaubte er ebenfalls ein für allemal den Riegel vorgeschoben zu haben.
Ist doch Mama nicht etwa im Felde? sagte der Baron gleich beim Eintreten in seines Schwagers Zimmer und mit einem Ton, der dem einsam Trauernden etwas Erheiterung einflößte.
Graf Udo saß in einer Sophaecke und reichte die Hand, die mechanisch ergriffen wurde. Der Trauernde hatte nach seinem Sturmgange durch den Park, angeregt durch einen Neptun, der früher zu einer Wasserkunst gehörte, die längst eingegangen war, angeregt auch durch die nasenlosen Götter ringsum, nach dem Homer gegriffen. Der Schwager nahm diese für ihn vollständig phantastische Lectüre für einen zu großen Beweis von Melancholie über Ada. Bester Freund, warum denn nicht Paul
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/150>, abgerufen am 16.02.2025. |