Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Spiritus. Sie schien ihm würdig auf die Nachwelt zu kommen. Das Gespräch nahm nun keinen rechten Aufschwung mehr. Man führte wohl als Idee der Zeit noch das Streben nach Comfort und Behagen an, konnte aber über den allgemein verbreiteten Eudämonismus, die Sucht, möglichst heiter durch's Leben zu kommen, keinen besondern Glorienschein verbreiten. Während dieser Debatte saß der theilweise heute mehrfach von ihr betroffene Prinz Narziß vor einem seiner Erards und phantasirte sogenannte "endlose" Melodieen. Neben ihm stand ein Tisch, wo er die "Gedanken", die "Leitmotive", die ihm beim Blicken auf ein aufgeschlagenes Gedichtbuch und dem melodramatischen Begleiten desselben und langsam bedächtiger Lectüre einfielen, rasch niederschrieb. Denn Nichts rutscht leichter in den Acheron, pflegte Se. Durchlaucht zu sagen, als ein musikalisches Bild! Das ist wie der Wind! Die halbe Note anders gegriffen, zerstört eine ganze Klangwirkung. Aber auch diesem Schwelger auf den Rosenpfühlen Sardanapals, auf denen sich die aschenblonde Sonnentochter Edwina, die lichtumflossene, strahlendschöne "Erbin" noch immer nicht neben ihm hatte betten wollen, war es weniger um Gedanken, als Ideen zu thun. Beides Spiritus. Sie schien ihm würdig auf die Nachwelt zu kommen. Das Gespräch nahm nun keinen rechten Aufschwung mehr. Man führte wohl als Idee der Zeit noch das Streben nach Comfort und Behagen an, konnte aber über den allgemein verbreiteten Eudämonismus, die Sucht, möglichst heiter durch’s Leben zu kommen, keinen besondern Glorienschein verbreiten. Während dieser Debatte saß der theilweise heute mehrfach von ihr betroffene Prinz Narziß vor einem seiner Erards und phantasirte sogenannte „endlose“ Melodieen. Neben ihm stand ein Tisch, wo er die „Gedanken“, die „Leitmotive“, die ihm beim Blicken auf ein aufgeschlagenes Gedichtbuch und dem melodramatischen Begleiten desselben und langsam bedächtiger Lectüre einfielen, rasch niederschrieb. Denn Nichts rutscht leichter in den Acheron, pflegte Se. Durchlaucht zu sagen, als ein musikalisches Bild! Das ist wie der Wind! Die halbe Note anders gegriffen, zerstört eine ganze Klangwirkung. Aber auch diesem Schwelger auf den Rosenpfühlen Sardanapals, auf denen sich die aschenblonde Sonnentochter Edwina, die lichtumflossene, strahlendschöne „Erbin“ noch immer nicht neben ihm hatte betten wollen, war es weniger um Gedanken, als Ideen zu thun. Beides <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0213" n="207"/> Spiritus. Sie schien ihm würdig auf die Nachwelt zu kommen.</p> <p>Das Gespräch nahm nun keinen rechten Aufschwung mehr. Man führte wohl als Idee der Zeit noch das Streben nach Comfort und Behagen an, konnte aber über den allgemein verbreiteten Eudämonismus, die Sucht, möglichst heiter durch’s Leben zu kommen, keinen besondern Glorienschein verbreiten.</p> <p>Während dieser Debatte saß der theilweise heute mehrfach von ihr betroffene Prinz Narziß vor einem seiner <ref xml:id="TEXTErards" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLErards">Erards</ref> und phantasirte <ref xml:id="TEXTsogenannteBISMelodieen" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLsogenannteBISMelodieen">sogenannte „endlose“ Melodieen</ref>. Neben ihm stand ein Tisch, wo er die „Gedanken“, die „Leitmotive“, die ihm beim Blicken auf ein aufgeschlagenes Gedichtbuch und dem melodramatischen Begleiten desselben und langsam bedächtiger Lectüre einfielen, rasch niederschrieb. Denn Nichts rutscht leichter in den Acheron, pflegte Se. Durchlaucht zu sagen, als ein <ref xml:id="TEXTmusikalischesBild" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLmusikalischesBild">musikalisches Bild</ref>! Das ist wie der Wind! Die halbe Note anders gegriffen, zerstört eine ganze Klangwirkung.</p> <p>Aber auch diesem <ref xml:id="TEXTSchwelgerBISSardanapals" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLSchwelgerBISSardanapals">Schwelger auf den Rosenpfühlen Sardanapals</ref>, auf denen sich die aschenblonde Sonnentochter Edwina, die lichtumflossene, strahlendschöne „Erbin“ noch immer nicht neben ihm hatte betten wollen, war es <ref xml:id="TEXTwenigerBISIdeen" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLwenigerBISIdeen">weniger um Gedanken, als Ideen</ref> zu thun. Beides </p> </div> </body> </text> </TEI> [207/0213]
Spiritus. Sie schien ihm würdig auf die Nachwelt zu kommen.
Das Gespräch nahm nun keinen rechten Aufschwung mehr. Man führte wohl als Idee der Zeit noch das Streben nach Comfort und Behagen an, konnte aber über den allgemein verbreiteten Eudämonismus, die Sucht, möglichst heiter durch’s Leben zu kommen, keinen besondern Glorienschein verbreiten.
Während dieser Debatte saß der theilweise heute mehrfach von ihr betroffene Prinz Narziß vor einem seiner Erards und phantasirte sogenannte „endlose“ Melodieen. Neben ihm stand ein Tisch, wo er die „Gedanken“, die „Leitmotive“, die ihm beim Blicken auf ein aufgeschlagenes Gedichtbuch und dem melodramatischen Begleiten desselben und langsam bedächtiger Lectüre einfielen, rasch niederschrieb. Denn Nichts rutscht leichter in den Acheron, pflegte Se. Durchlaucht zu sagen, als ein musikalisches Bild! Das ist wie der Wind! Die halbe Note anders gegriffen, zerstört eine ganze Klangwirkung.
Aber auch diesem Schwelger auf den Rosenpfühlen Sardanapals, auf denen sich die aschenblonde Sonnentochter Edwina, die lichtumflossene, strahlendschöne „Erbin“ noch immer nicht neben ihm hatte betten wollen, war es weniger um Gedanken, als Ideen zu thun. Beides
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