Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Nun regte sich Althings weiches Gemüth. Er stand rasch auf, begleitete den Besuch und fing ganz leutselig mit ihm zu plaudern an. Aber warum gehen Sie schon? Die Mutter wird sich recht freuen, Sie zu sehen! Sie waren lange nicht da! Und dazu noch diese Modekrankheit, das menschliche Elend lindern! Haha! lachte er, doch ohne Bitterkeit; wie sich das nun ausnimmt! Die Frau Doctorin oder wie sie sich aus ihrer ersten Ehe lieber nennen hört, Frau Commerzienrath, sitzt mit Gräfinnen und Geheimräthinnen Comite und Sie, das Fräulein Ehlerdt, müssen die Sache selbst besorgen -

Ich thu' es gern! Ich thu' es gern -! erwiderte Martha tonlos. Daß der Professor ihrem Bruder gleichsam das Haus verboten hatte, war ihr ein schmerzlicher Stich in's Herz. Denn ihr Bruder, ein wissenschaftlich und praktisch gebildeter Techniker, hatte von je (nachbarliches Wohnen hatte die Freundschaft der Familien veranlaßt; Marthas Eltern waren früh gestorben) an Helenen, wie an seinem Ideal gehangen. Aber freilich, wie hatte sich der noch jetzt zuweilen sich einfindende Bewerber verändert! Einsilbig folgte Martha ihrer Freundin, um noch die Mutter zu begrüßen.

Althing, der, heute ein Nonplusultra von Höflichkeit, Begleitung bis über die abscheuliche "Flora" hinaus, zu Stande gebracht hatte, kehrte in sein Atelier zurück.

Nun regte sich Althings weiches Gemüth. Er stand rasch auf, begleitete den Besuch und fing ganz leutselig mit ihm zu plaudern an. Aber warum gehen Sie schon? Die Mutter wird sich recht freuen, Sie zu sehen! Sie waren lange nicht da! Und dazu noch diese Modekrankheit, das menschliche Elend lindern! Haha! lachte er, doch ohne Bitterkeit; wie sich das nun ausnimmt! Die Frau Doctorin oder wie sie sich aus ihrer ersten Ehe lieber nennen hört, Frau Commerzienrath, sitzt mit Gräfinnen und Geheimräthinnen Comité und Sie, das Fräulein Ehlerdt, müssen die Sache selbst besorgen –

Ich thu’ es gern! Ich thu’ es gern –! erwiderte Martha tonlos. Daß der Professor ihrem Bruder gleichsam das Haus verboten hatte, war ihr ein schmerzlicher Stich in’s Herz. Denn ihr Bruder, ein wissenschaftlich und praktisch gebildeter Techniker, hatte von je (nachbarliches Wohnen hatte die Freundschaft der Familien veranlaßt; Marthas Eltern waren früh gestorben) an Helenen, wie an seinem Ideal gehangen. Aber freilich, wie hatte sich der noch jetzt zuweilen sich einfindende Bewerber verändert! Einsilbig folgte Martha ihrer Freundin, um noch die Mutter zu begrüßen.

Althing, der, heute ein Nonplusultra von Höflichkeit, Begleitung bis über die abscheuliche „Flora“ hinaus, zu Stande gebracht hatte, kehrte in sein Atelier zurück.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0089" n="83"/>
Nun regte sich Althings weiches Gemüth. Er stand  rasch auf, begleitete den Besuch und fing ganz leutselig mit ihm zu plaudern  an. Aber warum gehen Sie schon? Die Mutter wird sich recht freuen, Sie zu  sehen! Sie waren lange nicht da! Und dazu noch <ref xml:id="TEXTdieseModekrankheitBISlindern" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLdieseModekrankheitBISlindern"> diese  Modekrankheit, das menschliche Elend lindern</ref>! Haha! lachte er, doch ohne  Bitterkeit; wie sich das nun ausnimmt! Die Frau Doctorin oder wie sie sich  aus ihrer ersten Ehe lieber nennen hört, Frau Commerzienrath, sitzt mit  Gräfinnen und Geheimräthinnen Comité und Sie, das Fräulein Ehlerdt, müssen  die Sache selbst besorgen &#x2013;</p>
        <p>Ich thu&#x2019; es gern! Ich thu&#x2019; es gern &#x2013;! erwiderte Martha tonlos.  Daß der Professor ihrem Bruder gleichsam das Haus verboten hatte, war ihr ein  schmerzlicher Stich in&#x2019;s Herz. Denn ihr Bruder, ein wissenschaftlich und  praktisch gebildeter Techniker, hatte von je (nachbarliches Wohnen hatte die  Freundschaft der Familien veranlaßt; Marthas Eltern waren früh gestorben) an  Helenen, wie an seinem Ideal gehangen. Aber freilich, wie hatte sich der noch  jetzt zuweilen sich einfindende Bewerber verändert! Einsilbig folgte Martha  ihrer Freundin, um noch die Mutter zu begrüßen. </p>
        <p>Althing, der, heute ein Nonplusultra von Höflichkeit, Begleitung  bis über die abscheuliche &#x201E;Flora&#x201C; hinaus, zu Stande gebracht hatte, kehrte in  sein Atelier zurück. </p>
        <p>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0089] Nun regte sich Althings weiches Gemüth. Er stand rasch auf, begleitete den Besuch und fing ganz leutselig mit ihm zu plaudern an. Aber warum gehen Sie schon? Die Mutter wird sich recht freuen, Sie zu sehen! Sie waren lange nicht da! Und dazu noch diese Modekrankheit, das menschliche Elend lindern! Haha! lachte er, doch ohne Bitterkeit; wie sich das nun ausnimmt! Die Frau Doctorin oder wie sie sich aus ihrer ersten Ehe lieber nennen hört, Frau Commerzienrath, sitzt mit Gräfinnen und Geheimräthinnen Comité und Sie, das Fräulein Ehlerdt, müssen die Sache selbst besorgen – Ich thu’ es gern! Ich thu’ es gern –! erwiderte Martha tonlos. Daß der Professor ihrem Bruder gleichsam das Haus verboten hatte, war ihr ein schmerzlicher Stich in’s Herz. Denn ihr Bruder, ein wissenschaftlich und praktisch gebildeter Techniker, hatte von je (nachbarliches Wohnen hatte die Freundschaft der Familien veranlaßt; Marthas Eltern waren früh gestorben) an Helenen, wie an seinem Ideal gehangen. Aber freilich, wie hatte sich der noch jetzt zuweilen sich einfindende Bewerber verändert! Einsilbig folgte Martha ihrer Freundin, um noch die Mutter zu begrüßen. Althing, der, heute ein Nonplusultra von Höflichkeit, Begleitung bis über die abscheuliche „Flora“ hinaus, zu Stande gebracht hatte, kehrte in sein Atelier zurück.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:27:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>) (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/89
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/89>, abgerufen am 25.11.2024.