Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.die seine geheimsten Sachen enthält, in der linken Schublade! In diesem Kasten liegt auch das Testament, das er mir einmal lachend zeigte, aber nicht vorgelesen hat! Auf dem Vormundschaftsgericht fehlt es - ich denke, die Mutter hat es aus Liebe zu mir, die zuweilen doch noch aus ihr hervorbricht, mit Bestechungen dahin gebracht, daß es gar nicht dort deponirt wurde. Aber es existirt bei Wolny! Finden wir dann noch Briefe, die seine Amouren entlarven, so ist die aufgebrochene Klappe belohnt! Für die Schlüssel sorgen Sie, Herr Ehlerdt! Aber vorläufig söhnen Sie sich scheinbar herzlich mit ihm aus! Was Comödie war an diesem teuflischen Vorschlag, wurde ausgeführt. Martha war auf einen an Wolny gerichteten Reuebrief des Bruders selbst zu ihm gestürzt. Das gutmüthige Mädchen rief aus: Hat denn noch Friede in mein Herz einziehen sollen! Sie war dem Bruder mit alter Liebe um den Hals gefallen, hatte seine Kleidung gemustert, ihm fehlende Knöpfe angenäht, seinen Kalabreser mit einem noch im Schranke befindlichen Cylinder vertauscht, ihn civilisirt, wie sie es nannte, und so im Triumph erst zum alten Wehlisch, dann zur Fabrik geleitet. Wehlisch war Zweifler gewesen, er hatte gemeint: Er wird nur Geld brauchen und dann wieder heidi! Aber Raimunds Haltung blieb seinen Versprechungen die seine geheimsten Sachen enthält, in der linken Schublade! In diesem Kasten liegt auch das Testament, das er mir einmal lachend zeigte, aber nicht vorgelesen hat! Auf dem Vormundschaftsgericht fehlt es – ich denke, die Mutter hat es aus Liebe zu mir, die zuweilen doch noch aus ihr hervorbricht, mit Bestechungen dahin gebracht, daß es gar nicht dort deponirt wurde. Aber es existirt bei Wolny! Finden wir dann noch Briefe, die seine Amouren entlarven, so ist die aufgebrochene Klappe belohnt! Für die Schlüssel sorgen Sie, Herr Ehlerdt! Aber vorläufig söhnen Sie sich scheinbar herzlich mit ihm aus! Was Comödie war an diesem teuflischen Vorschlag, wurde ausgeführt. Martha war auf einen an Wolny gerichteten Reuebrief des Bruders selbst zu ihm gestürzt. Das gutmüthige Mädchen rief aus: Hat denn noch Friede in mein Herz einziehen sollen! Sie war dem Bruder mit alter Liebe um den Hals gefallen, hatte seine Kleidung gemustert, ihm fehlende Knöpfe angenäht, seinen Kalabreser mit einem noch im Schranke befindlichen Cylinder vertauscht, ihn civilisirt, wie sie es nannte, und so im Triumph erst zum alten Wehlisch, dann zur Fabrik geleitet. Wehlisch war Zweifler gewesen, er hatte gemeint: Er wird nur Geld brauchen und dann wieder heidi! Aber Raimunds Haltung blieb seinen Versprechungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0239" n="233"/> die seine geheimsten Sachen enthält, in der linken Schublade! In diesem Kasten liegt auch das Testament, das er mir einmal lachend zeigte, aber nicht vorgelesen hat! Auf dem Vormundschaftsgericht fehlt es – ich denke, die Mutter hat es aus Liebe zu mir, die zuweilen doch noch aus ihr hervorbricht, mit Bestechungen dahin gebracht, daß es gar nicht dort deponirt wurde. Aber es existirt bei Wolny! Finden wir dann noch Briefe, die seine Amouren entlarven, so ist die aufgebrochene Klappe belohnt! Für die Schlüssel sorgen Sie, Herr Ehlerdt! Aber vorläufig söhnen Sie sich scheinbar herzlich mit ihm aus! </p> <p>Was Comödie war an diesem teuflischen Vorschlag, wurde ausgeführt. Martha war auf einen an Wolny gerichteten Reuebrief des Bruders selbst zu ihm gestürzt. Das gutmüthige Mädchen rief aus: Hat denn noch Friede in mein Herz einziehen sollen! Sie war dem Bruder mit alter Liebe um den Hals gefallen, hatte seine Kleidung gemustert, ihm fehlende Knöpfe angenäht, <ref xml:id="TEXTseinenKalabreserBISvertauscht" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLseinenKalabreserBISvertauscht">seinen Kalabreser mit einem noch im Schranke befindlichen Cylinder vertauscht</ref>, ihn civilisirt, wie sie es nannte, und so im Triumph erst zum alten Wehlisch, dann zur Fabrik geleitet. Wehlisch war Zweifler gewesen, er hatte gemeint: Er wird nur Geld brauchen und dann wieder heidi! Aber Raimunds Haltung blieb seinen Versprechungen </p> </div> </body> </text> </TEI> [233/0239]
die seine geheimsten Sachen enthält, in der linken Schublade! In diesem Kasten liegt auch das Testament, das er mir einmal lachend zeigte, aber nicht vorgelesen hat! Auf dem Vormundschaftsgericht fehlt es – ich denke, die Mutter hat es aus Liebe zu mir, die zuweilen doch noch aus ihr hervorbricht, mit Bestechungen dahin gebracht, daß es gar nicht dort deponirt wurde. Aber es existirt bei Wolny! Finden wir dann noch Briefe, die seine Amouren entlarven, so ist die aufgebrochene Klappe belohnt! Für die Schlüssel sorgen Sie, Herr Ehlerdt! Aber vorläufig söhnen Sie sich scheinbar herzlich mit ihm aus!
Was Comödie war an diesem teuflischen Vorschlag, wurde ausgeführt. Martha war auf einen an Wolny gerichteten Reuebrief des Bruders selbst zu ihm gestürzt. Das gutmüthige Mädchen rief aus: Hat denn noch Friede in mein Herz einziehen sollen! Sie war dem Bruder mit alter Liebe um den Hals gefallen, hatte seine Kleidung gemustert, ihm fehlende Knöpfe angenäht, seinen Kalabreser mit einem noch im Schranke befindlichen Cylinder vertauscht, ihn civilisirt, wie sie es nannte, und so im Triumph erst zum alten Wehlisch, dann zur Fabrik geleitet. Wehlisch war Zweifler gewesen, er hatte gemeint: Er wird nur Geld brauchen und dann wieder heidi! Aber Raimunds Haltung blieb seinen Versprechungen
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/239>, abgerufen am 16.02.2025. |