Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.spricht, wenn sie in Familienangelegenheiten ohne Raub handelten! Unsere Juristentage müssen es auch bei uns noch dahin bringen. Die Helden des jüngern Dumas werden, wenn sie ihre untreuen Frauen todtschießen, alle freigesprochen. Eigentlich ist das so auch bei den Germanen gewesen. Ueberhaupt - was man aus gerechtfertigter Leidenschaft thut, muß der Geschworene freisprechen -! Zuletzt rückte Rabe mit einem Vorschlage heraus - dem Raimund damals noch die Geistesgegenwart hatte, zu erwidern: Was geht die Sache mich an! Wenigstens müssen Sie bei dem, was Sie da wollen, mit zugegen sein! Darauf waren die Verführer nicht gefaßt. Forbeck namentlich steckte in zu vielen Unternehmungen, "Bauten", "Grundstückerwerbungen" - er war Aristokrat, Pferdewettrenner - doch nach einiger Zeit hatte ihn Rabe durch eine Summe Geldes bestimmt. Beide gaben dem Verlangen Raimunds nach, und nun hieß die Losung: Es steht ein Secretär in dem grünen Parterrezimmer neben dem Schlafzimmer der Mutter, wo Wolny zuweilen arbeitet, um in bedenklichen Krisen der Mutter näher zu sein! Seit lange ist er nicht dort gewesen! Aber es ist dort sein geheimes Archiv verwahrt! Ich sah den Secretär noch neulich offen stehen, sagte Rabe. Die Klappe des Secretärs, an dem er geschrieben, als der Mutter besonders schlecht gewesen, war nicht geschlossen. Da sah ich die blecherne Kapsel, spricht, wenn sie in Familienangelegenheiten ohne Raub handelten! Unsere Juristentage müssen es auch bei uns noch dahin bringen. Die Helden des jüngern Dumas werden, wenn sie ihre untreuen Frauen todtschießen, alle freigesprochen. Eigentlich ist das so auch bei den Germanen gewesen. Ueberhaupt – was man aus gerechtfertigter Leidenschaft thut, muß der Geschworene freisprechen –! Zuletzt rückte Rabe mit einem Vorschlage heraus – dem Raimund damals noch die Geistesgegenwart hatte, zu erwidern: Was geht die Sache mich an! Wenigstens müssen Sie bei dem, was Sie da wollen, mit zugegen sein! Darauf waren die Verführer nicht gefaßt. Forbeck namentlich steckte in zu vielen Unternehmungen, „Bauten“, „Grundstückerwerbungen“ – er war Aristokrat, Pferdewettrenner – doch nach einiger Zeit hatte ihn Rabe durch eine Summe Geldes bestimmt. Beide gaben dem Verlangen Raimunds nach, und nun hieß die Losung: Es steht ein Secretär in dem grünen Parterrezimmer neben dem Schlafzimmer der Mutter, wo Wolny zuweilen arbeitet, um in bedenklichen Krisen der Mutter näher zu sein! Seit lange ist er nicht dort gewesen! Aber es ist dort sein geheimes Archiv verwahrt! Ich sah den Secretär noch neulich offen stehen, sagte Rabe. Die Klappe des Secretärs, an dem er geschrieben, als der Mutter besonders schlecht gewesen, war nicht geschlossen. Da sah ich die blecherne Kapsel, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0238" n="232"/> spricht, wenn sie in Familienangelegenheiten ohne Raub handelten! Unsere Juristentage müssen es auch bei uns noch dahin bringen. <ref xml:id="TEXTDieHeldenBISfreigesprochen" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLDieHeldenBISfreigesprochen">Die Helden des jüngern Dumas werden, wenn sie ihre untreuen Frauen todtschießen, alle freigesprochen</ref>. <ref xml:id="TEXTEigentlichBISgewesen" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLEigentlichBISgewesen">Eigentlich ist das so auch bei den Germanen gewesen</ref>. Ueberhaupt – was man aus gerechtfertigter Leidenschaft thut, muß der Geschworene freisprechen –! Zuletzt rückte Rabe mit einem Vorschlage heraus – dem Raimund damals noch die Geistesgegenwart hatte, zu erwidern: Was geht die Sache mich an! Wenigstens müssen Sie bei dem, was Sie da wollen, mit zugegen sein! Darauf waren die Verführer nicht gefaßt. Forbeck namentlich steckte in zu vielen Unternehmungen, „Bauten“, „Grundstückerwerbungen“ – er war Aristokrat, Pferdewettrenner – doch nach einiger Zeit hatte ihn Rabe durch eine Summe Geldes bestimmt. Beide gaben dem Verlangen Raimunds nach, und nun hieß die Losung: Es steht ein Secretär in dem grünen Parterrezimmer neben dem Schlafzimmer der Mutter, wo Wolny zuweilen arbeitet, um in bedenklichen Krisen der Mutter näher zu sein! Seit lange ist er nicht dort gewesen! Aber es ist dort sein geheimes Archiv verwahrt! Ich sah den Secretär noch neulich offen stehen, sagte Rabe. Die Klappe des Secretärs, an dem er geschrieben, als der Mutter besonders schlecht gewesen, war nicht geschlossen. Da sah ich die blecherne Kapsel, </p> </div> </body> </text> </TEI> [232/0238]
spricht, wenn sie in Familienangelegenheiten ohne Raub handelten! Unsere Juristentage müssen es auch bei uns noch dahin bringen. Die Helden des jüngern Dumas werden, wenn sie ihre untreuen Frauen todtschießen, alle freigesprochen. Eigentlich ist das so auch bei den Germanen gewesen. Ueberhaupt – was man aus gerechtfertigter Leidenschaft thut, muß der Geschworene freisprechen –! Zuletzt rückte Rabe mit einem Vorschlage heraus – dem Raimund damals noch die Geistesgegenwart hatte, zu erwidern: Was geht die Sache mich an! Wenigstens müssen Sie bei dem, was Sie da wollen, mit zugegen sein! Darauf waren die Verführer nicht gefaßt. Forbeck namentlich steckte in zu vielen Unternehmungen, „Bauten“, „Grundstückerwerbungen“ – er war Aristokrat, Pferdewettrenner – doch nach einiger Zeit hatte ihn Rabe durch eine Summe Geldes bestimmt. Beide gaben dem Verlangen Raimunds nach, und nun hieß die Losung: Es steht ein Secretär in dem grünen Parterrezimmer neben dem Schlafzimmer der Mutter, wo Wolny zuweilen arbeitet, um in bedenklichen Krisen der Mutter näher zu sein! Seit lange ist er nicht dort gewesen! Aber es ist dort sein geheimes Archiv verwahrt! Ich sah den Secretär noch neulich offen stehen, sagte Rabe. Die Klappe des Secretärs, an dem er geschrieben, als der Mutter besonders schlecht gewesen, war nicht geschlossen. Da sah ich die blecherne Kapsel,
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/238>, abgerufen am 16.02.2025. |