Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Testamente ihres ersten Mannes, nun doch noch das ihrige machen. Natürlich fehlte Frau Luzius mit ihren Töchtern auf dem Balle nicht. Tänzer wie Vogler und Dieterici verstanden sich von selbst. Das Müssen auch für Ottomar lag in dessen Abhängigkeit, nicht von den Luzius'schen Töchtern, sondern von einem andern unglaublich starken Willen, von welchem er angefangen hatte, sich beherrschen zu lassen. Daß ihn schon der Damenverein hin und her jagte, war ihm an sich peinlich. Doch gehorchte er da, um der guten Sache willen. Aber Ada war es, die nicht endete, ihn, wie sie es nannte, in Trab zu bringen. Und warum? Sie sagte ihm geradezu "um ihn nur zu sehen". Graf Udo war für einige Zeit auf die Güter seines Onkels gereist. Ottomar schlich sich leise aus dem Serapionsbunde, der heute unter dem Hochdruck des von Triesel erwarteten Bildes stand, "die staubumhüllte Parade". Auf dem Hausgange carambolirte er mit seinem Collegen Dieterici. Dieser war, wie immer, in gewähltester Kleidung, in hellen Handschuhen und selbst in Lackstiefeln, da das Wetter trocken. Sein blondes Schnurrbärtchen war an den Enden kosmetisirt und spitzgedreht. Sie schießen ja wie der Marder vom Taubenschlag! sagte Dieterici in einem ihm sonst nicht eignen angeheiterten Tone. Testamente ihres ersten Mannes, nun doch noch das ihrige machen. Natürlich fehlte Frau Luzius mit ihren Töchtern auf dem Balle nicht. Tänzer wie Vogler und Dieterici verstanden sich von selbst. Das Müssen auch für Ottomar lag in dessen Abhängigkeit, nicht von den Luzius’schen Töchtern, sondern von einem andern unglaublich starken Willen, von welchem er angefangen hatte, sich beherrschen zu lassen. Daß ihn schon der Damenverein hin und her jagte, war ihm an sich peinlich. Doch gehorchte er da, um der guten Sache willen. Aber Ada war es, die nicht endete, ihn, wie sie es nannte, in Trab zu bringen. Und warum? Sie sagte ihm geradezu „um ihn nur zu sehen“. Graf Udo war für einige Zeit auf die Güter seines Onkels gereist. Ottomar schlich sich leise aus dem Serapionsbunde, der heute unter dem Hochdruck des von Triesel erwarteten Bildes stand, „die staubumhüllte Parade“. Auf dem Hausgange carambolirte er mit seinem Collegen Dieterici. Dieser war, wie immer, in gewähltester Kleidung, in hellen Handschuhen und selbst in Lackstiefeln, da das Wetter trocken. Sein blondes Schnurrbärtchen war an den Enden kosmetisirt und spitzgedreht. Sie schießen ja wie der Marder vom Taubenschlag! sagte Dieterici in einem ihm sonst nicht eignen angeheiterten Tone. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0216" n="210"/> Testamente ihres ersten Mannes, nun doch noch das ihrige machen. Natürlich fehlte Frau Luzius mit ihren Töchtern auf dem Balle nicht. Tänzer wie Vogler und Dieterici verstanden sich von selbst. Das Müssen auch für Ottomar lag in dessen Abhängigkeit, nicht von den Luzius’schen Töchtern, sondern von einem andern unglaublich starken Willen, von welchem er angefangen hatte, sich beherrschen zu lassen. Daß ihn schon der Damenverein hin und her jagte, war ihm an sich peinlich. Doch gehorchte er da, um der guten Sache willen. Aber Ada war es, die nicht endete, ihn, wie sie es nannte, in Trab zu bringen. Und warum? Sie sagte ihm geradezu „um ihn nur zu sehen“. Graf Udo war für einige Zeit auf die Güter seines Onkels gereist. </p> <p>Ottomar schlich sich leise aus dem Serapionsbunde, der heute unter dem Hochdruck des von Triesel erwarteten Bildes stand, „<ref xml:id="TEXTdiestaubumhuellteParade" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLdiestaubumhuellteParade">die staubumhüllte Parade</ref>“. Auf dem Hausgange carambolirte er mit seinem Collegen Dieterici. Dieser war, wie immer, in gewähltester Kleidung, in hellen Handschuhen und selbst in Lackstiefeln, da das Wetter trocken. <ref xml:id="TEXTSeinblondesBISspitzgedreht" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLSeinblondesBISspitzgedreht">Sein blondes Schnurrbärtchen war an den Enden kosmetisirt und spitzgedreht</ref>. </p> <p>Sie schießen ja wie der Marder vom Taubenschlag! sagte Dieterici in einem ihm sonst nicht eignen angeheiterten Tone. </p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [210/0216]
Testamente ihres ersten Mannes, nun doch noch das ihrige machen. Natürlich fehlte Frau Luzius mit ihren Töchtern auf dem Balle nicht. Tänzer wie Vogler und Dieterici verstanden sich von selbst. Das Müssen auch für Ottomar lag in dessen Abhängigkeit, nicht von den Luzius’schen Töchtern, sondern von einem andern unglaublich starken Willen, von welchem er angefangen hatte, sich beherrschen zu lassen. Daß ihn schon der Damenverein hin und her jagte, war ihm an sich peinlich. Doch gehorchte er da, um der guten Sache willen. Aber Ada war es, die nicht endete, ihn, wie sie es nannte, in Trab zu bringen. Und warum? Sie sagte ihm geradezu „um ihn nur zu sehen“. Graf Udo war für einige Zeit auf die Güter seines Onkels gereist.
Ottomar schlich sich leise aus dem Serapionsbunde, der heute unter dem Hochdruck des von Triesel erwarteten Bildes stand, „die staubumhüllte Parade“. Auf dem Hausgange carambolirte er mit seinem Collegen Dieterici. Dieser war, wie immer, in gewähltester Kleidung, in hellen Handschuhen und selbst in Lackstiefeln, da das Wetter trocken. Sein blondes Schnurrbärtchen war an den Enden kosmetisirt und spitzgedreht.
Sie schießen ja wie der Marder vom Taubenschlag! sagte Dieterici in einem ihm sonst nicht eignen angeheiterten Tone.
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