Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.wie kam sie zu der Lüge mit meinem Onkel? Denn anders, anders kann es unmöglich sein -! Als ich auf ihr fortwährendes Begehren, mit Dir allein zu sprechen, aufbrechen wollte, und mein Ultimatum gesprochen zu haben erklärte, rief sie aufspringend: Ich brauche diese versprochenen 30,000 Thaler! Sie sollen mir eine würdige Stellung zum Leben geben. Und damit Sie Alles wissen, ich bin die Tochter des Grafen Wilhelm und meine Mutter war die Frau des Geometers Marloff! Damit öffnete sie die Thür und that meiner männlichen Eitelkeit die schmählichste Kränkung an. Sie schien nicht den mindesten Gefallen an mir zu finden und warf mich gewissermaßen zur Thür hinaus. Graf Udo schritt unruhig auf und ab. Man wird ihr das ganze Capital auszahlen müssen - sagte er. Alles Andere muß ununtersucht bleiben! Freund, unterbrach er sich und schüttelte Ottomar die Hand, Du bringst mir das schwere Opfer Deines Rufes und doch - ich kann nicht zu ihr gehen! Engel giebt es, die mich zurückhalten, weiße Lichtgestalten -! Ich bin an sich kein Virtuose in Eurer sogenannten Tugend - Seine Stimme erstickte, sein Auge blickte nach oben, dann sammelte er sich, verschloß das Packet mit Rechnungen und wollte auf gleichgültigere Dinge übergehen. wie kam sie zu der Lüge mit meinem Onkel? Denn anders, anders kann es unmöglich sein –! Als ich auf ihr fortwährendes Begehren, mit Dir allein zu sprechen, aufbrechen wollte, und mein Ultimatum gesprochen zu haben erklärte, rief sie aufspringend: Ich brauche diese versprochenen 30,000 Thaler! Sie sollen mir eine würdige Stellung zum Leben geben. Und damit Sie Alles wissen, ich bin die Tochter des Grafen Wilhelm und meine Mutter war die Frau des Geometers Marloff! Damit öffnete sie die Thür und that meiner männlichen Eitelkeit die schmählichste Kränkung an. Sie schien nicht den mindesten Gefallen an mir zu finden und warf mich gewissermaßen zur Thür hinaus. Graf Udo schritt unruhig auf und ab. Man wird ihr das ganze Capital auszahlen müssen – sagte er. Alles Andere muß ununtersucht bleiben! Freund, unterbrach er sich und schüttelte Ottomar die Hand, Du bringst mir das schwere Opfer Deines Rufes und doch – ich kann nicht zu ihr gehen! Engel giebt es, die mich zurückhalten, weiße Lichtgestalten –! Ich bin an sich kein Virtuose in Eurer sogenannten Tugend – Seine Stimme erstickte, sein Auge blickte nach oben, dann sammelte er sich, verschloß das Packet mit Rechnungen und wollte auf gleichgültigere Dinge übergehen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0201" n="195"/> wie kam sie zu der Lüge mit meinem Onkel? Denn anders, anders kann es unmöglich sein –! </p> <p>Als ich auf ihr fortwährendes Begehren, mit Dir allein zu sprechen, aufbrechen wollte, und mein Ultimatum gesprochen zu haben erklärte, rief sie aufspringend: Ich brauche diese versprochenen 30,000 Thaler! Sie sollen mir eine würdige Stellung zum Leben geben. Und damit Sie Alles wissen, ich bin die Tochter des Grafen Wilhelm und meine Mutter war die Frau des Geometers Marloff! Damit öffnete sie die Thür und that meiner männlichen Eitelkeit die schmählichste Kränkung an. Sie schien nicht den mindesten Gefallen an mir zu finden und warf mich gewissermaßen zur Thür hinaus. </p> <p>Graf Udo schritt unruhig auf und ab. Man wird ihr das ganze Capital auszahlen müssen – sagte er. Alles Andere muß ununtersucht bleiben! Freund, unterbrach er sich und schüttelte Ottomar die Hand, Du bringst mir das schwere Opfer Deines Rufes und doch – ich kann nicht zu ihr gehen! Engel giebt es, die mich zurückhalten, weiße Lichtgestalten –! Ich bin an sich kein Virtuose in Eurer sogenannten Tugend –</p> <p>Seine Stimme erstickte, sein Auge blickte nach oben, dann sammelte er sich, verschloß das Packet mit Rechnungen und wollte auf gleichgültigere Dinge übergehen. </p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [195/0201]
wie kam sie zu der Lüge mit meinem Onkel? Denn anders, anders kann es unmöglich sein –!
Als ich auf ihr fortwährendes Begehren, mit Dir allein zu sprechen, aufbrechen wollte, und mein Ultimatum gesprochen zu haben erklärte, rief sie aufspringend: Ich brauche diese versprochenen 30,000 Thaler! Sie sollen mir eine würdige Stellung zum Leben geben. Und damit Sie Alles wissen, ich bin die Tochter des Grafen Wilhelm und meine Mutter war die Frau des Geometers Marloff! Damit öffnete sie die Thür und that meiner männlichen Eitelkeit die schmählichste Kränkung an. Sie schien nicht den mindesten Gefallen an mir zu finden und warf mich gewissermaßen zur Thür hinaus.
Graf Udo schritt unruhig auf und ab. Man wird ihr das ganze Capital auszahlen müssen – sagte er. Alles Andere muß ununtersucht bleiben! Freund, unterbrach er sich und schüttelte Ottomar die Hand, Du bringst mir das schwere Opfer Deines Rufes und doch – ich kann nicht zu ihr gehen! Engel giebt es, die mich zurückhalten, weiße Lichtgestalten –! Ich bin an sich kein Virtuose in Eurer sogenannten Tugend –
Seine Stimme erstickte, sein Auge blickte nach oben, dann sammelte er sich, verschloß das Packet mit Rechnungen und wollte auf gleichgültigere Dinge übergehen.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/201>, abgerufen am 16.07.2024. |